Schwierige Texte verstehen: Goethe, „Dem aufgehenden Vollmonde“ (Mat4844)

Worum es hier geht:

  • Viele Schüler haben Schwierigkeiten, Texte zu verstehen, die zum Beispiel aus der Zeit Goethes stammen.
  • Im folgenden wollen wir einmal zeigen, wie man mit dieser Schwierigkeit umgehen kann.

Tipp 1: Sich die Situation klarmachen

  • Bei diesem Gedicht ist es wichtig, sich erst mal die Situation klar zu machen.
  • Die wird ja in der Überschrift deutlich genannt:
    • Das lyrische Ich sieht, wie der Vollmond aufgeht, also langsam am Himmel komplett erscheint.

Tipp 2: Vor diesem Hintergrund die erste Strophe klären

Willst du mich sogleich verlassen?
Warst im Augenblick so nah!
Dich umfinstem Wolkenmassen,
Und nun bist du gar nicht da.

  • Die erste Strophe müsste dann eigentlich leicht zu verstehen sein.
  • Das lyrische Ich fragt diesen Mond, ob er es jetzt verlassen will.
  • In der dritten Zeile wird der Grund angegeben, denn das Himmelsobjekt ist von Wolkenmassen umgeben, die ihn verfinstern = verdunkeln.
  • Und am Ende wird deutlich, dass der Mond ganz verschwunden ist.

Tipp 3: Die 2. Strophe begreifen als Nutzung des Mondes als Zeichen

Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
Blickt dein Rand herauf als Stern!
Zeugest mir, daß ich geliebt bin,
Sei das Liebchen noch so fern.

  • Zu Beginn der zweiten Strophe behauptet das lyrische Ich, dass der Mond fühlt, wie es betrübt ist.
  • In der zweiten Zeile merkt man, dass zumindest ein Teil des Mondes noch zu sehen ist und wie ein Stern wirkt.
  • Bei der dritten Zeile muss man gegebenenfalls die Hilfe bekommen, das hier mit „zeugen“ „zeigen“ gemeint ist.
  • Dann ist folgendes klar:
    • Das lyrische Ich versteht das zumindest teilweise Erscheinen des Vollmondes als Beweis dafür, dass sein „Liebchen“, wohl ein geliebtes Mädchen,  zwar fern ist, aber doch in Liebe zu ihm.

Tipp 4: Die 3. Strophe als positives Ergebnis einer Einbildung verstehen

So hinan denn! hell und heller,
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Überselig ist die Nacht.

  • Bei der letzten Strophe muss geklärt werden, dass „hinan“ „hinauf“ heißt.
  • Dann ist klar, dass das lyrische Ich sich selbst hier ermuntert.
  • Dabei geht es allerdings zunächst von dem Mond aus. Der steigt immer mehr auf (siehe den Titel) und  wird dabei auch immer heller.
  • Und er erscheint dann in einer reinen, einer sauberen Bahn, die zu voller Pracht führt.
  • Man merkt hier deutlich, dass sich das wohl auch auf die Liebesgefühle des lyrischen Ichs bezieht.
  • Letztlich handelt es sich hier einfach nur um eine schöne Einbildung. So wie diese Abzählreime: Sie liebt mich, sie liebt mich nicht …
  • Die letzten Zeilen fassen dann die Gefühlswelt des lyrischen Ichs zusammen.
  • Sein Herz schlägt immer schneller und zeigt auch Schmerzen, aber insgesamt wird die Nacht doch als „überselig“ empfunden, was wohl eine besondere Steigerungsform sein soll.
  • Letztlich hat das lyrische Ich beim Anblick des Mondes sich selbst Mut zugesprochen.
  • Dessen Aufsteigen und Größerwerden hat es auf seine eigene Liebessituation übertragen.

Zusammenfassung des Umgangs mit Verständnisschwierigkeiten

  1. Erst mal versuchen, die Überschrift zu verstehen und von ihr auszugehen.
  2. Dann auf die Kommunikationssituation eingehen.
  3. Ggf. nach schwierigen Wörtern fragen. Bei einer Klausur sollten die mitgeliefert werden.
  4. Sich bestimmte Dinge einfach vorstellen: Wieso blickt der Rand als Stern?
  5. Schwierige Stellen wie „überselig“ einfach mit einer Vermutung verstehen:
    Das könnte auch negativ gemeint sein – aber vom Zusammenhang her ist es hier ziemlich eindeutig positiv – in Form eines Neologismus.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos