Wladimir Kaminer, Schönhauser Allee – Inhaltsangabe und Anregungen (Mat2831)

Thema

In der Geschichte geht es um die Veränderungen des Lebens bei bzw. im Gefolge eines Regengusses in einer Stadt.

Der Schwerpunkt liegt dann auf einem besonderen Spaß, das sich ein vietnamesisches Mädchen in solchen Situationen gönnt.

Inhaltsangabe

  • (1) In der Kurzgeschichte “Schönhauser Allee im Regen” von Wladimir Kaminer geht es um eine besondere Straße und besondere Situationen.
  • (2) Am Anfang wird beschrieben, wie ein Unwetter das Leben auf der Schönhauser Allee völlig verändert und die Menschen zu ungewöhnlichem Verhalten zwingt.
  • (3) Der Ich-Erzähler und seine Tochter Nicole gehen oft direkt danach spazieren
  • (4) und sprechen dann über besondere Beobachtungen, einen Araber, den die Tochter zunächst für eine Frau mit Bart hält, die Bedeutung von Brillen. Hier beginnt der Vater schon mit besonderen Reaktionen. So kaufen seiner Meinung nach Leute Brillen, wenn sie etwas übersehen haben. Als Nicole dann fragt, ob die bunten Benzinstreifen in den Regenpfützen ein vom Himmel gefallener Regenbogen ist, bestätigt der Vater das sogar.
  • (5) Anschließend geht es um vietnamesisches Mädchen, das in einer tiefen Pfütze steht und hilflos wirkt. Eine alte Frau und eine schwangere Frau haben Mitleid, bekommen aber keine Antworten auf ihre Fragen nach dem Grund für das ungewöhnliche Verhalten. Die schwangere Frau glaubt schließlich, dass das Mädchen sich nicht verständigen kann und auf diese Art und Weise auf sich aufmerksam machen will.
  • (6) Schließlich kommt noch eine Touristengruppe hinzu und man einigt sich darauf, dass die Polizei geholt wird und man so lange auf das Mädchen aufpassen will.
  • (7) In dem Moment springt das Mädchen plötzlich so in die Pfütze, dass die Umstehenden vom schmutzigen Wasser bespritzt werden.
  • (8) Außerdem macht es deutlich, dass es die Leute nur hat reinlegen wollen, und verschwindet schnell, während die umstehenden Leute fassungslos auf der Straße herumstehen.
  • (9) Anschließend überrascht der Ich-Erzähler den Leser mit der Information, dass sie das Mädchen kennen, dass es nette Eltern hat und so einen Regenguss gerne für solche Überraschungen nutzt.
  • (10) Am Schluss kehrt er zum Ausgangspunkt zurück und betont, dass nach einem solchen Unwetter alles schnell zur Normalität zurückkehrt.

Schaubild

Wir veranschaulichen die verschiedenen Ebenen der Geschichte in einem Schaubild und bringen auch Anregungen zum Umgang mit der Geschichte

Anmerkungen zum Schaubild:

Das Schaubild zeigt die drei Ebenen der Kurzgeschichte.
Die Basis bzw. den Rahmen bildet das, was im Umfeld eines Unwetters geschieht, wozu auch die zum Teil etwas fragwürdigen Gespräche zwischen dem Ich-Erzähler und seiner Tochter gehören.

Der Kern des Geschehens ist oben abgebildet, von der gespielten Traurigkeit über die verschiedenen Bemühungen der Passanten bis hin zum sogenannten „Witz“, der zu Verschmutzungen auf der Kleidung der Passanten führt und diese fassungslos zurücklässt. Interessant ist der Hinweis des Erzählers auf das „diabolische“, also strenggenommen „teuflische“ Lachen des Mädchens.

Zwischen diesen beiden Ebenen liegt die der Beziehung des Ich-Erzählers und seiner Tochter zu dem vietnamesischen Mädchen. Offensichtlich soll es als Kontrapunkt gegenüber dem falschen Verhalten der „fassungslosen“ Passanten verstanden werden.

Ideen zum Einsatz im Unterricht

Die Geschichte ist sehr originell, vor allem in den Randbezirken. Deutlich wird das besonders im Einstiegsteil, der viele interessante Beobachtungen zum Verhalten von Menschen in besonderen Situationen enthält. Diskussionswürdig ist sicher auch die Beziehung zwischen dem Ich-Erzähler und seiner Tochter Nicole.
Auf die Problematik des „Spaßes“ des vietnamesischen Mädchens ist weiter oben schon hingewiesen worden.
In dem Zusammenhang kann es aber auch sinnvoll sein, auf andere situationsbezogene Späße wie zu Halloween oder am 1. April einzugehen.
Der Schluss wirkt relativ schwach, indem er sich auf eine Banalität konzentriert. Das fällt gegenüber dem doch recht bedeutsamen „Witz“-Geschehen deutlich ab.

Die Frage der Erzählhaltung

  1. Spannend wird diese Frage immer bei einem Ich-Erzähler, der selbst in die Handlung involviert ist, denn damit hat er automatisch eine Doppelrolle: Er präsentiert alles und ist gleichzeitig Teil davon.
  2. Interessant an dieser Kurzgeschichte ist, dass der Ich-Erzähler zwar beteiligt ist und auch das Geschehen und seinen Kontext (am Schluss) präsentiert, aber auf Kommentare u.a. Kennzeichen auktorialen Erzählens verzichtet.
  3. Schauen wir uns ein paar wichtige Stellen an:
    1. Die Fußgänger „kaufen Sachen, die sie eigentlich überhaupt nicht brauchen“: Hier findet sich mal ein eindeutiger Kommentar.
    2. Wenn der Ich-Erzähler dann aber über Brillen spricht, ist er ganz Figur und nicht auktorialer Erzähler.
    3. Im weiteren Verlauf ist es erstaunlich, wie es dem Erzähler gelingt, sich auf die Präsentation des Geschehens zu konzentrieren – ohne Kommentierung o.ä.
    4. Selbst am Ende, wo man schon so etwas wie eine Anmerkung erwartet, wie der Erzähler denn nun zum Geschehen steht, gibt es reinen Erzählerbericht.
    5. Fazit: Bis auf eine Stelle eine personale Erzählhaltung: Der Ich-Erzähler ist ganz Figur. Bleibt die Frage, ob diese Geschichte auch von einem Er-Erzähler erzählt werden könnte und was sich dann ändern müsste, besonders am Schluss. Da wird es schwierig, aber das wäre auch eine andere Geschichte.

Video, das zeigt, wie man eine Inhaltsangabe zu dieser Kurzgeschichte erstellen kann:
https://www.einfach-gezeigt.de/kaminer-allee-im-regen