5-Minuten-Tipp zum Gedicht „ich will dich“ von Hilde Domin (Mat6134)

Worum es hier geht:

Gezeigt wird, wie ein auf den ersten Blick schwieriges Gedicht doch leicht verstanden werden kann. Möglich ist das, wenn man die Signale ernstnimmt, die vom lyrischen Ich gesetzt werden. Typisch für Gedichte ist, dass es sich dabei zum Teil nur um Andeutungen handelt, deren Sinnpotenzial man dann selbst erschließen muss.

Schauen wir uns das mal an.

Das Gedicht kann hier zum Beispiel angehört werden:
https://www.swr.de/swr2/literatur/ich-will-dich-von-hilde-domin-100.html

Am besten schaut man sich einfach an, was das lyrische Ich (LI) macht.

In der ersten Strophe spricht es die Freiheit an und will sie „aufrauhen“. Offensichtlich gefällt es dem lyrischen Ich nicht, dass sie „geleckt“ ist.

Jetzt muss man einfach nur überlegen, was damit gemeint sein könnte. Eine Hypothese könnte doch sein, dass das Glatte eben zu eingängig ist, die Freiheit ist aber nichts Glattes, das man einfach so bekommt. Sondern sie ist sperrig. Offensichtlich will das LI, dass die Freiheit mehr ernst genommen wird, als es zur Zeit der Fall ist.

Das ist eine Hypothese, die so lange gültig ist, solange man keine bessere hat.

In der 2. Strophe bestätigt sich das, weil „Modefratz“ zum Signal „geleckt“ passt.

In der dritten Strophe kommt dann noch eine Steigerung. Aus dem „Aufrauhen“ wird ein „mit Glassplittern spicken“. Dabei geht es darum, dass das Wort „Freiheit“ nicht mehr leicht über die Zunge geht und damit („Ball“) auch nicht gespielt wird.

Das wird dann auch noch auf andere Wörter ausgedehnt, ohne dass die benannt werden. Hier könnte man selbst überlegen, ob nicht z.B. Liebe oder Friede auch manchmal zu leicht ausgesprochen wird.

Der Verweis auf den chinesischen Weisheitslehrer Konfuzius ist nur wichtig, um deutlich zu machen, dass Wörter „eckig“ sein sollen und nicht einfach rund. Sie sollen also anstößig sein und nicht einfach so leicht verwendbar.

Am Ende dann der Hinweis, dass diese Genauigkeit beim Umgang mit Wörtern auch wichtig ist für jedes Gemeinschaftswesen und besonders den Staat.

Man denke etwa daran, wie leichtfertig manchmal mit Artikeln der Verfassung umgegangen wird. Da wird schnell von Menschenrechten gesprochen, ohne sich klarzumachen, was die im Einzelfall bedeuten.

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