Worum es hier geht:
Dieses Video präsentiert den Ablauf einer mündlichen Abiturprüfung zum Thema „Faust“. Das Besondere: Die Folge der Fragen wird kommentiert – mit Tipps. Dazu wie immer auch eine Dokumentation zum Download.
Hier haben wir einfach die Fragen und Antworten aus dem Video reinkopiert – für die schnelle Durchsicht.
Formatierungs- und Wiederholungsprobleme bitten wir zu entschuldigen.
Das Problem:
1.Mündliche Abiturprüfungen: bsd. Herausforderung
2.Man muss sich nicht nur “in der Sache” auskennen,
3.sondern auch in Frage-Antwort-Strategien
Unsere Lösung:
1.Wir simulieren eine Prüfung: Abfolge von Fragen
2.Erklären jeweils, was, wie es zu den Fragen kommt: Dann kann man “antizipieren”
3.Geben Zeit zum Nachdenken und Selbst-Ausprobieren
4.Anschließend Hinweise zur möglichen Lösung
Eröffnungsfrage:
1. Wieso kann man bei Goethes Faust von einem Lebenswerk sprechen?
•Typisch weitgespannte Einstiegsfrage
•Man muss jetzt Goethes Leben und Werk verbinden
•Am besten geht man über die biografischen Stationen
•Und behält im Kopf, dass der Faust für Goethe “lebenswichtig” war.
•Im Idealfall antizipiert (ahnt man voraus) man die nächste Frage:
z.B. Was macht den Faust so interessant, geht Richtung Thema
Eröffnungsfrage:
1. Wieso kann man bei Goethes Faust von einem Lebenswerk sprechen?
•schon in frühester Jugend Puppenspiel, Volksbuch, Zeitgenosse Luthers
•Dann Urfaust: Hinrichtung einer Kindsmörderin – Liebestragödie im Vordergrund, noch kein “Vorspiel” und auch kein Teufelspakt
•Dann “ein Fragment”: Ansätze des Wissenschaftler-Dramas
•Faust I: 1808: Durch “Prolog im Himmel” Menschheitsdrama
•Faust II: 1832: Verschiedene Lebensbereiche, klassisches Ideal, am Ende Rettung durch das “himmlisch” gewordene Gretchen
Wichtig: sich nicht verzetteln, keine unnötigen Jahreszahlen
2. Was bedeutet das denn für die literaturgeschichtlichen Bezüge?
•Am besten von Sturm und Drang sowie Klassik ausgehen
•Dann jeweils Beispiele für die beiden Bezüge nennen
2. Was bedeutet das denn für die literaturgeschichtlichen Bezüge?
•Goethes Leben und Werke: Sturm und Drang und Klassik
•Kann man festmachen an der Intensität und Radikalität des Eröffnungsmonologs, wo er alles Bisherige über Bord wirft
•Dann die große Bedeutung des Gefühls
• Später dann Umwandlung in Versform, spricht eher für Klassik, Formstrenge
•Und Faust II ist dann ja schon ganz vom Fünf-Akte-Schema geprägt mit Ausflug in die Antike – weit weg von den früheren Fetzenszenen
3. Inwiefern sind Elemente des bürgerlichen Trauerspiels sichtbar.
• Hier braucht man natürlich Kenntnisse
• sonst hält man sich an “bürgerlich” fest
• und kommt dann auf Gretchen zu sprechen
• dann ist man auch schnell beim Gegensatz zum höhergestellten Faust
• Gut wäre natürlich, wenn einem dann noch das Gegenstück, nämlich das klassische französische Theater einfiele – wahrscheinlich winkt der Lehrer dann schon ab, wenn er sieht, dass Kenntnisse da sind.
3. Inwiefern sind Elemente des bürgerlichen Trauerspiels sichtbar.
• Das “bürgerliche Trauerspiel” – Errungenschaft der Aufklärung
• z.B. Lessing “Emilia Galotti”: Versuch der Verführung einer bürgerlichen durch einen Adligen – in diesem Fall sogar einen Fürsten
• Sie wird zur tragischen Heldung – widerspricht der Fallhöhen-Lehre des klassischen französischen Theaters
• Auch in Schillers “Kabale und Liebe” thematisiert
• In Goethes “Faust”: Gretchen als einfache junge Frau mit bürgerlichen Religions- und Tugendvorstellungen
• gegenüber dem wohl höher-ständischen Gelehrten
• ihre Existenz wird zerstört, während ihr Liebhaber sich aus der Affäre zieht
4. Wie ist das Ende des Dramas im Hinblick auf Gretchen einzuschätzen?
• Der Lehrer setzt eigentlich den Gedankengang fort.
