Bölls Kurzgeschichte „Meine ungezählte Geliebte“ und Geigers Roman „Unter der Drachenwand“

Anmerkungen zu einem möglichen Vergleich zwischen Bölls Kurzgeschichte „An der Brücke“ und der Beziehung von Veit und Margot im Roman „Unter der Drachenwand“

Kleine Bemerkung: Der Titel „Die ungezählte Geliebte“ oder „Meine ungezählte Geliebte“ ist aber noch treffender 🙂 Das macht nämlich deutlich, dass es hier um etwas geht, was ganz zu ihm gehört, wenn auch wohl nur in der Fantasie, aber mit einer äußerst positiven Auswirkung 🙂

  1. Wenn man die beiden Liebesgeschichten, soweit man davon sprechen kann, miteinander vergleicht, fällt zunächst einmal auf, dass in Bölls Geschichte die Liebe völlig einseitig ist und bleibt. Demgegenüber kann man im Drachenwand-Roman schon von wirklicher Liebe sprechen.
  2. Dazu kommt, dass die Kurzgeschichte einem vorkommt wie ein antiautoritärer Gag, der andeutungsweise einen ernsten Hintergrund hat, der wird aber in der Geschichte nicht ausgeführt. nur am Anfang angedeutet, wenn von einer Kriegsverletzung die Rede ist.
  3. Es passt einfach so viel in dieser Geschichte nicht, zusammen, dass man sie einfach nicht ernst nehmen kann, was die behauptete Liebe angeht. Es fällt ja schon auf, wie distanziert und von oben herab der Erzähler von seiner angeblichen Geliebten spricht.
  4. Demgegenüber riskiert Veit sein Leben, um bei Margot und ihrem Kind länger bleiben zu können.
  5. Gemeinsam ist beiden Geschichten, dass sie einen spezifischen Widerstand gegen das Nur-Opfer-Dasein der Soldaten im Krieg oder danach ausdrücken. Die Geschichte lebt von der ziemlich spaßhaften Grund-Idee, die es dem Ich-Erzähler ermöglicht, zum handelnden Subjekt zu werden und nicht einfach nur Objekt zu sein, wie es das Soldaten/Schicksal normalerweise ist.
  6. Veit zeigt auch sehr viel Eigensinn und die Bereitschaft, zum handelnden Subjekt zu werden. Auf schreckliche, mörderische Weise geschieht das gegenüber seinem Onkel. Auf potentiell selbstmörderische Weise bei der Fälschung der Verlängerung der Genesungszeit.
  7. Und was die Liebe angeht, ist sie bei Böll nichts anderes als ein Element, mit dem man die Obrigkeit hintergehen und sich selbst ein gutes Gefühl verschaffen kann. Im Drachenwand-Roman handelt es sich um wirkliche Liebe, die vom Autor dann am Ende auch eine gemeinsame Zukunft geschenkt bekommt, eher ungewöhnlich für einen fiktiven Roman, was die Realitätsbehauptung angeht.
  8. Fazit: Auf den ersten Blick also eine etwas seltsame Vergleichsaufgabe, weil es so wenig Gemeinsamkeiten gibt. Aber wie wir ausgeführt haben kommt man auf diese Art und Weise doch am Ende zu einem interessanten Vergleichspunkt, den man bei Böll eher mit einem erleichterten Lachen, im anderen Fall zumindest teilweise mit Mitgefühl verbinden kann.