Ewald Arenz, „Schlüsselerlebnis“ – Anregungen für den Unterricht (Mat1040-aui)

Was man mit der Kurzgeschichte „Schlüsselerlebnis“ alles anfangen kann.

Auf der Seite
https://textaussage.de/ewald-arenz-schluesselerlebnis
gehen wir darauf ein, wie man zu dieser Kurzgeschichte eine gute Inhaltsangabe schreibt.

Auf dieser Seite wollen wir uns der Frage zuwenden, was man mit dieser Geschichte alles anfangen kann.

Variante 1: Die Geschichte in Erzähl-Elemente zerlegen

Erster Schritt : Ein Mann kommt spätabends nach einem Theaterbesuch nach Hause. Als er die Tür öffnen möchte, stellt er fest, dass von innen ein Schlüssel steckt und er nicht hineinkommt.

Zweiter Schritt : Er versucht, die Aufmerksamkeit der Hausbewohner zu erregen, indem er klopft und klingelt. Doch weder seine Frau, die tief schläft, noch seine älteren Kinder, die entweder Musik hören oder feiern, reagieren.

Dritter Schritt : Schließlich hört der dreijährige Sohn Otto das Klingeln. Er kommt verschlafen zur Tür und spricht mit seinem Vater durch die geschlossene Tür.

Vierter Schritt : Otto fragt seinen Vater, ob er ein „Böser“ sei. Obwohl der Vater versuchte, Otto dazu zu bringen, die Tür zu öffnen, interpretierte das Kind die Situation spielerisch und droht, ein Schwert zu holen, um den „bösen Mann“ zu bekämpfen.

Fünfter Schritt : Otto kehrt nach kurzem Suchen zurück, wechselt aber abrupt das Thema und bittet darum, fernsehen zu dürfen. Der Vater ist genervt, versucht jedoch weiterhin, Otto dazu zu bringen, den Schlüssel zu drehen.

Sechster Schritt : Otto schafft es, am Schloss zu drehen, verschließt die Tür jedoch noch fester. Nach einem kurzen Gespräch beschließt Otto fröhlich, fernzusehen, und ignoriert die weiteren Bitten seines Vaters.

Siebter Schritt : Der Vater gibt endlich auf und verbringt die Nacht in einem kalten Liegestuhl auf der Veranda. Die Katze bringt ihm eine Maus als „Trost“.

Achter Schritt : Am Morgen wird der Vater von seiner Frau geweckt, die mit einer Kaffeekanne in der Tür steht. Sie ist schockiert über die Situation: den schlafenden Otto vor dem Fernseher und die Maus, die der Mann in seiner Brusttasche hat. Der Mann reagiert verlegen und weicht ihrer Frage nach einer Erklärung aus.

Die Geschichte endet mit einer humorvollen Reflexion über die Absurditäten des Alltags und das Unbeantwortbare gewisse „Schlüsselfragen“.

Variante 2: Schauen, was für ein Bild ChatGPT herstellt.

  • In den Zeiten der Künstlichen Intelligenz ist es interessant, was diese Konkurrenz zu uns Menschen schon schafft.
  • Bei den Bildern hat ChatGPT noch ein bisschen Probleme, wie wir es auf der folgenden Seite „leidvoll“ beschrieben haben:
    https://schnell-durchblicken.de/chatgpt-der-lange-weg-zu-einem-guten-bild-beispiel-kurzgeschichte
  • Am Ende haben wir dieses Bild gewählt.
    Hier könnte man mal überlegen, was die KI gut gemacht hat – und was man noch besser machen könnte.
    Oder man überlegt, inwieweit dieses Bild dem inneren Bild entspricht, das bei einem selbst beim Lesen entsteht.