• Man kann das schon antizipieren, also vorausahnen.
• Sollte der Lehrer nicht drauf kommen oder man will selbst viel reden, kann man selbst schon diese Frage mit einbeziehen.
4. Wie ist das Ende des Dramas im Hinblick auf Gretchen einzuschätzen?
•Hier ist es eine gute Idee, auf das Zitat aus dem “Prolog im Himmel” zu verweisen:
•“Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges wohl bewusst.”
•Bei Gretchen kann man von einer zwischenzeitlichen Verdunkelung sprechen
•Aber sie ist weder schuld am Tod der Mutter noch am Tod des Bruders
•Die Ermordung des Kindes hängt mit gesellschaftlichem Druck und Verzweiflung zusammen.
•Dazu kommt Wahnsinn – aber auch eine schon fast überirdische Klarheit, wenn sie zu Faust sagt: “Heinrich, mir graut vor dir!” und auf den Himmel hofft.
•Der rettet sie dann auch – und im 2. Teil bekommt sie eine grandiose Retter-Rolle auch gegenüber ihrem einstigen Geliebten.
5. Wie schätzen Sie denn die Position ein, die Peter Hacks gegenüber Gretchen einnimmt?
• Diese Frage kann man nur beantworten, wenn man den Text im Unterricht besprochen hat – wir sprechen auch von ART – “abiturrelevanten Texten”.
• Wer hier jetzt mitdenken möchte, holt sich den Text aus dem Netz und tut dann so, als hätte er ihn schon vorher gekannt:http://blog.konzerttheaterbern.ch/wp-content/uploads/2014/09/Faust_Dossier.pdf
5. Wie schätzen Sie denn die Position ein, die Peter Hacks gegenüber Gretchen einnimmt?
• These: Gretchen ist vor allem wegen Geld hinter Faust her.
• Dagegen spricht schon die erste Begegnung – auch ihre Reaktion auf die Geschenke Mephistos. Sie erkennt, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht.
•In der Szene “Gretchens Stube” zeigt sich wirkliche Liebesverwirrtheit und keine kalte Berechnung.
•Wofür Hacks überhaupt keinen Sinn hat, ist die religiöse Dimension, der einfache Glaube der jungen Frau,
•der auch eine moralische Komponente hat.
•Anders als Hack es darstellt, bereut sie es, beim Mobbing der anderen jungen Frauen gegenüber unehelich Schwangeren mitgemacht zu haben.
•Vor allem nimmt Hacks Goethe nicht ernst, der diese Frau zum Inbegriff des Weiblichen macht, das “uns hinanzieht.”
6. Wie sieht es mit der Ambivalenz bei Faust aus?
• Der Lehrer nutzt nun die Möglichkeit, von Gretchen zu Faust überzuleiten.
• Das war eigentlich zu erwarten.
• Der Begriff der Ambivalenz dürfte in diesem Fall aus dem Unterricht bekannt sein: Es heißt so viel wie: Jedes Ding hat zwei Seiten. Man könnte auch von einem Doppelgesicht sprechen.
6. Wie sieht es mit der Ambivalenz bei Faust aus?
• Einstiegs-Monolog: Die Unzufriedenheit Fausts, sein Streben nach Erkenntnis dürfte im Sinne Gottes sein; vgl. “Prolog im Himmel”:“Des Menschen Tätigkeit kann allzuleicht erschlaffen…”Deshalb Mephisto als Antreiber
•Selbstmord-Idee in der Osternacht sicher nicht im Sinne Gottes
•Auch “das Drüben kann mich wenig kümmern”: große Distanz zu Gott
•Aber Faust ist auch “resistent”, wenn Mephisto ihn falsche Wege führt, die nicht im Sinne Gottes sein dürften: Auerbachs Keller
•Seine Schuld gegenüber Gretchen – auch dem Liebestrank geschuldet
•Am Tod der Mutter und des Bruders nur zum Teil beteiligt
•Auch leidet er unter der Entfernung von Gretchen
•Und dann unter ihrer maximalen Ablehnung: “Heinrich, mir graut vor dir.”
