Was sind Gedichte überhaupt?
- Gedichte = Lyrik = eine der drei Grundgattungen der Literatur – neben Drama und Epik (z.B. Romane oder Kurzgeschichten)
- Das Besondere = Versform = Einteilung in Verszeilen = künstlicher Abbruch vor dem Ende der Zeile
- Prosa = Abfolge von Wörtern besteht, bei denen nur die Seitengrenze bestimmt, wann eine neue Zeile beginnt.
- Zu dieser äußeren Gestaltung kommen noch als Besonderheit:
- dass Gedichte meistens verknappt sind – vieles ausgelassen wird
- dass Gedichte meistens „verkünstelt“ sind, also bsd. mit Sprache arbeiten
- und dann sie häufig auch „verrätselt“ sind, so dass man länger überlegen muss, was eine Wendung bedeutet.
- Neben der Versform sind häufig ein Reim und ein bestimmter Rhythmus wichtig, darauf wollen wir hier kurz eingehen.
Welche Rolle spielt der Reim in Gedichten?
- Versform = Minimalanforderung an ein Gedicht
- Rythmus und ggf. auch ein Endreim = Zusätze, aber durchaus häufig verwendet; sind also nicht notwendig, damit es ein Gedicht ist.
- Das Problem ist auch, dass der Reim natürlich auch einen Zwang darstellt – eigentlich würde man gerne ein anderes Wort nehmen, aber wegen des Reims muss es eben so lauten.
- Endreim: drei Hauptvarianten
- Paarreim
- Kreuzreim
- umarmender Reim.
- Alle drei Reimarten gehen von einem Vierzeiler aus – natürlich können darüber hinaus Zeilen auch beliebig kombiniert werden.
- Besondere Form: „Sonett“ = Kombination von zwei Vierzeilern (Quartette) mit zwei anschließenden Dreizeilern (Terzetten)
- Hier werden die Reime einfach „alphabetisiert“, also etwa
- abab
- cdcd
- efe
- fef
- Ein schönes Beispiel für ein Reimschema, das wirklich etwas mit dem Inhalt zu tun hat, haben wir zusammen mit unserer Referenzschülerin Lisa gefunden und beschrieben:
https://textaussage.de/beispiel-fuer-ein-kompliziertes-reimschema-das-die-aussagen-des-gedichtes-optimal-unterstuetzt
Der Reim aus heutiger Sicht
Früher war es selbstverständlich, dass ein Dichter auch eine besondere Form von Kunst zeigen musste. Dementsprechend gab es so etwas wie Romane eigentlich erst ab dem 18. Jhdt. als einigermaßen gleichberechtigte Literaturgattung. Vorher mussten auch erzählende Texte in eine bestimmte Form gebracht werden – siehe Epos.
Beim Reim hat sich ein entsprechender Anspruch länger gehalten – auch wenn Goethe zum Beispiel in berühmten Gedichten wie „Prometheus“ davon abgewichen ist (siehe „freie Rhythmen“).
Auch heute gibt es noch viele Leute, für die ein Reim zu einem Gedicht gehört. aber das bezieht sich dann eher auf sogenannte „Gelegenheitsgedichte“. Bei einer Hochzeit oder einem Geburtstag kommt es vor allem darauf an, eine bestimmte Wirkung zu erzeugen – und da macht sich ein Reim gut.
Auch bei Werbesprüchen prägen sich Zeilen mit Reim besser ein. Berühmtes Beispiel „Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso.“
Heutige Gedichte setzen viel stärker auf Verknappung, Verkünstelung und auch Verrätselung, wie wir das immer nennen. Ein Rhythmus, den man beim Vortrag besonders gut zur Wirkung bringen kann, hat sich einigermaßen erhalten.
Ganz wichtig: Woran die meisten Leute nicht denken: Ein Reim bedeutet immer auch eine Art Zwang – man kann dann häufig nicht das Wort nehmen, das am besten passt, sondern muss einen Reimpartner suchen.
Langer Rede kurzer Sinn:
Heute sind Reime eher die Ausnahme bei anspruchsvollen Gedichten – oder sie werden als doppeltes künstlerisches Mittel eingesetzt: Einmal wie früher wegen Klang und Einprägsamkeit – zum anderen als bewusstes Mittel: Ich verwende hier auch heute noch einen Reim, weil ich … und dann kann man wie bei allen anderen Mitteln auch nach der Wirkung und damit auch der Absicht suchen.
Welche Rhythmus-Varianten sollte man kennen?
- Rhythmus = Versmaß
- im Deutschen = Abfolge von betonten und unbetonten Silben
- Jedes mehrsilbige Wort hat erst mal eine natürliche Betonung: „Hunger“ wird zum Beispiel auf der ersten Silbe betont, „Erfolg“ auf der zweiten.
- Wenn sich nun betonte und unbetonte Silben ständig abwechseln, was häufig vorkommt, spricht man von „alternieren“. „Alter“ ist dabei ein lateinisches Wort für „den Zweiten“.
- Bei alternierenden Rhythmen gibt es wiederum zwei Möglichkeiten: Beginnt man mit einer betonten Silbe, spricht man von einem Trochäus, ist die erste Silbe unbetont, ist es ein Jambus.
- Wer sich das nicht merken kann, behält einfach im Kopf: Das Wort Jambus ist von der Abfolge der Betonungen ein Trochäus, weil eben die Silbe „Jam“ betont wird, worauf das unbetonte „bus“ folgt.
- Der Trochäus wiederum bezeichnet die Abfolge von betonter und unbetonter Silbe, was er selbst von der Lautfolge her gerade falsch macht. Denn das „Tro“ ist unbetont, dann folgt das betonte „chä“ – und es endet auf dem unbetonten „us“.
- Wenn ein Gedicht vom Rhythmus her regelmäßig ist, gibt es noch zwei weitere Möglichkeiten, einmal den Daktylus, da klingt das Wort genauso wie das, was es bezeichnet, nämlich eine Abfolge von einer betonten und zwei unbetonten Silben. Ein Beispiel wäre: „Wiegende Wellen auf wogender See“. Für Musik- und Tanzfreunde: Das klingt wie ein Dreivierteltakt bzw. ein Walzer.
- Dann gibt es natürlich auch noch das Gegenstück, den sogenannten „Anapäst“. Auch er tut uns den Gefallen, dass Klang und Sache übereinstimmen. Auf zwei unbetonte Silben folgt eine betonte.
Weitere Infos, Tipps und Materialien
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