Wenn eine kleine Rhythmus-Übung in der Grammatik endet … (Mat5829)

 

Eine Geschichte mitten aus dem Schul-Leben:

An dieser Stelle wollen wir eine kleine Geschichte erzählen, die wirklich das Leben schrieb.

Ausgangspunkt: Kleine Rhythmus-Übung am Gedicht

In der Klassenarbeit ging es um Stadtgedichte – und als Text wurde ein sehr interessantes Gedicht von Mara Krovecs genommen mit dem schönen Titel „Verzauberte Stadt“. Zu finden ist es hier.

Eine kleine Aufgabe am Rande verlangte, die vier Zeilen:

1 Aus dem Sommerabend

2 fallen weich

3 funkelnde Sterne

4 in die blauen Himmel

5 meiner Stadt

versuchsweise mal in einen regelmäßig alternierenden Rhythmus – und zwar in einen Trochäus – umzuwandeln. Denn nur das machte Sinn, wenn man sich die 2., die 3. und die 5. Zeile anschaute.

Wichtig ist der Hinweis, dass der Sinn bzw. die Aussage des Gedichtes nicht verändert wird.

Die Ermittlung der Problemstelle:

Dabei stellte  ein kluger Schüler schnell fest, dass die ersten beiden Verszeilen kein Problem darstellten: (H steht für Hebung, die betonte Silbe, und s für Senkung, also eine unbetonte Silbe).

Aus dem Sommerabend

H     s      H       s H s

fallen weich

H  s    H

Dann aber kommt die Problemstelle, nämlich

funkelnde Sterne

H   s     s   H    s

Damit hatte man eine betonte und anschließend zwei unbetonte Silben.

Was ein kluger Schüler daraus macht:

Unser kluger Schüler wählte dabei die folgende Lösung:

Aus dem Sommerabend fallen

H     s      H     e   H s      H s

weiche Sterne, die stark funkeln,

H   s     H    s    H   s       H   s

In die blauen Himmel meiner Stadt

H  s    H   s    H    s    H    s     H

Allerdings war er dabei etwas „leichtfertig“ vorgegangen:

Jetzt ergab sich die spannende Situation, dass aus „weich fallenden Sternen“ „weiche Sterne“ gemacht worden war.

Und schon war man bei dem Unterschied von adverbialer Bestimmung, die Sterne fallen auf eine weiche Weise, und attributiver Beifügung, nämlich: Die Sterne sind weich.

Reparatur der letzten kleinen Schwachstelle:

Aber auch dafür gab es schließlich eine einfache Lösung, indem man aus „weiche Sterne“ einfach „weich die Sterne“ machte.

So war alles in bester Ordnung – die Aufgabe war optimal gelöst – und ganz nebenbei hatten interessierte Schüler mitten in einer Lyrik-Stunde noch gemerkt, dass grammatische Grundkenntnisse immer mal gebraucht werden.

Was machen mit denen, die eine Hilfekarte wollen:

Bleibt am Ende nur die Frage, wie man weniger interessierten Schülern den Unterschied zwischen „weich fallenden Sternen“ und „weichen Sternen, die fallen“ klarmachen kann.

Wir wäre es mit:

Variante 1: Wir hatten Glück, die Birne fiel weich auf den Boden.“

Variante 2. Wir hatten Glück, die weiche Birne fiel auf den Boden.“

Einfach mal sich beide Variante im Kopfkino anschauen:

Spätestens bei der Frage, worin jeweils das Glück bestand, wird der Unterschied deutlich. Während man eine weich fallende Birne nach dem Säubern noch essen oder verschenken kann, ist es blanke Ironie, wenn man es als Glück bezeichnet, wenn eine weiche Birne auf den Boden fällt – die isst anschließend keiner mehr 😉

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