Hoffmann, „Der Sandmann“ – mündliches Abitur – strategische und taktische Vorbereitung

Die große Herausforderung

Die mündliche Abiturprüfung mit ihrem Frage-und-Antwort Spiel ist für viele Schüler eine echte Herausforderung.

Möglichkeiten der optimalen Vorbereitung

Deshalb soll hier mal im Hinblick auf die Lektüre von Hoffmanns Novelle „Der Sandmann“ gezeigt werden, wie sich eine Abfolge von Fragen und Antworten ergeben kann.

Dabei spielen strategische Überlegungen eine Rolle wie zum Beispiel eine gute Einleitung, die Abarbeitung wichtiger Themenaspekte und schließlich ein guter Schluss sowie Anknüpfungsmöglichkeiten an andere Themen wie auch taktische Ideen.

Die sind vor allem für Schüler interessant, weil sie an der Gesamtausrichtung der Prüfung sicherlich kaum etwas ändern können, wohl aber an einzelnen Stellen Möglichkeiten des Mietspielens haben.

  1. Möglichkeiten des Einstiegs:
    1. Einfacher und damit auch schülerfreundlicher Einstieg in eine mündliche Abiturprüfung geht erst einmal vom Allgemeinen aus. Da bietet sich natürlich die Frage nach dem Thema der Novelle an.
    2. Natürlich kann auch direkt schon von einem ersten Themenkomplex zum zweiten übergeleitet werden, etwa wenn von Woyzecks Wahnsinn zu den Krankheitssymptomen Nathanaels übergeleitet wird.
    3. Eine dritte Möglichkeit besteht in der Überleitung von der mündlich vorgetragenen Mini-Klausur im ersten Prüfungsteil zum „Sandmann“. Zum Beispiel könnte von einem Liebesgedicht direkt übergeleitet werden zur Beziehung Nathanaels zu Clara.
  2. Anschlussfragen:
    1. Je nach dem gewählten Einstieg geht es dann weiter. Wenn mit der Thema-Frage eingeleitet worden ist,
      1. dann wäre man sicherlich schnell bei einer genaueren Untersuchung der Entwicklung bei Nathanael.
      2. Um zunächst bei diesem Strang zu bleiben: Von hier aus könnte man die anderen Figuren und die gesamte Personen-Konstellation einbeziehen.
      3. Von einer Charakterisierung Nathanaels könnte man direkt zur Wahnsinnsvariante überleiten.
        (Man sieht hier, wie verschiedene Einstiege durchaus wie Nebenflüsse in den gleichen großen Strom münden können.)
        Dann könnte genauer auf die Wahnsinnssymptome Nathanaels eingegangen werden. Dabei würde auf jeden Fall die Entwicklung einschließlich des Ausgangspunktes eine große Rolle spielen.
      4. Oder in besonderer Weise die Schlussszene.
    2. In diesem Zusammenhang könnte dann auf das Symbol des Fernrohrs genauer eingegangen werden.
      Von hier aus kann man gut auf andere Motive eingehen:

      1. Der Automat steht für eine lange Tradition künstlich erzeugter Menschen. In der Puppe Olympia konzentriert sich schließlich das Unheimliche der Erzählung.
      2. Feuer: Hierbei handelt es sich sogar um ein Leitmotiv.
        1. Bei den alchimistischen Versuchen hat man den Eindruck des Höllenfeuers,
        2. Nathanaels Wohnung brennt später ab.
        3. Später verbindet sich das Feuer mit seinen Panikattacken, so wie er sie zum Beispiel in seinem Gedicht beschreibt.
      3. Das Lachen  ist auf unterschiedliche Weise mit den Figuren verbunden.
        1. Clara hat ein entsprechendes eher vernünftig wirkendes Lächeln.
        2. Bei Nathanael zeigt sich dann das Lachen des Wahnsinns.
        3. Bei den Vertretern des Dunklen zeigt sich ein geradezu teuflisches Lachen.
      4. Der Nebel steht für die Einschränkung des Bewusstseins, des klaren Blicks
      5. Die Treppe markiert den Übergang in den gefährlichen Bereich.
        1. Das beginnt mit dem nur gehörten Herabpoltern des Advokaten auf der Treppe,
        2. setzt sich fort bei der Annäherung Nathanaels an das Studierzimmer Spalanzanis
        3. und endet schließlich beim Aufstieg in den Turm.
      6. Mit der Farbe Grau sind in der Novelle die beiden dunklen Figuren Coppelius und Coppola verbunden.
        1. Das ist ein Verweis auf die Nachtseite der Romantik.
        2. Interessant auch, dass Klara in der Schlussszene vom Turm aus einen grauen Busch zu sehen meint, der sich nähert. Das ist ein Vorverweis auf Coppelius, der bald erscheint.
        3. Insgesamt geht es durch die Mischung von Weiß und Schwarz in der Farbe Grau um den Übergang zwischen Licht und Finsternis, nicht weit von der Welt der Geister beziehungsweise Gespenster entfernt.
  3. Wenn es im Unterricht besprochen worden ist
    1. könnte bei einer genaueren Betrachtung Nathanaels  auch genauer auf Krankheitssymptome eingegangen werden, auch wenn das eigentlich nicht eine primär literarische, sondern eher eine medizinische Frage ist.
    2. Ebenso könnte von hier aus allgemeiner auf das Thema Wahnsinn in der Literatur eingegangen werden.
  4. In der zweiten Variante, der Liebesthematik, könnte genauer auf Clara und ihre Weltsicht im Vergleich zu der Nathanaels eingegangen werden.
  5. Von dort aus wäre man dann auch schnell bei Olimpia und Nathanaels Beziehung zu ihr.
  6. Weitere mögliche Fragen können sich auf den literaturhistorischen Hintergrund und dann die schwarze Romantik beziehen.
  7. Aber auch auf Merkmale der Aufklärung und des Biedermeier könnte eingegangen werden.
  8. Ganz gleich, welche Ausgangsvariante gewählt worden ist: Es geht am Ende sicherlich um die Frage der Intentionalität, d.h. der Bündelung der Textsignale zu Aussagen.
  9. Wenn das abgehandelt wird, bietet es sich an, auf die künstlerische Eigenart der Erzählung einzugehen.
  10. Hier könnte man auch nach der romantischen Ironie fragen
  11. Dabei wird sicherlich auch der Novellencharakter eine Rolle spielen.
  12. oder die Gattung des Kunstmärchens
  13. oder der Einbau eines Gedichtes in der Novelle
  14. Wenn der „Sandmann“ das erste Prüfungsthema im Frage-und-Antwort-Teil der mündlichen Prüfung gewesen ist, kann sich der Schluss des Gesprächs natürlich schon in Richtung eines anderen Themas bewegen:
    Zum Beispiel die Frage der Bedeutung des Themas Wahnsinn in der Literatur kann dann zu Woyzeck weiterleiten.
  15. Auf jeden Fall sollte man sich bei den Themen darauf einstellen, dass auch nach der persönlichen Einschätzung der Bedeutung der verschiedenen Lektüren gefragt wird.

Weiterführende Hinweise