Zum Titel:
Er ist kurz und allgemein und nennt nur das, womit es sich beschäftigen will. Das ist aber noch nicht das Thema, denn das hat man erst, wenn man die Aussage des Gedichtes herausbekommen hat. Die ist nämlich die Antwort auf eine Problemfrage. Darauf gehen wir gleich noch ein, wenn wir die Aussage haben.
Die Grundhaltung des Gedichtes:
Das Gedicht wendet sich an ein Gegenüber, das gesiezt wird, sich also nicht einfach auf das lyrische Ich zurückbezieht – indirekt aber sicher auch im Sinne einer Selbstvergewisserung.
Die 1. Strophe …
stellt ein Vor-Urteil in Frage, nämlich die angenommene Vorstellung, Zürich sei „eine tiefere Stadt“, die immer „Wunder und Weihen“ präsentiert. Gemeint ist damit jede Vorstellung, dass Zürich ein Ort ist mit großer Bedeutung und Wirkung.
Die 2. Strophe …
führt das fort am Beispiel von „Habana“. Gemeint ist wohl die Stadt, die wir heute Havanna nennen, die Hauptstadt Kubas. Es wird auf tropische Schönheit verwiesen und in Frage gestellt, dass man dort „ewiges Manna“ fände – eine Anspielung auf die Bibel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Manna
Dabei handelt es sich um besondere Nahrung, die ein Volk beim Durchmarsch durch die Wüste erhalten hat – deshalb auch der Hinweis auf die „Wüstennot“, hier aber bezogen auf den Reiselustigen und seine Sehnsucht.
Die 3. Strophe …
nennt dann nur noch Straßen, die viel mit Ferne zu tun haben und behauptet, auch dort gebe es nur „Leere“.
Die letzte Strophe …
bringt dann ein Fazit und nennt das Reisen „vergeblich“. Das mündet nach Auffassung des lyrischen Ichs in der Erfahrung, dass man „bleiben“ sollte, also da, wohin man eigentlich gehört. Entscheidend ist, dass „das sich umgrenzende Ich“, also das eigene Innere die „Stille “ bewahrt. Gemeint ist damit wohl innere Ruhe bzw. Ausgeglichenheit.
Aussage und Thema
Das Gedicht zeigt
- die Einsicht des lyrischen Ichs in die seiner Meinung nach vergebliche Sehnsucht
- nach anderen Orten, die man sich schön zurechtfantasiert, was aber nur zur Enttäuschung führen könne.
- die Konzentration auf einen vertrauten Ort,
- der es dem inneren Selbst erlaubt, sich voll auf sich zu konzentrieren
- und dabei „still“ zu werden, was wohl soviel heißt wie: Ruhe finden, Ausgleich
Thema des Gedichtes
- ist damit die Frage, was das Reisen eigentlich bringt
- und inwieweit es eine Alternative dazu gibt, um seine inneren Bedürfnisse zu befriedigen.
Vergleich dieses Gedichtes mit anderen zum gleichen Thema:
https://www.schnell-durchblicken2.de/unt-hesse-resignation-benn-reisen
https://www.schnell-durchblicken2.de/eichendorff-gesellen-benn-reisen
Intertextualität auf dem Level von Schülern
Es ist immer wieder schön, wenn man in der Schule nicht nur Gedichte analysiert, sondern mit ihnen auch etwas macht.
Im Folgenden hat mal jemand versucht, das Gedicht von Benn „postmodern“ zu verarbeiten:
Reisen ist schön, sagen die einen.
reisen ist Stress, sagen die anderen.
mal erlebe ich das eine,
mal das andere.
Was soll ich tun?
ach, ist egal.
In New York
auch keine Wunder
Es stimmt schon:
Überall fällt einen
die Leere an.
wie schön wäre es,
wenn man sein ich
bewahren könnte
Deutlich wird hier auf jeden Fall:
- die „anything goes“-Haltung,
- der Verzicht auf höhere oder auch tiefere Einsichten, was bei Benn ja nicht gegeben ist. Dort wird nur der Ferne abgesprochen, dass sich an fremden Orten wie von selbst Tiefe herstellt,
- das Spiel mit anderen Texten (Intertextualität), die aufgenommen werden, ohne sie groß abwandeln zu wollen.
Wer noch mehr möchte …
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