Schnell durchblicken bei der Ballade „Der untreue Knabe“ von Goethe (Mat4951)

Worum es hier geht:

  • Eine Alltagsgeschichte, nämlich, dass die Liebe zu Ende geht oder gar keine war und man verlassen wird:
  • Hier wird sie zu einer Ballade verarbeitet, die das Leiden des einen, dann das Schuldgefühl des anderen und schließlich ein düsteres Ende zeigt.
  • Insgesamt eine sehr düstere Schauergeschichte, bei der man sich fragt, wie man heute mit so einem Schicksal umgehen würde – gute Diskussionsanregung, gerade, wenn man Goethes Darstellung als übertrieben empfindet.
  • Dazu muss man auch wissen, dass Goethes Umgang mit Liebschaften nicht viel anders war, vgl. die beiden Fassungen des Gedichtes „Willkommen und Abschied“ – aber er hat das sehr gut verarbeitet.
    https://www.einfach-gezeigt.de/goethe-willkommen-und-abschied

Goethes Ballade

Sie ist u.a. hier zu finden.

Der untreue Knabe

  1. Es war ein Knabe frech genung,
  2. War erst aus Frankreich kommen,
  3. Der hatt ein armes Mädel jung
  4. Gar oft in Arm genommen
  5. Und liebgekost und liebgeherzt,
  6. Als Bräutigam herumgescherzt,
  7. Und endlich sie verlassen.
  • Die erste Strophe beschreibt das Schicksal einer Liebesbeziehung, bei der ein junges Mädchen auf die Liebesschwüre eines jungen Franzosen hereinfällt. Am Ende wird sie von ihm verlassen.
  • Interessant ist, dass Goethe hier möglicherweise Vorurteile im Hinblick auf Franzosen und ihr Liebesleben bedient.
  • Aber die gehörten wahrscheinlich zu seiner Zeit.
  1. Das braune Mädel das erfuhr,
  2. Vergingen ihr die Sinnen,
  3. Sie lacht‘ und weint‘ und bet‘ und schwur;
  4. So fuhr die Seel von hinnen.
  5. Die Stund, da sie verschieden war,
  6. Wird bang dem Buben, graust sein Haar,
  7. Es treibt ihn fort zu Pferde.
  • Die zweite Strophe zeigt dann eine extreme Reaktion des Mädchens.
  • Zunächst versucht sie alles, um den Jungen bei sich zu halten.
  • Als das nicht gelingt, stirbt sie sogar an ihrem Schmerz.
  • Der Junge ist entsetzt und verschwindet schnell.
  1. Er gab die Sporen kreuz und quer
  2. Und ritt auf alle Seiten,
  3. Herüber, hinüber, hin und her,
  4. Kann keine Ruh erreiten,
  5. Reit‘ sieben Tag und sieben Nacht;
  6. Es blitzt und donnert, stürmt und kracht,
  7. Die Fluten reißen über.
  • Offensichtlich will der Junge nicht nur Vorwürfen entgehen.
  • Vielmehr hat das Schicksal des Mädchens ihn so sehr mitgenommen,
  • dass er ganz außer sich ist, ruhe- und wohl auch ziellos durch die Gegend reitet
  • und schließlich in ein Unwetter gerät.
  1. Und reit‘ in Blitz und Wetterschein
  2. Gemäuerwerk entgegen,
  3. Bindt ’s Pferd hauß an und kriecht hinein
  4. Und duckt sich vor dem Regen.
  5. Und wie er tappt und wie er fühlt,
  6. Sich unter ihm die Erd erwühlt;
  7. Er stürzt wohl hundert Klafter.
  • Der Junge rettet sich dann in ein altes Haus.
  • Dort tut sich aber die Erde unter ihm auf
  • und er stürzt hinab.
  • Anmerkung: Hier verlässt die Ballade den Bereich normaler Erfahrungen. Offensichtlich wollte Goethe so Schuld und Sühne deutlich machen – aber eine, die von außen kommt, nicht von innen.

 

  1. Und als er sich ermannt vom Schlag,
  2. Sieht er drei Lichtlein schleichen.
  3. Er rafft sich auf und krabbelt nach;
  4. Die Lichtlein ferne weichen;
  5. Irrführen ihn die Quer und Läng,
  6. Treppauf, treppab, durch enge Gäng,
  7. Verfallne, wüste Keller.
  • Offensichtlich hat der Junge den Sturz aber überstanden
  • und entdeckt unten in der Erde ein Stollensystem, in dem er durch drei Lichter geführt und anscheinend irregeführt wird.
  • Die märchenhaften Züge vertiefen sich hier.
  1. Auf einmal steht er hoch im Saal,
  2. Sieht sitzen hundert Gäste,
  3. Hohläugig grinsen allzumal
  4. Und winken ihm zum Feste.
  5. Er sieht sein Schätzel untenan
  6. Mit weißen Tüchern angetan,
  7. Die wendt sich –
  • Er landet schließlich in einem Saal mit vielen Leuten,
  • die alle ziemlich heruntergekommen, wenn nicht sogar leichenhaft aussehen.
  • Am Ende entdeckt er seine tote Geliebte, die sich ihm zuwendet.
  • Damit bricht die Ballade ab – offensichtlich will die Ballade andeuten, dass er seine Schuld dadurch abbüßen muss, dass er der Geliebten in den Tod folgt und eine entsprechend schaurige Gemeinsamkeit folgt.

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