Musil, „Die Affeninsel“ Beispiel für aspektorientierte Interpretation eines erzählenden Textes (Mat5748)

Worum es hier geht:

In der Schule setzt es sich immer weiter durch, einen erzählenden Text „aspektorientiert“ zu analysieren.

Das bedeutet, dass man die Analyse in Teilaspekte zerlegt, die man nacheinander abarbeitet.

Im Folgenden zeigen wir mal, wie man das machen kann.

Dabei gehen wir von der Erzählung „Die Affeninsel“ von Robert Musil aus. Die hat den Vorteil, dass sie überhaupt keine richtige Handlung hat. Das bedeutet, dass vor allem der Analyseaspekt „Inhalt“ eine interessante Herausforderung darstellt.

Der Text der Erzählung wird hier vorgestellt und durch Zwischenüberschriften übersichtlich dargestellt.

Aspekt: Einleitungssatz und Thema

  • In der Erzählung
    Objekt der Analyse, Textgattung
    Hier haben wir einen sehr allgemeinen, in gewisser Weise umfassenden Begriff verwendet, weil ja im Laufe der genaueren Analyse nochgeklärt werden soll, inwieweit es sich um eine Kurzgeschichte oder eine Parabel handelt.
  • „Die Affeninsel“
    Titel der Erzählung, kann man einfach abschreiben 😉
  • von Robert Musil,
    Verfasser der Erzählung, kann man einfach abschreiben 😉
  • entstanden zwischen 1920 und 1929
    wird meistens mitgeliefert, muss man normalerweise bei Fremdtexten nicht wissen
  • geht es um die gesellschaftliche Struktur eines Affengehes
    Thema, Teil 1
  • sowie das Verhältnis der verschiedenen Gruppen zueinander.
    Thema, Teil 2

Aspekt: „Inhaltsangabe“ als Analyse-Aspekt

https://textaussage.de/wie-praesentiert-man-den-inhalt-als-analyse-aspekt-einer-erzaehlung

  • Im ersten Teil werden die genauer verschiedenen Gruppen vorgestellt,
    Es kann immer sinnvoll sein, beim Inhalt auch schon den Aufbau der Geschichte zu berücksichtigen.

    • beginnend mit den Affen, die auf einem Baum leben und eine etwas höhere Stellung einnehmen,
      Hier kann man einfach nacheinander die drei Gruppen aufführen
    • gefolgt von einer Art Königsfamilie
    • und schließlich der Rest der geringer geschätzten und zum Teil unterdrückten Affen in den Gräben um eine Art Insel herum.
      Hier nutzt man das schon, um einen wesentlichen Aspekt der Erzählung, nämlich die Unterdrückung, einzubeziehen.
  • Im zweiten Teil geht es darum,
    Auch hier bietet sich wieder eine Einteilung an, diesmal in zwei Herrschaftsvarianten, die sich auf unterschiedliche Art und Weise auf die Baumgruppe beziehen.

    • wie die Affen auf dem Baum ihre überlegene Stellung zur fast schon terroristischen Unterdrückung der Affen in den Gräben nutzen,
      Hier kann man schon einen wichtigen Akzent setzen, nämlich den ersten Teil der Doppel-Existenz von Gruppen – nach unten treten …
    • nachdem sie selbst vom König einer ziemlich unangenehmen Inspektion unterzogen worden sind.
      … nachdem man nach oben buckeln musste

 

Aspekt: Erzählschritte

  1. Die Geschichte beginnt damit, dass zunächst eine Art Insel beschrieben wird, auf der drei Gruppen von Affen leben, durch tiefe Gräben getrennt von der Außenwelt.
  2. Im folgenden geht es zunächst um die  14 Affen, die einen kahlen Baum mit vielen Ästen bewohnen.
  3. Mittelpunkt der nächsten beiden Abschnitte ist eine zweiköpfige Familie größerer Affen, deren Oberhaupt so eine Art Königsfunktion hat.
  4. Die besteht vor allem darin, dass wir in regelmäßigen Abständen den Affen auf dem Baum zeigt. Dabei bleibt unklar, ob er sie am Ende sogar zum gefährlichen Sprung auf den Betonboden zwingt oder es ihm reicht, dass sie bis zum äußersten Ende der Äste ausgewichen sind.
  5. Während der Abwesenheits Königshofen von der Hütte der Familie steht der Sohn als Thronfolger im Mittelpunkt des Interesses. Deutlich, dass man vor ihm keine Achtung hat, dass man ihn aber in seiner Rolle als Nachfolger des Königs respektiert.
  6. Nachdem das Verhältnis dieser beiden Gruppen zu einander geklärt ist, wendet der Erzähler sich den einfachen offen zu, die anscheinend auf dem Boden der Gräben Leben.
  7. Die sind den Baumaffen deutlich untergeordnet, dürfen erst fressen, wenn ihnen das gewissermaßen erlaubt wird.
  8. Als eine hin und wieder vorkommende, besondere Situation wie wird geschildert, Wie einzelne Vertreter der Baum affen, die Grabenaffen zu unerlaubten Vorstößen in den Bereich des Essens verleiten. Das wird in einer fast schon terroristisch anmutenden Zeremonie bestraft, bei dir genüsslich ein Opfer aufgesucht und verprügelt wird. Deutlich wird, wie froh die anderen sind, dass sie nicht zum Opfer geworden sind.

Aspekt: Textaussage – Intentionalität

Insgesamt zeigt die Geschichte

  1. Die soziale Hierarchie wahrscheinlich in einem speziellen Zoobereich, in dem Affen untergebracht sind.
  2. Deutlich wird zunächst, wie der Oberaffe regelmäßig seine Macht demonstriert und damit wohl auch absichert.
  3. Am Beispiel des sogenannten Kronprinzen wird deutlich, wie der zukünftige Machthaber, trotz seiner aktuell noch vorhandenen Trainingsrückstände bereits vom Zauber zukünftiger Macht umgeben ist und entsprechend geachtet wird.
  4. Am ausführlichsten dargestellt und damit wohl auch am wichtigsten ist, doe für jede Gesellschaft wohl typische Situation, dass eine untergeordnete Gruppe zum Ausgleich auf noch raffiniertere Art und Weise ihre Macht an Schwächeren auslässt.
  5. Vor diesem Hintergrund kann man wohl davon ausgehen, dass diese Geschichte Parabel darstellt, die am Beispiel diese Affen, Zivilisation, Probleme auf der menschlichen Gesellschaft
  6. Dass hier ein Transfair der Bildgeschichte gewünscht und angelegt ist, merkt man am Anfang an der Art der Darstellung. Die bewegt sich nämlich tendenziell in menschlichen Begriffen und Vorstellungen und erwähnt, dass Affen typische eher nebenbei.
  7. Am deutlichsten wird die Verschmelzung der Welt des Erzählers mit dir, dieser Tiere, an der Stelle, wo er sich vorstellt, wie man den Baum besteigen kann, wenn man vorher Schuhe und Socken ausgezogen hat, also in gewisser Weise sich den tierischen Verhältnissen wieder angeglichen hat.

Weitere Aspekte

Hier nur eine Liste und vorläufige Überlegungen

  1. innere und äußere Handlung
    • Äußere Handlung, das, was Beobachter sehen können
      Im Sinne von Beschreibung der äußeren Gegebenheiten und Vorgänge durch den Erzähler
    • Innere Handlung, das, was in einer Person geschieht
      Hier muss geklärt werden, um welche Personen es in diesem besonderen Falle geht.
      Vorschlag: Erzähler -> Erzähltechnik
      Hier nur Einblicke in das Innere der Personen:
      Affenkönig:
      und es scheint nicht, dass er bemerken will, wie ehrfürchtig und misstrauisch alles zurückweicht und sich — um Hast und Aufsehen zu vermeiden — seitlings vor ihm herschiebt, bis das Ende des Astes kein Entweichen mehr zulässt und nur ein lebensgefährlicher Absprung auf den harten Zement übrig bleibt.

      Baumaffen gegenüber dem Thronfolger
      „denn sie sind sehr missmutig“

      Baumaffen gegenüber den Grabenaffen
      Denn es kommt vor, dass ein böser Bursche oder ein scherzhaftes Mädchen, obgleich sie blinzelnd Verdauungsbeschwerden heucheln, nur darauf warten, und vorsichtig von ihrem Ast heruntergleiten, sobald sie merken, dass die Kleinen es sich ungebührlich wohl ergehen lassen.

