Video: Ein Gedicht leicht verstehen: Goethe, „An den Mond“ (Schwester-Version) (Mat5183)

Worum es hier geht:

Hier geht es um ein Video und die Dokumentation dazu:

Videolink

Die Fassung ist z.B. hier zu finden.

Entstehung so etwa 1768-1770 – nach seiner Rückkehr aus dem Sesenheim-Erlebnis.

Es ist dann unter dem Titel „An Luna“ veröffentlicht worden, um wohl Abstand zu den beiden anderen Gedichten bzw. Fassungen zu gewährleisten.

Die Dokumentation:

Mat5183 VidBegleitblatt Goethe an den Mond, frühe und spätere Fassung

Der Text des Gedichtes

Johann Wolfgang von Goethe

An den Mond

  1. Schwester von dem ersten Licht,
  2. Bild der Zärtlichkeit in Trauer,
    • V1u2:
      • Doppelte Anrede, zunächst Verwandtschaftsbeziehung zwischen Mond und Sonne – gleichrangig / Aufwertung
      • Dann nach der kosmischen Dimension die menschliche: Verbindung von Liebe und Leid
  3. Nebel schwimmt mit Silberschauer
  4. Um dein reizendendes Gesicht.
    • V3u4:
      • Es folgt Beobachtung mit erneuter Aufwertung (”Silberschauer”)
      • Personifizierung und Annäherung
  5. Deines leisen Fußes Lauf
  6. Weckt aus tagverschloßnen Höhlen
  7. Traurig abgeschiedne Seelen,
  8. Mich, und nächt’ge Vögel auf.
    • V5-8:
      • Hinweis auf das Leise des Mondlaufs
      • erweckt eine dunkle Welt
      • toter Seelen, aber auch Lyrisches Ich u. Vögel’(additiv)
  9. Forschend übersieht dein Blick
  10. Eine großgemeßne Weite.
  11. Hebe mich an deine Seite,
  12. Gib der Schwärmerei dies Glück!
    • V9/10:
      • Erweiterung des Blicks auf die Tätigkeit bzw. Fähigkeit des Mondes: Weiter Blick
    • V 11/12:
      • Bitte des Lyrischen Ichs: will den gleichen Blick
      • leichte Selbstkritik: Schwärmerei – Glück
  13. Und in wollustvoller Ruh
  14. Säh‘ der weitverschlagne Ritter
  15. Durch das gläserne Gegitter
  16. Seines Mädchens Nächten zu.
    • V 13-16:
      • Selbstoffenbarung – mit etwas Distanz
      • Entfernt von der Geliebten
      • möchte er ihr doch zumindest in der Nacht zusehen – wirkt voyeuristisch
  17. Dämmrung, wo die Wollust thront,
  18. Schwimmt um ihre runden Glieder.
  19. Trunken sinkt mein Blick hernieder
    • V 17-19:
      • Gedanke an den Abend – und “Wollust” – also Sex in allen seinen Stufen
      • Vorstellung des Körpers der Geliebten
      • Zumindest der Blick des Lyrischen Ichs geht dann in diese Richtung
  20. Was verhüllt man wohl dem Mond!
  21. Doch was das für Wünsche sind!
    • V 20/21:
      • Abbruch 1: – und Rückkehr zum Mond: Frage, was der zu sehen oder besser: nicht zu sehen bekommt
      • Abbruch 2: noch radikaler und allgemeiner – gegen die eigenen Wünsche gerichtet
  22. Voll Begierde zu genießen,
  23. So da droben hängen müssen
  24. Ei, da schieltest du dich blind!
    • V 22-24:
      • Vorstellung von einem Mond – voller Begierde
      • der aber “droben hängen” muss – schönes Bild
      • Lustiger Schluss: schielt sich blind

Signalbündelung – Aussagen – Intentionalität:

Das Gedicht zeigt:

  • zunächst hohe Achtung vor dem Mond
  • als Schwester der Sonne
  • mit bsd. Bedeutung für die Gefühle der Menschen, bsd. die Liebe
  • dann Neid auf den Überblick – mit Blick auf die Situation des Lyrischen Ichs: getrennt von der Geliebten
  • einen Ansatz von Voyeurismus
  • schließlich den Gegensatz zwischen der Fantasie des Lyrischen Ichs, anscheinend realitätsnah
  • und der vorgestellten Unmöglichkeit körperlicher Liebe beim Mond
  • am Ende: satirisches Spiel mit dem Mond – wohl Ablenkung der eigenen Gefühle des lyrischen Ichs

Intention und künstlerische / sprachliche Unterstützung

  • Achtung: Metaphorik der Schwester
  • Einheit von Gegensätzen: “Zärtlichkeit” und “Trauer”
  • Personifizierung
  • Kennzeichnung der Wirkung des Mondes durch Wörter, die alle in auf einen bestimmten Eindruck abzielen: “leise”, “verschlossen”, “Höhle”, “traurig”, “abgeschieden”, “nächtlich”
  • Neid: Appelle (”Hebe”, “Gib”)
  • Bild des Ritters, der “weitverschlagen” ist
  • Andeutung: “seines Mädchens Nächten”
  • Gegensatz – Satire:Gegensatz zwischen 17-19: Andeutung von auch körperlichem Liebesglück – zumindest in der Fantasie
  • und dem Bild eines oben “hängenden” Himmelsgestirns, das sich blind schielt – als Symbol für das Falsche, das Unechte – auf diesem Gebiet menschlichen Glücks

Auswertung von Handbuch-Informationen

Wenn man sich das Sammelwerk „Goethe. Gedichte, Hrsg. u. kommentiert von Erich Trunz, München 1999, S. 453-454 anschaut, lässt sich dort Folgendes herausholen für eine „externe“, also die Schule übergreifende Auswertung.

  1. Dieses Gedicht ist 1770 veröffentlicht worden und
  2. entstanden nach Goethes Rückkehr von Straßburg/Sesenheim 1768
  3. Als Titel wurde dann „An Luna“ genommen, um Verwechslungen mit anderen Gedichten zu vermeiden
    https://textaussage.de/goethe-an-den-mond-zwei-varianten
  4. Hervorgehoben wird, dass dieses Gedicht sich von den beiden späteren Varianten doch sehr unterscheidet, aber doch schon über die sehr lockere Strömung der sog. Anakreontik hinausweist.
    Dabei geht um eine Dichtung, die sich vor allem mit den Themen wie Liebe, Natur, weinselige Geselligkeit beschäftigt. Benannt ist diese Strömung nach einem altgriechischen Dichter aus dem 6. Jhdt. v. Chr.
  5. Während früher die Natur eigentlich nur Kulisse war, wird sie hier durchaus mit Leben gefüllt und gefühlt.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos