Schnell durchblicken: Kafka, „Das nächste Dorf“ (Mat8257)

Die kurze Erzählung haben wir u.a. hier gefunden:
https://www.textlog.de/kafka/erzaehlungen/das-naechste-dorf

Wir stellen sie hier – wie immer zerlegt und mit Anmerkungen kurz vor. Den Originaltext in kursiver Schrift, unsere Anmerkungen eingerückt.

Das nächste Dorf

Mein Großvater pflegte zu sagen: „Das Leben ist erstaunlich kurz.
Jetzt in Erinnerung drängt es sich mir so zusammen,
daß ich zum Beispiel kaum begreife, wie ein junger Mensch sich entschließen kann, ins nächste Dorf zu reiten, ohne zu fürchten, daß — von unglücklichen Zufällen ganz abgesehen — schon die Zeit des gewöhnlichen, glücklich ablaufenden Lebens für einen solchen Ritt bei weitem nicht hinreicht.

  • Der Text beginnt mit der Aufnahme einer Erfahrung, die manche ältere Menschen anscheinend haben und auch äußert. Ihnen  kommt am Ende des Lebens im Rückblick alles, was sie erlebt haben, irgendwie zusammengedrängt vor.
  • Dieser Gedanke wird auch direkt im Text geäußert,
  • aber ins Absurde hinein gesteigert.
  • Denn kein geistig gesunder Mensch denkt im Normalfall daran, seine Lebenszeit könnte nicht mehr reichen, um ins Nachbardorf zu gelangen.
  • Das gibt es leider in der Realität – aber wie gesagt – es gibt kaum einen Menschen, der daran denkt. Tut er es, würden die anderen ihm vielleicht sagen: Geh mal zum Arzt oder zumindest zum Psychotherapeuten.
  • Bleibt die Frage, wie man diese Geschichte dann interpretieren kann. Das heißt: ihr einen Sinn geben.
  • Zum Beispiel könnte man diese Geschichte für sich verstehen als sehr originelle Erinnerung, dass man sich der Endlichkeit des Lebens häufiger bewusst sein sollte.
  • Das trägt nicht nur zu mehr Intensität des Lebens bei,
  • sondern es sorgt vielleicht auch dafür, dass man sich weniger über Kleinigkeiten aufregt, die „sub specie aeternitatis“ (eigentlich „im Licht der Ewigkeit“ – und hier eben „im Licht der Endlichkeit“) nicht mehr viel Bedeutung haben.
  • Man könnte darüber diskutieren, ob man eine solche Haltung erreichen kann, ohne vielleicht gerade mit Glück einer fast tödlichen Krankheit oder einem Unfall entgangen zu sein.

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