 
 

Analyse-Ergebnisse

  1. Thema in Frageform:
    Die Geschichte behandelt die Frage, was passiert, wenn ein kleines Kind sich intelligenter verhält als sein Vater.
  2. Aussagen der Geschichte:
    Die Geschichte zeigt:
    1. wie eine Alltags-Panne recht große Folgen haben kann,
    2. wie dabei Kommunikationsprobleme eine Rolle spielen,
    3. auch mal ein dreijähriges Kind raffiniert eine Situation ausnutzen kann,
    4. wie der Vater damit überfordert ist,
    5. vor allem, weil Sohn und Tochter altersgemäß besondere Verhaltensweisen zeigen.
    6. wie der Vater am Ende humorvoll mit seinen Problemen und der peinlichen Situation am Ende umgeht.
  3. Unterstützt werden diese Aussagen durch die folgenden sprachlichen und rhetorischen Mittel:
    Wir haben die Aussagen mal ChatGPT gegeben – und die KI hat die folgenden Mittel herausgefunden.
    Das kann man jetzt einfach mal selbst überprüfen.
    1. Wie ein Alltags-Panne recht große Folgen haben kann

      1. Kontrastreichtum :Beispiel: „Die Tür war zu, das Haus dunkel.“ Diese schlichte Aussage leitet eine Kette von Missgeschicken ein.

      2. Steigerung : Die Ereignisse eskalieren Schritt für Schritt, von vorsichtigem Klopfen über erfolgloses Klingeln bis zum Verzweifeln vor der Tür.
      3. Humoristische Zuspitzung : Die absurde Entwicklung der Geschichte, etwa durch den Einsatz von Ottos Spielzeugschwert oder sein nächtliches Fernsehvergnügen, unterstreicht die unverhältnismäßigen Folgen der Ausgangssituation.

    2. Wie dabei Kommunikationsprobleme eine Rolle spielen

      • Dialoge : Die witzig und authentisch gestalteten Gespräche zwischen Vater und Sohn verdeutlichen das Kommunikationsproblem. Die freundliche Logik Ottos führt immer wieder zu Missverständnissen.
        • Beispiel: „Papa, bist du ein Böser?“ – Otto greift das alltägliche Spiel auf, während der Vater die Dringlichkeit der Situation betont.
      • Ironie : Die Unterschiede in der Wahrnehmung der Situation zwischen Erwachsenen und Kindern werden ironisch dargestellt. Für Otto ist das Ganze ein Spiel, während der Vater die Konsequenzen erspürt.
        Anmerkung von uns:
        Hier zeigt sich der Unterschied zum Humor – siehe weiter unten.

      • Vergleich : Der Schlaf der Mutter wird humorvoll mit einem Hund beschrieben: „Lärm hat auf ihren Schlaf so viel Einfluss wie Mondphasen auf den Friseur.“ Dies zeigt, wie schwer es ist, die gewünschte Reaktion zu erreichen.

    3. Auch mal ein dreijähriges Kind raffiniert eine Situation ausnutzen kann

      • Charakterisierung durch Handlungen : Otto nutzt die Situation zu seinem Vorteil, indem er den Vater mit der Fernsehlaubnis konfrontiert. Seine scheinbar naive Frage: „Papa, darf ich fernsehn?“ zeigt, wie klug er die Lage einschätzt.
      • Humorvolle Übertreibung : Die naive Unschuld Ottos wird durch seine spielerische Fantasie ergänzt, etwa als er sagt: „Ich hol mein Wert, böser Mann.“
      • Perspektivwechsel : Durch die Beschreibung aus der Sicht des Vaters wird Ottos Verhalten als kindlich-schlau und zugleich komisch wahrgenommen.

    4. Wie der Vater damit überfordert ist
      • Innere Monologe: Die Gedanken des Vaters zeigen seine wachsende Resignation. Er setzt sich schließlich vor die Tür und gibt die Kontrolle auf.
        Beispiel: „Ich setzte mich etwas resigniert vor die Tür.“

