Worum es hier geht:
Schillers Ballade „Die Bürgschaft“ ist eins der berühmtesten Gedichte. Es behandelt nämlich eine extreme Erfahrung von Freundschaft.
Das Problem für die Schule ist nur, dass zur Zeit Schillers die Leute noch Lust hatten auf endlos verzögerte Spannung – dementsprechend lang kann so eine Schiller-Ballade sein.
Wir haben beim „Taucher“ schon mal eine sinnvolle Kürzung ausprobiert, die sich sehr bewährt hat.
https://textaussage.de/klassenarbeit-zu-schillers-ballade-der-taucher
Genau dasselbe versuchen wir auch hier.
Aufgabenstellung
- Verfasse zu dem unten abgedruckten Gedicht eine Inhaltsangabe.
Wegen der Länge des Textes sind einige Strophen schon zusammengefasst. - Zeige, wieso dieses Gedicht als Ballade bezeichnet werden kann.
- Wie findest du die Art von Freundschaft, die sich in diesem Gedicht zeigt. Begründe deine Meinung.
Der gekürzte Text
Wir präsentieren hier die gekürzte Fassung und hängen die zusammengefassten Strophen unten an. Außerdem gibt es am Ende eine Druckversion mit Aufgabenstellung und gekürztem Text.
Friedrich Schiller
Die Bürgschaft
[Strophe 1]
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Möros, den Dolch im Gewande;
Ihn schlugen die Häscher in Bande.
»Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!«
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«
[Strophe 2]
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben,
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.«
[Strophe 3]
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
»Drei Tage will ich dir schenken.
Doch wisse! Wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh du zurück mir gegeben bist,
So muss er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.«
[Strophe 4]
Und er kommt zum Freunde: »Der König gebeut,
Dass ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben,
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme, zu lösen die Bande.«
[Strophe 5]
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen,
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.
[Strophe 18]
Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet,
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
»Mich, Henker!« ruft er, »erwürget!
Da bin ich, für den er gebürget!«
[Strophe 19]
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
In den Armen liegen sich beide
Und weinen für Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundermär,
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen.
[Strophe 20]
Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: »Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen,
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn,
So nehmet auch mich zum Genossen an,
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der Dritte.«