•Aber: Dies wird schon im Wahnsinn gesagt, ist nicht Gottes letztes Wort
•Siehe Gottes “Rahmen-Konzept”:“Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.”
7. Was hat es hier mit dem “Rahmen-Konzept” auf sich?
• Der Lehrer nimmt das dankbar auf.
• Dieses “Rahmen-Konzept” des Prologs im Himmel liegt jetzt gewissermaßen “in der Luft” und ermöglicht auch einen schönen Abschluss, auf den die Prüfung zusteuern sollte.
7. Was hat es hier mit dem “Rahmen-Konzept” auf sich?
• Gleich am Anfang wird die übergeordnete Allmacht des “Herrn” deutlich
• Mephisto ist kein gleichwertiger Gegner, er ist auf seine Art ein “Diener” Gottes, hat die Funktion, die Menschen nicht “erschlaffen” zu lassen
• Zwar gibt es eine Wette, aber Gott behält gewissermaßen ein As im Ärmel: Mephistos Treiben ist auf die Erde beschränkt Gott weiß schon, dass Mephisto am Ende beschämt feststellen muss: “Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange, Ist sich des rechten Weges stets bewusst.”
• Am Ende macht Gott dann noch mal ganz klar die Funktion des Teufels klar.
• Am Schluss dann schon die Andeutung auf den Sieg der Liebe
• Fazit: Goethe präsentiert hier ein sehr positives Menschenbild: Es gibt zwar Irrwege, aber am Ende kehrt man auf den rechten Weg zurück.
• Einzige Einschränkung: “Ein guter Mensch” – nicht “Der gute Mensch”.
8. Kehren wir noch mal zur Literaturgeschichte zurück? Inwieweit sind die Epochen nach dem SuD vertreten?
• Der Lehrer muss jetzt bald zu einem anderen Thema überleiten, das hat er sich vorher schon überlegt: Romantik und Expressionismus
• Also fragt er schon mal in Richtung Romantik, die Goethe ja noch erlevbt hat.
8. Kehren wir noch mal zur Literaturgeschichte zurück? Inwieweit sind die Epochen nach dem SuD vertreten?
• Es war ja schon von Klassik die Rede. Dazu gehört eben auch dieses Bild vom Menschen, der sich “bilden” muss und kann.
• Dazu gehört auch die Versform, die Goethe schon für Faust 1 gewählt hat.
• Vor allem aber Faust 2, über den wir uns nur kurz informiert haben.
• Dort haben wir ein regelrechtes Fünf-Akte-Schema
• mit Ausflügen in die Antike.
9. Was ist denn mit der “Romantik”?
• Hier greift der Lehrer ein, weil er nicht davon ausgehen kann, dass der Schüler von selbst auf die Romantik eingeht.
• Wichtig ist, dass im Unterricht auf Goethes Verhältnis zur ‘ Romantik eingegangen worden ist, sonst wird es schwierig.
• Der Prüfling könnte allerdings einige romantische Elemente durchaus identifizieren.
9. Was ist denn mit der “Romantik”?
• Goethe betrachtete von seinem klassischen Standpunkt aus die Romantik wie eine Art Krankheit.
• Allerdings finden sich trotzdem Elemente im “Faust”, die den Romantikern gefallen konnten.
• Zunächst mal die unstillbare Sehnsucht Fausts nach Erkenntnis. Dann die ganzen Mittelalterelemente mit Geistern und Hexen. Besonders der Verjüngungstrunk.
• Aber auch die Liebe zur Natur
• Und die Bereitschaft zum Risiko
• Am Anfang zeigt sich auch die Ablehnung des “Philistertums” in der Studentenszene:
• Hier leitet der Lehrer über zur Romantik und dann zum Expressionismus.
„Das Buch zum Video“
Wer noch mehr Tipps zum mündlichen Abitur im Fach Deutsch haben möchte, der sollte auf das folgende E-Book zurückgreifen. Es kann für wenig Geld heruntergeladen werden.