Schnell durchblicken: Wilhelm Klemm, „An der Front“ (1915) (Mat4980)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird ein Gedicht, das auf besonders eindrückliche Art und Weise das Absurde einer Kriegssituation darstellt.

Anmerkungen zu Strophe 1

  1. Das Land ist öde. Die Felder sind wie verweint.
  2. Auf böser Straße fährt ein grauer Wagen.
  3. Von einem Haus ist das Dach herabgerutscht.
  4. Tote Pferde verfaulen in Lachen.
  • In der ersten Strophe wird beschrieben, was an der Front zu sehen ist
  • Es geht im wesentlichen um Beschädigung bis hin zur Verwüstung und um den Tod von Tieren.
  • An zwei Stellen wird deutlich, dass das lyrische Ich auch eine Meinung hat zu dem, was es beschreibt:
    • Zum einen wird den Feldern „weinen“ zugeordnet. Das ist natürlich eine Personalisierung. Vielleicht soll dadurch angedeutet werden, dass es entweder kaum noch Menschen gibt oder diese gar nicht mehr zum Weinen kommen angesichts des Entsetzlichen.
    • Der zweite Punkt ist, dass die Straßen als „böse“ bezeichnet werden. Damit ist gemeint, dass etwas, was normalerweise dem Austausch zwischen den Menschen dient, jetzt zu einer Todeszone geworden ist.

Anmerkungen zu Strophe 2

  1. Die braunen Striche dahinten sind Schützengräben.
  2. Am Horizont gemächlich brennt ein Hof.
  3. Schüsse platzen, verhallen – pop, pop, pauuu.
  4. Reiter verschwinden langsam im kahlen Gehölz.
  • Zu Beginn der zweiten Strophe macht das lyrische Ich deutlich, dass die scheinbar harmlosen braunen Striche im Horizont Schützengräben darstellen, in denen gekämpft und gestorben wird. Das verdeutlicht den Ausbruch aus der Zivilisation.
    Interessant ist der Tonfall in dieser Zeile, den man eher jemandem zuordnet, der anderen das Geschehen – ganz distanziert und emotionslos – erklärt.
  • Ein anderer Kontrast wird gebildet durch den brennenden Hof und das Wort „gemächlich“. Damit wird deutlich gemacht, dass der Krieg sich gewissermaßen eingerichtet hat. Es handelt sich nicht mehr um ein aktuelles Unglück, das man bewältigen kann.
  • Das, was Menschen den Tod bringt, wird nur lautsprachlich, fast in Kindersprache dargestellt.
  • Am Ende tauchen zum ersten Mal Menschen auf, die zunächst optisch verschwinden und jederzeit befürchten müssen, dass sie auch aus dem Leben verschwinden.

Anmerkungen zu Strophe 3

  1. Schrapnellwolken blühen auf und vergehen. Ein Hohlweg
  2. Nimmt uns auf. Dort hält Infanterie, naß und lehmig.
  3. Der Tod ist so gleichgültig wie der Regen, der anhebt.
  4. Wen kümmert das Gestern, das Heute oder das Morgen?
  • In dieser Strophe wird ein Instrument des Todes wie etwas Natürliches behandelt, das kurz Schönheit zeigt und dann auf natürliche Weise verschwindet.
  • Im nächsten Schritt bezieht das lyrische Ich sich erstmals in das Geschehen ein und zeigt dann, in welch unangenehmem, ungesundem Zustand sich die Menschen befinden.
  • Es folgen dann zusammenfassende Hinweise auf die Allgegenwart des Todes.

Anmerkungen zu Strophe 4

  1. Und durch ganz Europa ziehen die Drahtverhaue,
  2. Die Forts schlafen leise.
  3. Dörfer und Städte stinken aus schwarzen Ruinen,
  4. Wie Puppen liegen die Toten zwischen den Fronten
  • In dieser Strophe wird das Bild noch auf ganz Europa erweitert. Sein Zustand wird auf „Drahtverhaue“ reduziert. Alles, was früher mal positiv war und das Leben ausgemacht hat, erscheint gar nicht mehr im Blick. Statt dessen müssen beide Seiten sich maximal von der anderen abgrenzen – und viele Soldaten sterben an diesen Stellen.
  • Es folgen drei optische Akzente
    • zum einen Befestigungsanlagen, die aktuell zu schlafen scheinen, aber jederzeit den Tod bringen können.
    • Was die Orte angeht, an denen einmal Menschen gelebt haben, so gibt es dort nur noch Gestank und Ruinen.
  • Am Ende dann der Hinweis auf die vielen Toten, die wie Puppen in einem Kinderzimmer auf den Feldern herumliegen. Auch hier wieder wird der Kontrast zwischen Normalität und Absurdität stark hervorgehoben.

Zusammenfassung

  • Das Gedicht zeigt vor allem das Unnormale, Absurde, Menschenverachtende der Kriegssituation.
  • Betont wird das vor allem durch Gegensätze zwischen scheinbarer Normalität und realer Vernichtung.
  • Daraus entsteht eine neue Normalität, die vor allem durch Gleichgültigkeit bestimmt ist.
  • Auffallend ist das weitgehende Ausblenden von Menschen – das kann natürlich auch ein literarisches Mittel sein. Es deutet dann ihre Belanglosigkeit an – sie sind hier nur noch Opfer.

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