Was versteht Else Lasker-Schüler unter dem „lieben Gott“? (Mat7068)

Das Folgende hatten wir zunächst bei unserer Interpretation des Gedichtes „Weltende“ untergebracht. Jetzt haben wir es hier herausgelöst, damit es auch leichter separat im Hinblick auf andere Gedichte gefunden werden kann.

Was versteht Else Lasker-Schüler unter dem „lieben“ Gott im Gedicht:

  1. Zunächst einmal ist es klar, dass es im Gedicht „Weltende“ nicht direkt um Gott geht, dagegen geht der Vergleichsansatz des „als ob“. Andererseits gibt es eben ein Weinen, das genau diesem Gott-Verlust-Gefühl entspricht.
  2. Eine schöne Ergänzung kann vor diesem Hintergrund das Gedicht „Gebet“ (siehe unten) sein, denn es zeigt, dass der „liebe Gott“ für die Jüdin Else Lasker-Schüler schon eine große Rolle gespielt hat.
  3. Außerdem sei hier auf interessante Hinweise verwiesen, die sich auf der Seite
    http://www.judentum-projekt.de/persoenlichkeiten/liter/laskerschueler/index.html
    finden:
    „Else Lasker-Schülers Leben und Werk sind eng miteinander verbunden. Vor allem der Einfluss ihrer Religion ist dabei von Bedeutung: Die Schriftstellerin hatte ein kindlich-vertrautes Verhältnis zu Gott und glaubte an das Gute im Menschen. Sie hielt seit ihrer Kindheit an jüdischen Traditionen fest und „machte sich phantastische Vorstellungen von Jerusalem“ ( Margarete Kupper ). Ihre Sehnsucht nach dem Land der Väter wurde noch stärker, als sie das Gefühl hatte in Deutschland heimatlos zu sein. In der jüdischen Kabbala, die die Einheit zwischen Gott und dem Menschen wieder herstellen will, fand sie Bestätigung.“
    Es lohnt sich sicher, diesen Hinweisen nachzugehen.

Else Lasker-Schüler

Gebet

Ich suche allerlanden eine Stadt,
Die einen Engel vor der Pforte hat.
Ich trage seinen großen Flügel
Gebrochen schwer am Schulterblatt
Und in der Stirne seinen Stern als Siegel.

Deutlich wird hier die Verbindung von Zugehörigkeit „Ich trage …“ und Suche.

Und wandle immer in die Nacht …
Ich habe Liebe in die Welt gebracht, –
Dass blau zu blühen jedes Herz vermag,
Und hab ein Leben müde mich gewacht,
In Gott gehüllt den dunklen Atemschlag.

Interessant hier das Selbstverständnis als jemand, der stellvertretend für Gott oder zumindest in seinem Sinne gehandelt hat. Es ist aber auch eine gewisse Resignation spürbar – zumindest aber Müdigkeit.

O Gott, schließ um mich deinen Mantel fest;
Ich weiß, ich bin im Kugelglas der Rest,
Und wenn der letzte Mensch die Welt vergießt,
Du mich nicht wieder aus der Allmacht lässt
Und sich ein neuer Erdball um mich schließt.

Der Schluss des Gedichtes ist geprägt von einem sehr persönlichen Glauben an Gott, verbunden mit Hoffnung auf transzendente Geborgenheite, dazu kommt aber auch ein Gefühl, das dem in „Weltende“ sehr nahe ist, allerdings eben in positiver Geborgenheit, nicht nur in einer kurzen, letztlich hoffnungslosen.

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