      Grabenaffen neben dem Opfer:
      und fünf andere mit ihm, die noch nicht unterscheiden können, welcher das Ziel dieses langen Blicks ist;
  2. Wendepunkte
    • Grundsätzlich keiner, da eine Dauer-Situation geschildert wird.
    • Innerhalb des Ablaufs natürlich schon einer, wenn der Terror beginnt
  3. Zeit
    • Unbestimmt, da Dauersituation
    • Innerhalb der Beschreibung Kontrollgang des Königs
  4. Ort
    • Wichtig, da drei gesellschaftliche Bereiche deutlich gemacht werden.
  5. Personen
    • Hier sind die Affen gemeint: 3 Gruppen und ihr Verhältnis
  6. Erzählperspektive
    • Zum größten Teil sachlich-neutral
    • Erzähler macht sich Gedanken über die Gegebenheiten

      Dieser Graben ist gerade so breit und an der Außenwand so tief, dass ein Affe ihn weder durchklettern noch überspringen kann. Von außen herein ginge es wohl; aber zurück geht es nicht.

      und wenn man Schuhe und Strümpfe auszöge und mit einwärts gestellter Ferse die Sohlen fest an die Rundung des Astes schmiegte und mit voreinander greifenden Händen auch recht zugriffe, müsste man gut an das Ende eines dieser von der Sonne gewärmten langen Äste gelangen können, die sich über den grünen Straußfedern der Pinienwipfel hinausstrecken.

      und es scheint nicht, dass er bemerken will, wie ehrfürchtig und misstrauisch alles zurückweicht

      und die gespannteste Aufmerksamkeit kann nicht unterscheiden, ob sein Gesicht dabei die Erfüllung einer Herrscherpflicht oder einer Terrainkur ausdrückt, bis alle Äste entleert sind und er wieder zurückkehrt.

      und könnten ihm den dünnen Hals mit einem Griff abdrehen

      Es braucht eine längere Zeit, ehe man bemerkt

      dass ein böser Bursche oder ein scherzhaftes Mädchen

      wie Wasser in einem geneigten Bottich

      und fünf andere mit ihm, die noch nicht unterscheiden können, welcher das Ziel dieses langen Blicks ist

      und nun wird es ganz unmöglich, sich so zu beherrschen, dass man weder zuviel noch zu wenig Angst zeigt

      Am Ende wird dem Terroraffen etwas unterstellt:
      Der Strahl seines Blickes ruht auf den Wipfeln des Pincio und der Villa Borghese, quer darüber hin; und wo er die Gärten verlässt, liegt hinter ihm die große gelbe Stadt, über der er, noch in die grüne, schimmernde Wolke der Baumwipfel gehüllt, achtlos in der Luft schwebt
      Frage: Wird er möglicherweise der neue König?
    • Insgesamt eine neutrale Darstellung, bei der der Erzähler als Berichterstatter sich zum Teil selbst mit Gedanken einbringt, aber auch auf Gedanken der Affenpersonen eingeht.
  7. Literarische – rhetorische – sprachliche Mittel
    • Er ist so kahl wie ein Schädel, den die Sonne und das Wasser blank geschält haben, und gelb wie ein Skelett“
    • wie ein Mast in den Zement einer ovalen Insel gepflanzt,“
    • und wenn man Schuhe und Strümpfe auszöge und mit einwärts gestellter Ferse die Sohlen fest an die Rundung des Astes schmiegte und mit voreinander greifenden Händen auch recht zugriffe, müsste man gut an das Ende eines dieser von der Sonne gewärmten langen Äste gelangen können, die sich über den grünen Straußfedern der Pinienwipfel hinausstrecken.“
    • Diese wundervolle Insel“
    • Selten kann man etwas so Dummes und Klägliches dennoch von einer unsichtbaren Würde umwallt sehen wie diesen jungen Affen.“
    • ein böser Bursche oder ein scherzhaftes Mädchen“
    • wie Wasser in einem geneigten Bottich“
    • während sich ruhig eine Seele in eine andere bohrt
    • ein Geschöpf ohne Halt und Scham
    • sie flackern lichtlos durcheinander wie die besessenen Seelen im Fegefeuer“
  8. Interpretation
    • Man kann in dieser Affenwelt ein Abbild der menschlichen Welt sehen, was dann im einzelnen erläutert werden müsste
    • Dabei kann man sich auf das Phänomen
      1. Der Gewaltausübung
      2. Aber auch des lustvollen Terror konzentrieren
      3. Sowie auf die Reaktion der Grabenaffen
    • Man kann überlegen, ob hier auch althergebrachtes Standesrecht möglicherweise einem der Baumaffen zum Opfer fällt – siehe den Schluss.

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