5-Min-Tipp zu Heines Gedicht „Verheißung“ (Mat5334)

Worum es hier geht:

Gezeigt werden soll, worum es in diesem Gedicht geht.

Heinrich Heine

Verheißung

  • Die Überschrift blickt in die Zukunft und zwar positiv. Das muss im Kontext des Vormärz gesehen werden. Viele Deutsche hofften auf Veränderungen der aktuellen Situation, die wenig mit Demokratie und Menschenrechten zu tun hatte – allenfalls gab es ein bisschen verfassungsmäßige Einschränkungen für einige deutsche Fürsten.

Nicht mehr barfuß sollst du traben,
Deutsche Freiheit, durch die Sümpfe,
Endlich kommst du auf die Strümpfe,
Und auch Stiefel sollst du haben!

  • Hier wird in einem Bild eigentlich eine soziale Notlage präsentiert, die hier aber politisch gemeint ist. Barfuß kann man nicht gut kämpfen.
  • Die Strophe bleibt dann im Bild und verspricht bessere Ausrüstung.
  • Insgesamt bleibt das aber sehr unkonkret.
  • Interessant ist die direkte Anrede und damit die Personifikation der Freiheit.

Auf dem Haupte sollst du tragen
eine warme Pudelmütze,
Dass sie dir die Ohren schütze
In den kalten Wintertagen.

  • Jetzt wird es noch seltsamer, denn die „Pudelmütze“ schützt zwar vor Kälte, aber wieso das der Freiheit helfen soll, bleibt unklar.
  • Für die Frage, warum die Ohren nur geschützt werden sollen, gilt dasselbe.

Du bekommst sogar zu essen ­
Eine große Zukunft naht dir! ­
Lass dich nur vom welschen Satyr
Nicht verlocken zu Exzessen!

  • Spätestens jetzt sollte der Ironie-Detektor anspringen.
  • Denn offensichtlich geht es um Versprechungen – zunächst im materiellen Bereich, dann ganz wieder auf die Zukunft bezogen – aber ohne jede Konkretheit.
  • Die letzten beiden Zeilen warnen sogar davor, die Franzosen im Hinblick auf ihre Revolutionen von 1789 und 1830 nachzuahmen.
  • Das klingt alles fast so, als ob ein Monarchensprecher das Volk vertrösten möchte.

Werde nur nicht dreist und dreister!
Setz nicht den Respekt beiseiten
Vor den hohen Obrigkeiten
Und dem Herren Bürgermeister!

  • Am Ende ist es ganz klar, dass das hier Heine nicht wirklich meinen kann.
  • Denn mit „Respekt“ vor den „hohen Obrigkeiten“ und dann noch – fast schon satirisch – vom dem Herren Bürgermeister erkämpft man sich keine Freiheit.

Insgesamt zeigt das Gedicht

  • sehr oberflächliche Versprechungen,
  • die in keiner Weise konkret sind
  • und sogar im Kern kontraproduktiv,
  • weil die bestehenden Verhältnisse in Form der Obrigkeit sogar respektiert werden sollen.

Möglicherweise hat Heine sich hier einfach einen Scherz erlaubt, weil er unzufrieden war mit der Revolutionsbegeisterung im Volk.

Vielleicht wollte er auch so deutlich einen falschen Ratschlag geben, dass sich dagegen Empörung regen musste – das wäre dann eher ein Impuls in die richtige Richtung. Das Gedicht wäre dann ein etwas beißender Denkanstoß.

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