Wahrnehmung und Auseinandersetzung statt Analyse hoch zwei (bearbeitet)

Im folgenden soll gezeigt werden, wie man eine Argumentation systematisch aufbauen kann.

Es geht dabei inhaltlich um die Frage, wie beim Umgang mit Literatur im Deutschunterricht  die Schüler und Schülerinnen besser erreichen könnte.

Unser Autor Anders Tivag hat bei seinem Text mit dem Titel

„Wahrnehmung und Auseinandersetzung statt Analyse hoch zwei“

mal durch eine entsprechende Gliederung deutlich gemacht, wie er aufgebaut ist.

  1. Warum
    1. führen mehrere Jahre Deutschunterricht häufig dazu, dass Schüler sich an nichts erinnern können oder nach kurzer Bedenkzeit auf negative Erlebnisse hinweisen.
    2. Am häufigsten genannt werden
      1. die angebliche Beliebigkeit von Interpretationen,
      2. das damit häufig verbundene Gefühle der Unterlegenheit gegenüber der Lehrer
      3. die Angst vor sich unverständlich präsentierenden Texten
      4. und schließlich ein Umgang mit dem Phänomen Interpretation, das eigentlich nichts ist als eine zweite Analyse, nur mit einem neuen, über den Text hinausgehenden Sachverhalt.
      5. Da wird dann mehr
        1. nach der Einordnung in die Epochen der Literaturgeschichte gefragt
        2. als nach der Relevanz für unsere heutige Gegenwart oder mögliche persönliche Lebensumstände
        3. oder nach kreativen Möglichkeiten, den Text zu verändern, zu ergänzen, weiterzuschreiben.
    3. Natürlich gibt es auch Schüler,
      1. die ganz bewusst den Leistungskurs Deutsch oder später das Fach Germanistik an der Universität wählen.
      2. Die Motive dafür sind aber nicht immer nur edel, man hat natürlich in beiden Fachgebieten in der Regel auch geringere Zugangshürden als in einer Fremdsprache oder einer Naturwissenschaft.
  2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Frage, ob es im Deutschunterricht nicht auch Spielräume gibt, die mehr Freude an Literatur auslösen und gewissermaßen als Nebeneffekt auch mehr Verständnis.
  3. Nötig wäre dazu
    1. zunächst einmal ein offenes Gespräch über das, was den Deutschunterricht häufig so mühsam macht.
      1. Das sind vor allem die stark germanistisch angehauchten Vorgaben und Aufgaben, die den Deutschunterricht weithin kennzeichnen.
      2. Nur selten wird von der direkten Wahrnehmung ausgegangen, die dann zu einer zunächst eigenen und dann auch gemeinschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Text und den eigenen Ideen dazu führt.
  4. Besonders
    1. verhängnisvoll ist ein Unterricht, der mit Schubladenwissen und Checklisten beginnt.
    2. Viel natürlicher und letztlich auch sinnvoller ist es doch, wenn man vom Objekt, also dem gegebenen Text ausgeht und sich dann nach und nach an seine Eigenart und an mögliche Aussagen heranarbeitet.
  5. Man muss nicht gleich
    1. mit den Kennzeichen der Kurzgeschichte beginnen und sie dann suchen lassen.
    2. Viel sinnvoller ist es doch, zum Beispiel die Schüler den direkten Einstieg und das offene Ende erst feststellen zu lassen und damit verbunden vielleicht auch den Ausschnittcharakter des Inhalts im Hinblick auf das Leben einer Person.
    3. Dann kann man sich die Frage stellen, warum diese Gattung Kurzgeschichte bei vielen Schriftstellern so beliebt ist.
    4. Vielleicht findet man dann auch im Internet selbstständige Versuche von Schülern, die Möglichkeiten und Grenzen dieser Gattung auch selbst mal auszutesten.
    5. Die dabei gemachten Erfahrungen dürften länger im Gedächtnis haften bleiben als die checklistengestützte Vorbereitung auf eine Klassenarbeit, von der häufig nicht mehr übrig bleibt als Erleichterung oder Frustration, vor allem aber die Bereitschaft, alles schnell wieder zu vergessen.
  6. Der Sorge,
    1. ein solches Vorgehen, das stärker von den Schülern, ihren Bedürfnissen und ihren Verständnismöglichkeiten ausgeht, könnte zu einem Niveauverlust führen,
    2. kann man leicht begegnen.
    3. Nachdem man selbst erst einmal ein Verständnis vor dem Hintergrund des eigenen Wissens erreicht hat, ist es besonders spannend, das zu vergleichen mit dem, was Fachleute zu dem literarischen Text noch zusätzlich herausgefunden haben.
    4. Dazu kann dann auch die Auswertung der gut gemeinten Hinweise im Deutschbuch gehören.
    5. Eine solche Zweistufigkeit des Umgangs mit Literatur
      1. dürfte letztlich auch bei Lehrern zu einem größeren Verständnis für die Ausgangssituation der Schüler beim Umgang mit dem Text und die durchaus vorhanden Erweiterungsmöglichkeiten führen.
      2. Auf jeden Fall wird die Autonomie der Schüler gestärkt, vielleicht auch mehr Einsicht wenn sie sehen, was schon in ihnen steckt und was noch hinzugefügt werden kann.
      3. Das Expertenwissen steht plötzlich unter der spannenden Fragestellung:
        1. Was davon habe ich schon gewusst?
        2. Was davon hätte ich auch selbst heraus kriegen können?
        3. Und für welche zusätzlichen Impulse kann ich dankbar sein?
        4. Was aber ist auch überhaupt nicht nachvollziehbar oder müsste noch einmal überprüft und gegebenenfalls neu durchdacht werden?
  7. Auf jeden Fall
    1. dürfte durch eine solche Veränderung des Deutschunterrichts die Fähigkeit der Schüler zur Wahrnehmung von Literatur und zur Auseinandersetzung darüber gestärkt werden.
    2. Die durchaus hilfreichen Checklisten und sonstigen Informationen beziehungsweise Hinweise in den Schulbüchern gehören dann auch eher zum zusätzlichen Expertenwissen, dem man sich unter den oben genannten Fragenstellungen nähern kann.

Weiterführende Hinweise