Schnell durchblicken: Novelle, Kurzgeschichte, Roman, Drama, Film: Gemeinsamkeiten und Unterschiede (Mat5066)

Worum es hier geht:

Mit diesen Baustein-Seiten versuchen wir, einen Fachbegriff möglichst einfach und zugleich vielfältig darzustellen.

Dabei bemühen wir uns um Systematik, die wir – wenn möglich – auch in einem Schaubild anschaulich und „merkbar“ machen.

Damit die Gemeinsamkeiten und Unterschiede besser sichtbar werden, vergleichen wir hier einfach mal mehrere Gattungen miteinander.

Nehmen wir das Beispiel „Novelle“

  1. Novelle kommt von italienisch „novella“ = Neuigkeit.
  2. Damit ist man auch schon bei der Entstehung dieser Gattung – in der Renaissance. Die berühmteste Sammlung von Geschichten, die man sich zur Unterhaltung erzählte, war das „Decamerone“ des italienischen Dichters Boccaccio (um 1350). Dabei spielten Flüchtlinge vor der Pest eine Rolle, die sich möglichst interessante (darum „Neuigkeiten) Geschichten erzählen.
  3. Später und vor allem im 19. Jahrhundert (Theodor Storm, z.B. „Der Schimmelreiter“) verwendeten viele Dichter diese Form der Erzählung, die
    1. eben eine Neuigkeit erzählt,
    2. was durchaus wie im Drama einen Konflikt enthalten kann. Theodor Storm nannte die Novelle die „kleine Schwester des Dramas“,
    3. was häufig durch ein Dingsymbol ausgedrückt wird (nach einer Erzählung des Decamerone, in der ein Falke eine Rolle spielt, „Falkentheorie“ genannt. Beispiel: „Kleider machen Leute“, „Der Schimmelreiter“ u.ä. .
    4. sich auf eine einsträngige Handlung (keine Nebenhandlungen) und wenige Figuren konzentriert
    5. Wer Lust hat, kann jetzt mal überprüfen, ob Borcherts Kurzgeschichte „Das Brot“ nicht das Zeug zur Novelle hätte, wenn die Handlung etwas weiter ausgebaut worden wäre.

Das wäre eine gute Überleitung zur Kurzgeschichte, die

    1. im Unterschied zur Novelle eben kürzer ist,
    2. einen direkten Einstieg präsentiert und dann
    3. einen Ausriss aus dem Leben eines Menschen (häufig im Unterschied zur Novelle Alltagsgeschehen, wie z.B. in Peter Bichsels Kurzgeschichte „Die Tochter“.
      • Zum Alltagsgeschehen kann dann auch Alltagssprache gehören.
    4. was dann schnell auf einen möglichen Wendepunkt hinausläuft
    5. und insgesamt einen mehr oder weniger offenen Schluss präsentiert.

Dann kann man übergehen zum Roman,

    1. der im Unterschied zur Novelle und vor allem zur Kurzgeschichte
    2. sehr viel breiter angelegt ist, manchmal eine ganze Welt vorstellt,
    3. dabei häufig auch Nebenhandlungen präsentiert (häufig wie in einem Film in Form einer Parallelmontage)
      Typisch wäre etwa ein Krimi, wo Gangster und Polizei einander entgegenarbeiten, was zusätzliche Spannung erzeugt.
    4. Zur Breite von Romanen gehören auch viele Figuren und zur Aussage passenden Episoden.
      Sehr schön sieht man das im Roman „Sansibar oder der letzte Grund“ von Alfred Andersch, wo schon die Kapitelüberschriften mehrere Perspektiven zeigen:  „Der Junge“, „Gregor“, „Helander“, „Knudsen“, „Judith“.

Was hat das Drama hier zu suchen?

  1. Im Unterschied zu den drei genannten „epischen“ = erzählenden Gattungen der Literatur
  2. ist das Drama für eine Aufführung auf der Bühne gedacht.
  3. Es kann auch – vor allem in der Schule – nur gelesen werden,
  4. aber die volle Wirkung ergibt sich erst, wenn Figuren auf der Bühne das Stück zum Leben erwecken.
  5. Dabei spielt der Regisseur mit seiner Inszenierung eine besondere Rolle. Dadurch wird das Drama erste komplett.
  6. Daraus ergibt sich auch die Möglichkeit, ein und dasselbe Stück immer wieder neu zu präsentieren.
  7. Das Drama hat insofern etwas mit dem Wort „dramatisch“ zu tun, weil dort meistens mehr oder weniger deutlich ein Konflikt abgehandelt wird.
  8. Das hat es –  wie oben beschrieben – mit der Novelle gemeinsam.

Und was ist mit dem Spielfilm?

  1. Ein Spielfilm hat viel mit einem Drama gemeinsam, wenn es um einen Konflikt geht, dessen Entwicklung in bestimmten Stufen präsentiert wird.
  2. Im Unterschied zum Drama verfügt ein Film aber über viel mehr Möglichkeiten visueller Art (bis hin zu special effects) – und dementsprechend spielt das Gesagte eine geringere Rolle.
  3. Dafür ist die Kamera entscheidend – mit ihren vielen Einstellungsmöglichkeiten, Filtern und Bewegungsmöglichkeiten.
  4. Manche Romane sind so geschrieben, dass man sie ganz einfach verfilmen kann. Man braucht nur entsprechende Beschreibungen und Gesprächssituationen.
    In der Eingangsepisode von Fontanes Roman „Effi Briest“ z.B. kann man sich richtig eine entsprechende Kamerafahrt vorstellen, die von weitem kommend immer näher an das entscheidende Detail, nämlich hier das kindliche Spiel des Mädchens herankommt.
    http://www.zeno.org/Literatur/M/Fontane,+Theodor/Romane/Effi+Briest/1.+Kapitel

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos