Worum es hier geht:
Wir versuchen hier einmal, die Figur der Vrenchen aus Kellers Novelle „Romeo und Julia auf dem Dorfe“kurz, knapp und systematisch zu charakterisieren.
Baustein Charakteristik:
Unter einer Charakteristik versteht man bei literarischen Werken das Besondere einer Figur und ihre Bedeutung für das ganze Werk.
Man darf das nicht mit einer Personenbeschreibung verwechseln: Die geht von dem Gesamtbild eines Menschen aus.
Die Charakteristik nimmt dafür auch den Autor und seinen Erzähler ernst. Es wird also nicht nur darauf geachtet,
- was und wie eine Person ist,
- sondern auch darauf, wie sie präsentiert wird und welche Entwicklung sie dabei durchmacht.
- Vrenchen taucht schon ziemlich am Anfang der Novelle auf, indem sie ihrem Vater und auch dem von Sali Essen aufs Feld bringt:
„Es war ein Junge von sieben Jahren und ein Dirnchen von fünfen, beide gesund und munter, und weiter war nichts Auffälliges an ihnen, als daß beide sehr hübsche Augen hatten und das Mädchen dazu noch eine bräunliche Gesichtsfarbe und ganz krause dunkle Haare, welche ihm ein feuriges und treuherziges Ansehen gaben“ (5)
Hier merkt man schon, dass es eine gute Ausgangssituation gibt und bei Vrenchen auch eine besondere Kombination von angepasster Treuherzigkeit und durchaus ausbruchsfähiger Feurigkeit vorliegt.
— - Als der Streit zwischen den Familien beginnt und immer heftiger wird, heißt es:
„Vrenchen hatte anscheinend einen schlimmern Stand als Sali, da seine Mutter tot und es einsam in einem wüsten Hause der Tyrannei eines verwilderten Vaters anheimgegeben war.“ (18), sie lässt sich aber nicht unterkriegen.
— - Interessant und sicher nicht untypisch für ein Mädchen damals ist sie besonders bemüht um ein ansprechendes Äußeres. Dabei muss sie aber sehr einfallsreich sein, weil die finanziellen Verhältnisse der Familie keine Spielräume erlauben.
— - Dieses Verhalten wirkt sich im Rahmen des Möglichen auch auf den ganzen Haushalt aus: „Das Haus selbst war ebenso kläglich anzusehen; die Fenster waren vielfältig zerbrochen und mit Papier verklebt, aber doch waren sie das Freundlichste an dem Verfall; denn sie waren, selbst die zerbrochenen Scheiben, klar und sauber gewaschen, ja förmlich poliert, und glänzten so hell wie Vrenchens Augen, welche ihm in seiner Armut ja auch allen übrigen Staat ersetzen mußten.“ (34)
— - Vrenchen ist insgesamt sehr sensibel, achtet sehr auf ihre Ehre und zeigt auch viel Schamgefühl: Das führt auch dazu, dass sie von sich aus Abstand zu ihrem Jugendfreund Sali zeigt:
„deshalb verbarg sie sich vor ihm, und wenn er irgendwo nur in der Nähe war, so entfernte sie sich eilig, ohne dass er sich die Mühe gab, ihr nachzublicken.“ (20)
— - Auch beim Wiedersehen mit Sali wirkt sich das noch auf Vrenchens Verhalten aus.
— - Andererseits zeigt sich bei der Begegnung mit dem schwarzen Geiger zugleich ihre Spontanität und ihre Fähigkeit, auch problematische Dinge durchaus mit Humor zu nehmen.
— - Das reicht am Ende aber nicht aus für ein gemeinsames Happy End. Vor allem der Schlag mit dem Stein, mit dem Sali sie schützen will und der ihren Vater zum geistigen Wrack macht ihr zu schaffen (vgl. 47). Sie glaubt nurin einer „gewissenfreien Ehe glücklich sein zu können“ (72)
— - Hier wird deutlich, wie sehr Vrenchen in den moralischen Vorstellungen der Zeit gebunden ist.
— - So bleibt für sie nur der Ausweg in den gemeinsamen Selbstmord. Der ist für sie aber eine Art glücklicher Abschluss eines letzten schönen gemeinsamen Tages. Es ist dabei sogar von einem „Rausch der Seligkeit“ (78) die Rede.
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Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Erörterung
Was ist das, wie schreibt man so etwas?
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