Worum es hier geht:
„Was versteht man eigentlich unter …? Erklär-Stress in Prüfungen und Klausuren
Eine der unangenehmsten Situationen in mündlichen Prüfungen ergibt sich, wenn man plötzlich nach einem Begriff gefragt wird. Das Gleiche gilt für Klausuren, wenn man in wenigen Sätzen und möglichst überzeugend erklären soll, was ein Fachbegriff bedeutet.
Nehmen wir die folgenden Beispiele:
- poetischer Realismus
- szenische Darstellung
- episches Theater
- Innerer Monolog
- erlebte Rede
Vorab-Info: Es gibt ein Video dazu
Das Video ist hier zu finden:
Videolink
Die Dokumentation kann hier heruntergeladen werden:
Mat1643 VidBegl Mündliche Prüfungen – der Trick mit der Begriffszerlegung
Häufig hilft ein einfacher Trick
Das Schöne an den fünf Begriffen ist, dass sie jeweils mehr oder weniger eigentlich schon eine Hilfe anbieten. Natürlich muss man grundsätzlich wissen, worum es geht. Aber die besondere Hilfe besteht darin, dass man vom Begriff ausgehen kann. Man muss das Kompositum, den zusammengesetzten Begriff, nur zerlegen und hat damit schon einen guten Einstieg – im besten Fall sogar ziemlich die ganze Lösung.
Poetischer Realismus
- Es handelt sich um eine Literaturepoche,
- in der man sich nach dem Idealismus der Goethezeit
- durchaus der Wirklichkeit zuwendet,
- All das hat man aus dem Begriff „Realismus“ herauszogen 🙂
- aber sie gewissermaßen nicht ungeschminkt – wie im Naturalismus – präsentiert,
- sondern sie poetisch verschönert.
- Diese zwei Elemente holt man aus dem Attribut „poetisch“ heraus.
- Dann braucht man nur noch ein Beispiel, das man im Unterricht behandelt hat: Wir nehmen den Tod der jungen und vom Leben schwer mitgenommenen Effi, der von Fontane in seinem Roman „Effi Briest“ ausgeblendet wird. Es gibt eine direkte Überleitung von ihren letzten versöhnlichen Gedanken zu der Schlussbemerkung ihres Vaters zur Mutter, das Schicksal ihrer Tochter und die Frage ihrer Verantwortung als Eltern sei doch ein „weites Feld“.
- Und so ein Beispiel sollte man immer im Kopf haben.
- Das Schöne ist, dass man mit den ersten fünf Teil-Antworten schon ein gewisses Maß an Sicherheit gewonnen hat, das einem dann auch hilft, noch einen guten Schluss zu schaffen und damit ein gutes Gefühl für die nächste Frage der Prüfung.
Szenische Darstellung
- Es geht um eine besondere Möglichkeit der „Darstellung“, die ein Erzähler hat.
- Statt des normalen Erzählerberichts lässt man Figuren direkt miteinander sprechen.
- Damit ergibt sich eine Art Szene, die man auch problemlos direkt spielen könnte.
- Das Ganze ist ein schönes Beispiel dafür, dass die Grundgattungen der Literatur natürlich nicht unverbunden nebeneinander stehen.
- Sie stellen vielmehr nur Grundtypen dar, die im Einzelfall auch gemischt werden können.
Episches Theater
- Zufällig passt dieser Begriff, weil er eine Art Gegenmodell zur „szenischen Darstellung“ im Blick hat. Aber diese Überleitung von der „szenischen Darstellung“ zum „epischen Theater“ wird es in der Praxis selten geben. Deshalb fangen wir lieber anders an:
- Beim Epischen Theater handelt es sich um eine Vorstellung vom Theater, die man vor allem mit Bertolt Brecht verbindet – und die eigentlich zwei Dinge verbindet, die nicht zusammengehören.
- Das Theater lebt von Stücken, die gerade keinen Erzähler haben, sondern etwas nur über die Bühnenausstattung und das Spiel von Figuren ins Bewusstsein der Zuschauer hineinbringen.
