Warum ist die Novelle so eine interessante literarische Gattung? (Mat5831)

Worum es hier geht:

Die Novelle ist eine besonders interessante literarische Gattung, weil sie das Erzählerische mit dem Dramatischen verbindet. Im Folgenden wird auf die wichtigsten Merkmale eingegangen und ein besonders aussagekräftiges Beispiel vorgestellt.

Wörtlich bedeutet „Novelle“ – vom lateinischen „novela“ kommend: „Neuigkeit“ – und dementsprechend wurde die Novelle auch als eine Erzählung bezeichnet, in der eine „unerhörte Begebenheit“ präsentiert wird.

Damit ist zunächst wirklich gemeint „noch nicht gehört“, also „neu“. Aber es steckt auch etwas anderes darin, nämlich tatsächlich das „Unerhörte“, weil Novellen häufig eben auch dramatisch sind.

Ein Roman ist relativ breit angelegt, will eine ganze Welt zeigen – und das durchaus auch in mehreren Handlungen, die zum Teil nebeneinander herlaufen und sich nur hin und wieder oder gar erst am Ende berühren.

Eine Novelle dagegen konzentriert sich auf einen Konflikt und damit auch auf eine Handlung und unterstützt das zum Teil auch noch durch die Verwendung eines Dingsymbols (man denke an „Die Judenbuche“).

Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“: Der Auslöser der Problemgeschichte
Nehmen wir ein berühmtes Beispiel: „Michael Kohlhaas“ von Kleist. Da ist ein Pferdehändler guten Gewissens und gut gelaunt in Geschäften unterwegs – und wird plötzlich an einer Burg aufgehalten, weil er angeblich einen Passierschein benötigt, den er sich hätte vorher besorgen müssen.

Ungerechtigkeit, Teil 2:
Schließlich lässt er seine Pferde als Pfand zurück, erfährt bei seinen Recherchen, dass an der Passierscheinnotwendigkeit nichts dran war, kehrt ein bisschen sauer zurück und ist bald mehr als zornig, weil man seine Pferde in der Zwischenzeit sich hat kaputtarbeiten lassen.  Der sie betreuende Knecht ist zudem vom Hof geprügelt worden und schwer verletzt.

Ungerechtigkeit, Teil 3 – und Selbstjustiz
Im weiteren Verlauf verstärken sich zwei Entwicklungen gegenseitig: Kohlhaas bekommt in keiner Instanz sein Recht – und sein Zorn steigert sich bis zur Selbsthilfe. Er überfällt die Burg und später sogar Klöster und Städte. Am Ende wird ihm dann doch noch Gerechtigkeit: Er muss zwar seinen Kopf auf den Block legen und wird für seine Untaten hingerichtet, aber vorher sieht er noch seine Pferde wohlgenährt wieder bei sich.

Typisch für die Novelle: Eindimensionalität und z.T. ein Dingsymbol
Deutlich wird hier auch, dass die Novelle nur einen Handlungsstrang hat, der sich häufig um ein Dingsymbol herum bewegt – man denke etwa auch an Beispiele wie „Die Judenbuche“ oder „Die schwarze Galeere“.

Besondere Verbreitung im 19. Jhdt
Beliebt waren Novellen vor allem im 19. Jahrhundert, allein Theodor Storm hat es auf mehr als 100 gebracht.

Novellistisches auch im Roman möglich – am Beispiel von Roths „Hiob“
Natürlich kann es Elemente des Novellistischen auch in größeren Werken geben. in Roths Roman „Hiob“ gibt es insgesamt nur eine durchlaufende Handlung, auch wenn zwischendurch Teilstränge erzählt werden (etwa die Fahrt der Mutter zum Wunderrabbi oder ein Teil des Schicksals der Söhne).

Dramatisch sind aber nur einige Teile – insgesamt ist die Handlung bei weitem nicht so zielgerichtet wie in „Michael Kohlhaas“.

Ein Dingsymbol fehlt völlig – es sei denn, man nimmt den behinderten Menuchim mit der Frage des Wunders als geheimes Zentrum des Romans – wofür dann allerdings manches spricht.

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