      •  Selbstironie: Der Vater nimmt seine eigene Überforderung mit Humor, etwa wenn er die Situation mit der Katze und der Maus beschreibt.
      •  Hyperbel: Die Schilderung seiner erfolglosen Bemühungen, etwa das Klingeln bis zum Batterieausfall, wirkt übertrieben und unterstreicht die Überforderung.
    5. Vor allem, weil Sohn und Tochter altersgemäß besondere Verhaltensweisen zeigen
      • Individuelle Charakterisierung: Jedes Kind wird durch typische Verhaltensweisen beschrieben:
      • Philly: „Philly hört beim Einschlafen mit ihren Kopfhörern gern Techno.“ – Sie ist in ihrer eigenen Welt und nimmt die Türklingel nicht wahr.
      • Theo: „Keine Klingel der Welt dringt durch zwei Liter Guinness.“ – Sein jugendlicher Leichtsinn wird humorvoll dargestellt.
      • Otto: Seine kindliche Neugier und Spielfreude prägen die Interaktionen.
      • Humor und Übertreibung: Die Kinder zeigen Verhaltensweisen, die sowohl komisch als auch authentisch sind, z. B. Ottos Verwechslung von Spiel und Ernst oder Theos nächtliche Partygewohnheiten.
      • Gegensatz zwischen Erwartungen und Realität: Die Vorstellung des Vaters, dass eines der Kinder helfen könnte, scheitert an ihrer altersgemäßen Unzulänglichkeit oder Eigenheiten.
    6. wie der Vater am Ende humorvoll mit seinen Problemen und der peinlichen Situation am Ende umgeht.
      • Selbstironie
        Der Vater betrachtet seine missliche Lage mit einem Augenzwinkern und ohne

      • Selbstmitleid.
        Beispiel: „Schlüsselfragen kann man nie wirklich beantworten.“ – Diese humorvolle Bemerkung nimmt die Situation auf die leichte Schulter, obwohl sie eigentlich unangenehm ist.

         

      • Personifikation und Ironie
        Die Katze, die ihm eine Maus bringt, wird personifiziert und spielt eine absurde Rolle in der Szene. Der Vater lobt sie sogar „pflichtbewusst“ für ihre Tat.
        Beispiel: „Die Katze kam und zeigte mir eine frisch gefangene Maus. Ich lobte sie pflichtbewusst.“ – Diese absurde Handlung verdeutlicht den resignierten Humor des Vaters.

      • Humorvolle Übertreibung
        Die absurde Situation wird durch Übertreibung noch verstärkt: Der Vater schläft nicht nur draußen, sondern wacht mit einer Katze und einer Maus in seiner Brusttasche auf.
        Beispiel: „Wieso hast du eine tote Maus in der Brusttasche?“ – Die absurde Frage der Frau sorgt für ein komisches Ende.

      • Sarkasmus und resignierter Humor
        Der Vater akzeptiert die Widrigkeiten des Abends und der Nacht mit sarkastischem Humor, ohne eine Lösung erzwingen zu wollen.
        Beispiel: „Ich zuckte nur die Schultern.“ – Die knappe Reaktion zeigt, dass er die Situation nicht mehr ernst nimmt.

      • Pointierte Schlussbemerkung
        Die letzte Aussage „Schlüsselfragen kann man nie wirklich beantworten.“ hat eine doppelte Bedeutung: Einerseits bezieht sie sich auf die konkrete Situation mit dem Schlüssel, andererseits auf die grundsätzlichen Herausforderungen des Lebens. Diese Pointe schließt die Geschichte humorvoll ab.

      • Gelassene Haltung als Stilmittel
        Die Sprache wird am Ende bewusst lakonisch und reduziert: „Ich musste dann doch eingeschlafen sein, denn als die Sonne mich weckte …“ – Diese nüchterne Beschreibung zeigt die Akzeptanz der Situation, ohne die Dramatik zu betonen.

      • Wir würden hier noch den Aspekt des Humors hinzufügen – siehe weiter unten.

Zur Kurzgeschichten-Eigenart:

Natürlich kann man sich dann fragen, inwieweit es sich um eine „ideale“ Kurzgeschichte handelt.