- Brecht hat das ziemlich provozierend mit dem „Epischen“ verbunden, also mit der erzählenden Gattung. Die ist ja vor allem durch einen Erzähler geprägt, der eben auch auktorial sein kann, indem er zum Beispiel kommentiert.
- Nun muss es nicht unbedingt ein Erzähler sein, sondern man kann in ein Stück Elemente einbauen, die aber zumindest eine kommentierende Funktion haben.
- Berühmt ist das Stück „Der gute Mensch von Sezuan“, das sogenannte Zwischenspiele hat, die einen Kontrast zur eigentlichen Spielhandlung darstellen und die Zuschauer zum Nachdenken bringen sollen.
- Genauso könnte die Spielhandlung durch kommentierende Plakate o.ä. gewissermaßen konterkariert werden, so dass die Zuschauer sich nie wie in einem Spielfilm mit den Figuren identifizieren und dabei „besoffen“ werden, wie Brecht es kritisch angemerkt hat.
- Brecht will also ein Theater, das durchaus menschliche Schicksale präsentiert, aber immer Impulse des Infragestellens und der Nachdenklichkeit einbaut.
- Hierzu gibt es übrigens ein Video, das hier zu finden ist:
Videolink
Innerer Monolog
- Im Vergleich zum Epischen Theater ist das eine ziemlich einfache Geschichte: Es geht um einen „Monolog“, also das Selbstgespräch einer Figur,
- der für andere nicht hörbar ist, sich also nur im Kopf abspielt.
- Beispiel:
„Als er den Zettel mit der Klausuraufgabe bekam, war sein erster Gedanke. Das schaffe ich nie. Typisch für Karlsen. Er hat genau das genommen, was er letztens scheinbar ausgeschlossen hat. So ist er – immer die Leute reinlegen. Aber ich werde es ihm zeigen. Und plötzlich strafften sich seine Schultern, er schaute aufmunternd zu Lina rüber, die auch irgendwie erkennbar durchatmete – und dann dachte er nur noch daran, wie er es bald hinter sich haben würde.“
Erlebte Rede
- Hier wird es etwas schwieriger, d.h. diese Entwicklung des Begriffs setzt voraus, dass man sich das schon mal klargemacht hat. Bei der „erlebten Rede“ handelt es sich also um etwas, was eine Figur denkt
- und was der Erzähler in seine Erzählhaltung übernimmt.
- Das heißt: Es handelt sich um die Originalgedanken der Figur. Nehmen wir das Beispiel von eben:
- „Als er den Zettel mit der Klausuraufgabe bekam, war sein erster Gedanke. Das schaffte er nie. Es war typisch für Karlsen. Er hatte genau das genommen, was er letztens scheinbar ausgeschlossen hatte. So war er – immer die Leute reinlegen. Aber er würde es ihm zeigen. Und plötzlich strafften sich seine Schultern, er schaute aufmunternd zu Lina rüber, die auch irgendwie erkennbar durchatmete – und dann dachte er nur noch daran, wie er es bald hinter sich haben würde.“
- Man sieht hier, dass es die gleichen Gedanken sind – aber sie werden im Erzähltempus des Präteritums präsentiert, aber der Erzähler behält die Personendistanz bei: Aus dem „Ich“ des Denkens wird das „Er“ des Mitteilens des Gedachtens.
Zusammenfassung und Auswertung
- Es lohnt sich, bei solchen Begriffs-Fragen bzw. Erklärungen wirklich vom Begriff auszugehen.
- Denn der ist ja schließlich mal entstanden, weil man meinte, so die Sache am besten bezeichnen zu können.
- Nun gelingt das nicht immer in gleicher Weise. Während das beim „poetischen Realismus“ besonders gut gelungen erscheint – gerade in Abgrenzung zum Naturalismus, ist das bei der erlebten Rede recht problematisch, denn die Figur redet ja gar nicht, sondern der Erzähler taucht nur gewissermaßen in seine Gedanken ein.
- Aber wenn man sich das einmal klargemacht hat, dann bekommt man auch das entsprechend hin in der Erklärung.
- Vor allem hat man so einen guten Einstieg in ein genaueres Eingehen auf den Begriff bzw. die damit verbundene Vorstellung.