Borchert, „Die Küchenuhr“ – Infos und Tipps für den Deutschunterricht (Mat1162)

Kurzinfo: Wolfgang Borchert, „Die Küchenuhr“ – für die Schule vorgestellt

Kurz-Info zu Thema und Inhalt
Die Kurzgeschichte zeigt, was für einen Menschen als Wert bleibt, wenn er alles andere verloren hat, und wie er damit umgeht.

 

Zu finden ist die Geschichte u.a. hier.

 

Weiter unten finden sich Hinweise auf zwei Lernvideos.

Inhaltsangabe:
Es geht in der Geschichte um einen Mann, der offensichtlich bei einem Bombenangriff fast  alles verloren hat und sich nun auf seltsame Weise auf das konzentriert, was übriggeblieben ist, nämlich eine Küchenuhr. Die funktioniert zwar nicht mehr, erinnert ihn aber an die fürsorgliche Liebe seiner Mutter, die ihm fast immer nachts um halb drei noch das Essen warmgemacht hat, wenn er spät nach Hause kam. Dass die Uhr genau zu diesem Zeitpunkt stehengeblieben ist, ist anscheinend sein ganzer Halt. Die anderen Menschen, mit denen er über seine Erfahrungen spricht, können zunächst anscheinend wenig damit anfangen, nehmen aber doch nachdenklich die späte Erkenntnis auf, dass diese Uhr die Erinnerung an ein verlorenes Paradies verkörpert,

Bedeutung der Geschichte: -> Was zeigt die Geschichte?
Die Geschichte macht zum einen deutlich, in welchen Ausnahmezustand jemand geraten kann, der fast alles verloren hat und sich jetzt an das klammert, was noch übriggeblieben ist.
Sie zeigt darüber hinaus aber auch das schmerzliche Glück, dass es sich dabei um einen Rest eines früheren Paradieses handelt, das wohl damals nicht genügend gewürdigt worden ist.
Ganz neu (Dezember 2019): Zwei Videos zu Borcherts Kurzgeschichte „Die Küchenuhr“

Anmerkungen zum Schaubild:

1. Zwei Elemente lösen die Geschichte aus und stiften erst mal für Irritation (deshalb die gelbe Farbe), das „alte Gesicht“ des Ankömmlings und seine seltsame Begeisterung für „unsere Küchenuhr“.

2. Die Leute auf der Bank „sahen ihn nicht an“, fühlen sich also eher gestört, wollen keinen Kontakt, haken die Angelegenheit als ein damals wohl normales Ergebnis einer „Bombe“ ab.

3. Der Mann aber denkt nur an „halb drei“, seine „Mutter“, die barfuß, also nur auf ihn konzentriert, ohne Rücksicht auf die eigenen Befindlichkeiten und Interessen, ihm das Essen nachs noch einmal warm macht.

4. Was für ihn damals „selbstverständlich“ war, erscheint ihm inzwischen als ein verloren gegangenes „Paradies“.

5. Dies wird am Ende zumindest von einem der anfangs skeptischen, desinteressierten Leute aufgenommen, der jetzt wohl an sein „Paradies“ denkt.

Inwiefern und inwieweit handelt es sich um eine Kurzgeschichte?.
Die Geschichte ist eine typische Kurzgeschichte, die direkt ins Geschehen einsteigt und auch relativ offen endet: Man erfährt weder, was aus dem Mann mit der Küchenuhr wird, noch wird deutlich, ob die anderen aus seiner Erfahrung etwas für sich machen können.
Auf diese Erfahrung aber kommt es an – sie ist der besondere Moment mit dem Potenzial eines Wendepunktes – nicht bei dem Mann mit der Uhr, sondern mit den anderen, denen er seine Geschichte erzählt.

Anmerkungen zum Einsatz als Klassenarbeit.
Die Kurzgeschichte ist vom Umfang her und auch im Hinblick auf Inhalt und Aussage sehr gut für eine Klassenarbeit geeignet.
Besonders interessant dürfte eine Auseinandersetzung mit dem Paradies-Aspekt der Geschichte sein.

  • Ideen zum Einsatz im Unterricht
    Da es heute durchaus wieder möglich ist, in der Lerngruppe Kinder zu haben, die ggf. ähnliche traumatische Erfahrungen machen mussten, erscheint es sinnvoll, schnell die Haltung des Mannes herauszuarbeiten, dem es gar nicht auf die Bomben ankommt, sondern auf die Liebe seiner Mutter und die offensichtliche Tatsache, dass er sie jetzt zu spät erst würdigt.
  • Daran kann man auch im Hinblick auf Alltagserfahrungen im Frieden und ganz ohne materielle Zerstörungen eingehen. Man muss nur fragen, inwieweit die Schüler sich Situationen vorstellen können, in denen man zu spät begreift, dass man ein Stück Paradies in den Händen gehalten hat. Das kann ein Urlaub sein, dessen wirklichen Wert man erst anhand von Bildern nachträglich begreift – oder aber auch Menschen, die man zu wenig gewürdigt hat, als man noch mit ihnen zusammen war.
  • Spannend könnte auch ein Perspektivenwechsel sein, bei dem man die Schüler bittet, sich mal wehmütig an die aktuelle Gegenwart in der Schule zu erinnern. Vielleicht haben sie ältere Geschwister, die solche Gefühle schon mal angesichts der Belastungen der Berufswelt geäußert haben.

Anregung:

Vergleich mit einem Gedicht von Hilde Domin:
https://www.jmberlin.de/exil/taube.html

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