  1. Der Einstieg ist schon direkt, allerdings hat man schon eine kleine Einleitung.
  2. Insgesamt liegt ein Alltagsgeschehen vor, das dann den Charakter des Sonderfalls bekommt, was die Sache erzählenswert macht.
  3. Insgesamt handelt es sich aber mehr um eine humorvolle Erzählung, nicht mehr weit von einem Witz entfernt, und weniger um einen möglichen Wendepunkt in einem Konfliktbereich:
    Der Witz könnte dann etwa so aussehen:
    – Kommt ein Mann nach Hause.
    – Frau hat festen Schlaf, jüngerer Sohn Kopfhörer auf den Ohren, älterer Sohn Alkohol im Blut.
    – Da bleibt nut der dreijährige Sohn.
    – Dem bietet man am besten was – soll die Tür aufmachen – dann gibt es als Belohnung eine extra Runde Fernsehen.
    – der Kleine muss das wohl falsch verstanden haben
    – Er schaltet gleich den Fernseher ein
    – und der Vater kann im Garten mit den Mäusen schlafen.
    – Am Tag drauf gibt’s dann noch Ärger mit der Frau, warum er – siehe oben …
  4. Das Ende ist auch nicht wirklich offen, was durch den Schluss-Satz auch schon deutlich wird. Hier geht es mehr um das Genießen einer humorvoll erzählten Pannensituation als um den Wendepunkt in irgendeinem Leben.

Was man besprechen könnte:

  1. Interessant ist natürlich die Verhandlung mit dem dreijährigen Sohn: Hier kann man gut überlegen, welche Alternativen der Vater noch hat, als er merkt, in welche Richtung der Sohn die Situation ausnutzen will.
  2. Man kann jetzt selbst mal überlegen oder überlegen lassen, welche anderen Situationen vorstellbar sind, in denen der, der helfen kann, die Situation für ganz Interessen auf seiner Seite ausnutzt.
  3. Interessant ist ja auch die Frage, wie der Vater jetzt erzieherisch mit seiner Erfahrung mit Otto umgeht.

Interessant ist eine Besonderheit, nämlich der „Humor“:

  • Was uns an dieser Geschichte am meisten interessiert, ist die Frage, was der Ich-Erzähler, immerhin ein Familienvater, mit sich da eigentlich macht, wie er sich darstellt.
  • Zum einen stellt er sich selbst ziemlich als Loser dar, wozu nicht alle Menschen fähig sind. Dazu gehört schon ein hohes Maß an Selbstbewusstsein.
  • Andererseits präsentiert er auch einige recht spöttische Bemerkungen, was die anderen Familienmitglieder angeht.
  • Wichtig ist dabei die Haltung des Humors:
    Wikipedia beschreibt das Besondere so:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Humor
    • Variante 1:
      „Humor
      ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.[1] Diese engere Auffassung ist in der sprichwörtlichen Wendung „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ ausgedrückt, die dem Schriftsteller Otto Julius Bierbaum (1865–1910) zugeschrieben wird.“
      Anmerkung: Das ist in dieser Geschichte auf jeden Fall gegeben.
    • Variante 2:
      „In einer weiteren Auffassung werden auch jene Personen als humorvoll bezeichnet, die andere Menschen zum Lachen bringen oder selbst auffällig häufig lustige Aspekte einer Situation zum Ausdruck bringen.“
      Anmerkung: Auch das scheint bei dieser Geschichte zu funktionieren. Zumindest haben wir über die Geschichte lachen können.
  • Wir fügen aber noch ein Element hinzu, das indirekt am Ende angesprochen wird:
    Wenn andere (und zwar alle!!!) darüber lachen können, dann bedeutet das für uns, dass sich hier der Ich-Erzähler nicht über andere stellt, sondern eigentlich sagt: „Ich erzähl euch mal, was mir passiert ist, war ziemlich unangenehm und auch ein bisschen peinlich – aber ich glaube, das kann jedem passieren.“
  • Hierzu passt übrigens die folgende Kurzgeschichte:
    Reiner Kunze, „Fünfzehn“
    https://schnell-durchblicken.de/kunze-fuenfzehn-inhalt-erzaehltechnik-thema
    Auch dort stellt ein Vater seine Schwierigkeiten im Umgang mit seiner pubertierenden Tochter dar, er kritisiert sie auch, aber nicht von oben herab – sondern auch nach dem Prinzip: „Eigentlich haben wir alle unsere Schwächen!“
    Allerdings ist der Schluss hier anders, wie man gut mal selbst feststellen kann.

Wer noch mehr möchte …