Theodor Storm, „Der Schimmelreiter“ – schneller Einblick mit Textstellen

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Schritt 1: Die Ausgangsposition – Günstiges und Ungünstiges

In der Novelle – so nennt man eine Geschichte mit ziemlich dramatischem Inhalt – geht es um einen jungen Mann namens Hauke Haien an der Nordseeküste.

Außergewöhnlich ist an ihm, dass er schon in ganz jungem Alter alles genau wissen will. Und so liest er schon ganz früh ein Buch, in dem mathematischen Ideen des alten Griechen Euklid präsentiert werden.

Nicht außergewöhnlich ist, dass sein Vater nur über wenig Land verfügt und damit die Aufstiegschancen des Jungen gering sind.

Schritt 2: Aufstieg mit viel Leistung und ein bisschen Glück

Diesem Jungen gelingt es dennoch Deichgraf zu werden – zum einen, weil er sich beim alten Inhaber des Amtes vom Kleinkecht zum Großknecht hocharbeitet und sich dabei eigentlich schon ganz viel um den Zustand und die Verbesserung der Deiche kümmert.

Dazu kommt die Liebe zwischen ihm und Elke, der Tochter des alten Deichgrafen, die nach dessen Sohn im entscheidenden Moment die richtige Idee hat: Sie erklärt nämlich, dass sie Hauke heiraten will. Damit käme ihr Grundbesitz mit seinem zusammen und somit kann Hauke der neue Deichgraf werden.

Schritt 4: Haukes Problem und Idee einer Lösung

Zum Problem für Hauke wird, dass er in einer von Männern dominierten Gesellschaft lebt. Dementsprechend ist es ihm peinlich, als sein Rivale, der alte Großknecht Ole Peters erklärt, Hauke sei nur wegen seiner Frau Deichgraf geworden.

Diese Vorwurf trägt mit dazu bei, dass Hauke jetzt zeigen will, was er kann. Er hat die Idee eines neuen Deichs, der nicht so steil ansteigt und deshalb besser mit anströmenden Meereswellen fertig wird.

Das ist aber mit viel Arbeit und hohen Kosten verbunden – und so kann Hauke das nur mit viel Mühe durchsetzen und unterschwellig bleiben Bedenken und Widerstände.

Schritt 5: Haukes zunehmende Einsamkeit

Zu den sachlich begründeten Einwänden kommt schließlich noch eine Gespenstergeschichte um einen Schimmel. Den hat Hauke gerettet – und der wird nun mit einer angeblichen Geistererscheinung auf einer Insel in Verbindung gebracht.

Hauke versucht, solchen mittelalterlichen Vorstellungen entgegenzuwirken und verhindert zum Beispiel auch, dass nach altem Brauch beim Bau des Deiches auch etwas Lebendiges, in diesem Falle ein Hund, geopfert wird.

Dazu kommt ein persönlicher Schicksalsschlag: Haukes Frau Elke leidet sehr darunter, dass sie ein geistig behindertes Kind zur Welt gebracht hat. Hauke versucht, sie darüber hinwegzutrösten und zeigt auf jede mögliche Weise, dass er die kleine Wiebke trotzdem liebt.

Als der Deich fertig ist, wird Hauke von der Obrigkeit sehr gelobt. Als dann immer häufiger der neue Deich sogar mit seinem Namen verbunden wird, entwickelt er schon so etwas wie Größenwahn: “ „Ihm war, er stünde inmitten aller Friesen; er überragte sie um Kopfeshöhe, und seine Blicke flogen scharf und mitleidig über sie hin.“ (110)

Schritt 6: Der Weg in die Katastrophe

Zum Problem wird, dass Hauke längere Zeit krank ist und er sich dazu überreden lässt, eine schwache Stelle am Übergang zwischen dem alten und dem neuen Deich nicht richtig in Ordnung bringen zu lassen.

 

Schließlich kommt es zur Katastrophe, als ein besonders heftiger Sturm den alten Deich brechen lässt. Als Hauke Haien mit ansehen muss, wie seine Frau und sein Kind in den Fluten umkommen, stürzt er sich selbst mit seinem Schimmel in den Bruch.

Das Motiv dafür ist seine Erkenntnis: „Er allein hatte die Schwäche des alten Deichs erkannt […] Herr Gott, ja ich bekenne es, rief er plötzlich laut in den Sturm hinaus, ich habe meines Amtes schlecht gewartet.“ (140)

Was zeigt die Novelle und welche Bedeutung kann sie noch heute haben?

Die Novelle zeigt zum einen, dass es wichtig ist, dass jeder Mensch die Chance bekommen sollte, seine besonderen Begabungen zu entfalten.

Sie zeigt aber auch, dass Menschen mit besonderen Ideen mit großen Widerständen zu kämpfen haben – sowohl bei denen, die den Ideen nicht folgen können als auch bei denen, die aus persönlichen Gründen dagegen sind.

Dies kann dazu führen, dass sich solche Genies wie Hauke Haiken sich immer mehr von ihren Mitmenschen entfernen und dann in ihrer Einsamkeit falsche Entscheidungen treffen.

Dies kann zur Katastrophe führen – und dann ist es eine Frage der Persönlichkeit, ob jemand sich seiner Verantwortung stellen kann oder den scheinbar leichteren Weg des Untergangs wählt.

Noch etwas für besonders Aufmerksame

Die Novelle ist berühmt für ihre drei Erzähler.

Da gibt es einen ersten, der die Geschichte in einer Zeitschrift gelesen hat.

Diese Geschichte wieder ist von einem Reisenden erzählt worden,

dem ein Schulmeister seine Sicht dieser Geschichte erzählt.

Der behauptet nun wiederum, dass diese Sicht aus vielen Einzelperspektiven zusammengesetzt ist, was er eben selbst gehört bzw. gelesen hat.

Das Seltsame ist nun, dass dieser Schulmeister dabei auch Dinge so erzählt, als wäre jemand dabei gewesen. Das gilt auch für Situationen, in denen Hauke und seine Frau ganz allein sind und sich sehr persönlich austauschen. Das werden sie kaum jemandem erzählen – außerdem sind sie ja auch umgekommen, bevor sie ihre Lebenserinnerungen oder etwas Ähnliches hätten aufschreiben können.

Von daher halten wir diese Erzähl-Verschachtelung für einen Trick, der nicht ganz überzeugt. Denn letztlich ist es – abgesehen von den Kommentaren zwischen Reisendem und Schulmeister – eine ganz normale Geschichte, die von einem einzigen Erzähler genauso hätte erzählt werden können. Aber das kann sich ja jeder selbst mal anschauen. Wir finden es jedenfalls interessant, wenn man einem berühmten Schriftsteller mal auf die Finger schauen kann.