Worauf kommt es bei einer Inhaltsangabe an? (Mat6111)

Worum es hier geht:

Im folgenden geht es uns um Inhaltsangaben zu literarischen Texten, von der Ballade über die Kurzgeschichte bis hin zu einem Drama oder einem Roman.

Inhaltsangabe zu Sachtexten folgen anderen Regeln.

  1. Sachliche Knappheit / Umfang
    • möglichst knapp
    • Konzentration auf das Wesentliche
    • abhängig vom Nutzer bzw. Auftraggeber:
    • Einem Theaterbesucher reicht der Hinweis: „In Dürrenmatts Theaterstück ‚Der Besuch der alten Dame‘ geht es um eine von ihrem Liebhaber mit einem Kind sitzen gelassene Frau, die sich viele Jahre später an dem Mann rächt und dabei auch noch die gesamte Bevölkerung seiner Stadt mit einbezieht.“
    • Ein anderer möchte darüber hinaus noch genauere Hinweise auf die Umstände des Verrats, den Ablauf der Rache und die Frage, wie die ganze Bevölkerung einbezogen wird.
  2. Sachliche Hinweise zum Gegenstand (Verfasser, Titel, Gattung, Entstehungszeit)
    • Beispiel: „Dürrenmatts Theaterstück ‚Der Besuch der alten Dame‘ ist eine Tragikomödie, die 1956 uraufgeführt worden ist.“
  3. Angabe des Themas
    • In dem Stück geht es um den Umgang mit Schuld, Möglichkeiten und Probleme der Rache sowie die Frage der Verführung einer großen Menschengruppe.
  4. Tempus:
    • Präsens, weil es nicht um ein reales vergangenes Geschehen geht, sondern um den Inhalt eines Textes, der beim Lesen gegenwärtig ist.
    • Bei Vorzeitigkeit verwendet man das Perfekt.
    • Auf gar keinen Fall das Plusquamperfekt,
    • weil man sonst fast zwangsläufig in Präteritum verfällt, was gegen den ersten Punkt verstößt.
    • Beispiel (falsch): „Nachdem Ill weder beim Polizisten noch beim Bürgermeister und sogar nicht einmal beim Pfarrer Unterstützung gefunden hatte, entschloss er sich …
    • Beispiel (richtig): „Nachdem Ill weder beim Polizisten noch beim Bürgermeister und sogar nicht einmal beim Pfarrer Unterstützung gefunden hat, entschließt er sich …
  5. Verzicht auf Zitate
    • Die sind problematisch, weil sie nicht in die knappe Darstellung passen.
    • Dementsprechend werden sie am besten umschreibend zusammengefasst,
    • ggf. wird die indirekte Rede verwendet.
    • Beispiel: „Als der Bürgermeister das Angebot der alten Dame empört zurückweist, bleibt diese gelassen und erklärt nur, sie werde warten.“
  6. Verzicht auf wörtliche Rede
    • Bei der handelt es sich ja auch um ein Zitat, von daher trifft das eben Gesagte auch hier zu.
    • Ausgewichen wird in die indirekte Rede, aber möglichst mit Kürzung – siehe das Beispiel oben.
  7. Induktive oder deduktive Vorgehensweise
  8. Einleitung
    • Vorstellung des Objekts: Verfasser, Titel, Gattung, Erscheinungsjahr
    • Dazu das Thema – siehe oben
    • Das wäre die deduktive Variante, bei der man erst das Ergebnis der Analyse, hier die Erkenntnis und Formulierung des Themas als These präsentiert und dann in der Inhaltsangabe gewissermaßen die Beweise bringt.
    • Bei der induktiven Methode, die wir eigentlich bevorzugen, weil sie den Leser mehr berücksichtigt, kann man das auch als Zusammenfassung bringen.
  9. Hauptteil
    • Hier geht man am besten vom zentralen Punkt, einer Figur oder einem Ereignis aus und entwickelt es an schließend in verschiedene Richtungen, die einem wichtig sind.
    • Beispiel:
      • In Dürrenmatts Theaterstück „Der Besuch der alten Dame“, einer Tragikomödie, die 1956 uraufgeführt worden ist, geht es um den Umgang mit Schuld, Möglichkeiten und Probleme der Rache sowie die Frage der Verführung einer großen Menschengruppe.
      • Das Stück beginnt damit, dass eine ganze Stadt auf eine ehemalige Mitbürgerin wartet, von der man sich auf Grund ihres Reichtums Hilfe in der Not erwartet.
      • Eine wichtige Rolle soll dabei ihr ehemaliger Geliebter, ein Kaufmann namens Ill, spielen.
      • Es stellt sich dann bald heraus, dass dieser die Frau samt unehelichem Kind damals schmählich im Stich gelassen hat und dabei von anderen unterstützt worden ist.
      • Die alte Dame nutzt nun ihren Reichtum, indem sie ein Geschenk an die Stadt mit der Erwartung verknüpft, Ill werde sterben.
      • Dieser wird im Laufe der Zeit von allen verlassen, die seine Schuld nutzen, um sich die Chance auf Reichtum zu erhalten.
      • Er tut seinen Mitbürgern aber nicht den Gefallen, sich selbst umzubringen, sondern erkennt seine Schuld an und ist auch bereit, sich von ihnen töten zu lassen.
      • Dies geschieht in einer großen Abschiedsversammlung, an deren Ende die alte Dame die Leiche Ills im Sarg mit sich nimmt.
  10. Schluss
    • Wenn das Thema am Anfang noch nicht deduktiv angegeben worden ist,
    • kann man es hier in einer Art Zusammenfassung bringen.
    • Je nach Aufgabe und Zweck kann man jetzt noch einige Fragen nennen, die sich bei der Lektüre des Stücks ergeben. Dies gehört allerdings nicht mehr zu der „reinen Inhaltsangabe“.
  11. Interpretation
    • Gehört nicht mehr zur Inhaltsangabe,
    • kann aber interessant sein, hängt von der Aufgabenstellung und den Wünschen der Adressaten ab.
  12. Eigene Meinung (Im Unterschied zu einer Buchvorstellung)
    • Gehört nicht mehr zur sachlichen Inhaltsangabe,
    • sondern erfüllt schon andere Zwecke, etwa um ein Gespräch über den Text auszulösen.

Und das Wichtigste:

Nicht diese ganzen Punkte auswendig lernen, sondern

  1. möglichst verstehen, worauf es ankommt und
  2. möglichst viele gute Inhaltsangaben lesen.

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