Klabund, „Geliebte“ – Möglichkeit des Vergleichs mit einem Gedicht von Brecht (Mat4711)

Worum es hier geht:

  • Das Gedicht „Geliebte“ von  Klabund – thematisiert die Angst vor dem Tod – in diesem Falle der Geliebten, ausgelöst durch besondere Umstände.
  • Der Dichter heißt eigentlich Alfred Henschke hat dann aber im Jahre 1912 für sich den Künstlernamen (Pseudonym) „Klabund“ gewählt.
  • Das Lyrische Ich hat ganz plötzlich in der Nacht das Gefühl, dass die Frau neben ihm tot sein könnte oder sterben wird.
  • Das verstärkt sich dann im Verlauf des Gedichtes so sehr, dass es sich bereits vorstellt, wie ihr Sarg aus dem Haus getragen wird.
  • Das Besondere ist der Rücksprung in die Wirklichkeit und ein noch intensiveres Ausleben der aktuell noch möglichen Beziehung,
  • Damit ergibt sich die Möglichkeit des Vergleichs mit einem Gedicht von Brecht: „Brecht, Entdeckung an einer jungen Frau
    https://textaussage.de/brecht-entdeckung-an-einer-jungen-frau

Grafische Bearbeitung des Gedichtes

Erläuterung des Inhalts

Geliebte,

Als ich mich heute Nacht in den Kissen richtete,
Traf mich dein Atem wie das Sägen des Totenwurms,
Der sich mit dem Surren des Sturms
Draußen – zu dumpfer Symphonie verdichtete.

  • Die erste Strophe macht schnell deutlich, dass sich dieses Gedicht an die Geliebte des lyrischen Ichs richtet.
  • Was dann inhaltlich präsentiert wird, spricht aber für eine sehr seltsame Liebesbeziehung. Das lyrische ich hat sich in der Nacht „gerichtet“. Gemeint ist damit wohl, dass es für sich etwas zurechtgelegt oder klar bekommen hat, was es dazu bewegt hat, die normale Schlafhaltung zu verlassen.
  • Was das lyrische Ich so „auf-geregt“ hat, wird denn allerdings auf sehr dichterische Art und Weise in Bilder gefasst. Auf jeden Fall wird deutlich, dass es die Nähe der Geliebten mit dem Tod verbindet. Es stellt noch einen Zusammenhang her mit dem Sturm her, der draußen tobt. Auf jeden Fall wird der Eindruck erweckt, dass der Tod oder der Eindruck des Todes von der Geliebten ausgeht.
  • Was damit wirklich gemeint ist, bleibt zunächst unklar.

Auf der Straße klang es wie ein Getreck
Von Wagen zu einem Leichenzug…
Das Haustor knirschte… im Zimmer war Totenruch…
Sie wollten den Sarg auf ihre Schultern heben…
Da riß ich dich an mein lebendiges Leben
Und küsste den Tod dir von den Lippen weg.

  • Die Signale von Tod und Begräbnis setzte sich in der zweiten Strophe fort.
  • Deutlich wird, dass die Bedrohung immer näher kommt.
  • In der dritten Zeile wird sogar der Eindruck erweckt, als wäre die Geliebte schon real tot und im Sarg und soll jetzt weggebracht werden.
  • Die Konsequenz ist, dass das lyrische Ich sich voll auf sein Noch- lebendig-Sein konzentriert und der Geliebten den Tod von den Lippen weg zu küssen versucht.
  • Wenn man das Gedicht ganz oberflächlich betrachtet, ergibt sich der Eindruck, dass die Geliebte nachts gestorben ist, das lyrische Ich, das plötzlich merkt und darauf in panische Verzweiflung gerät.
  • Dagegen spricht allerdings, dass das lyrische Ich vom Arten der Geliebten getroffen wird, die kann also noch nicht tot sein.
  • Das ermöglicht dann ein Verständnis, bei dem im lyrischen Ich plötzlich ein Bewusstsein von Endlichkeit und Tod aufkommt und es darauf hin mit besonders heftiger Liebe bzw.  Liebesbezeigungen reagiert.

Zusammenfassung

  • Insgesamt auf jeden Fall ein Gedicht, dass die äußerste Bedrohung für eine Liebesbeziehung präsentiert und darauf mit einer besonderen Bekräftigung liebevoller Gefühle reagiert, mit dem Ziel, diese Endlichkeit zu überwinden.
  • Ganz gleich, was das, was mit diesem Gedicht wirklich gemeint ist und ausgesagt werden soll, es wirft auf jeden Fall die spannende Frage auf, in welchem Verhältnis Liebe und Tod zueinander stehen. 

Klausurbedeutung: @@@

Das Folgende haben wir aus einem EBook übernommen, das wir hier mit Erlaubnis des Verfassers nutzen dürfen. Da werden noch mehr wichtige Gedichte des Expressionismus vorgestellt und jeweils im Hinblick auf den möglichen Einsatz bei einer Klausur bewertet.

Zu bekommen ist es u.a. hier.

(Die Anzahl der @-Zeichen macht unsere Einschätzung der Klausurbedeutung sichtbar – wie die Sternchen bei Hotel-Bewertungen!)

Das Gedicht eignet sich recht gut für eine Klausur, am besten allerdings in einem Vergleich mit einem dazu passenden Gedicht Bertolt Brechts – siehe die folgende Anmerkung.

Anregung: Vergleich mit dem Gedicht von „Brecht“

In seinem Gedicht „Entdeckung an einer jungen Frau“ thematisiert Bertolt Brecht eine vergleichbare Situation – nur ist es diesmal eine graue Strähne im Haar einer jungen Frau, mit der das Lyrische Ich wohl eine Liebesnacht verbracht hat. Auch hier kommt es am Ende zu einer Intensivierung der Begegnung, allerdings wohl vorwiegend auf der körperlichen Ebene: „Und es verschlug Begierde mir die Stimme.“ Was die Kommunikation der Vergänglichkeitsfantasie angeht, so bleibt der Partner weitgehend stumm, schafft schließlich nur die Aufforderung: „Doch nütze deine Zeit; das ist das Schlimme, / Dass du so zwischen Tür und Angel stehst.“ Ansonsten ist vom Gefühlsleben der Frau keine Rede, man hat den Eindruck, das körperliche Begehren des Mannes steht allein im Vordergrund.

Das Gedicht findet sich u.a. in
Die Gedichte von Bertolt Brecht in einem Band, herausgegeben vom Suhrkamp-Verlag für die Gedichte 1-3 in Zusammenarbeit mit Elisabeth Hauptmann, 1. Auflage, Suhrkamp-Verlag: Frankfurt 1981

Eine Rezitation findet sich auf der Seite:
https://www.deutschelyrik.de/index.php/entdeckung-an-einer-jungen-frau.html
Damit hat man die Möglichkeit, eigene Akzentuierungen zu vergleichen.

Weitere Vergleichsmöglichkeit: Brecht, „Morgens und abends zu lesen“

Das Gedicht ist z.B. hier zu finden.

http://www.alb-neckar-schwarzwald.de/poetas/brecht/

Es macht auf eine harmlosere Weise deutlich, wie sehr die Liebe einen Menschen dazu bringt, auch auf sich selbst zu achten.

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

https://textaussage.de/weitere-infos