Anmerkungen zur Kurzgeschichte „Fragebogen“ von Josianne, Maas: Wie man viel abhakt und wenig versteht (Mat4344)

  1. Thema:
    In der Geschichte geht es um die Frage, wo statistische Erhebungen an ihre Grenzen stoßen können.
  2. Die Geschichte enthält
    1. den Ausschnitt aus einer Befragung im Rahmen einer Volkszählung.
    2. Probleme gibt es bei der Ich-Erzählerin, als sie mit der Frage konfrontiert wird, ob sie arbeitete oder Hausfrau sei.
    3. Zu schaffen macht der Ich-Erzählerin auch, als der Befrager ihre ältere Tochter sofort aus seinem System herausnimmt, als er hört, dass sie nicht mehr im Haushalt wohne. Der Mutter kommt dagegen alles das in den Sinn, was sie mit dieser Tochter gemeinsam erlebt und  erreicht hat.
    4. Am meisten ist sie dann enttäuscht, als sie merkt, dass diese Befragung sich in keiner Weise dafür interessiert, wie man gegebenenfalls die Lebenschancen der zweiten Tochter, die behindert ist, verbessern könnte. Stattdessen geht es dem Mann nur darum, wie er die spezielle Schule für Behinderte irgendwie in seiner Liste der Institutionen unterbringen kann.
    5. Am Ende verweist die Frau auf die Frage, welchen Beruf sie habe, auf ihre frühere Tätigkeit als Krankenschwester. Damit ist sie für den Fragebogen uninteressant, weil sie für das System nicht zur arbeitenden Bevölkerung gehört.
  3. Insgesamt kritisiert die Geschichte den zu engen Horizont einet solchne undifferenzierten und unsensibel gestalteten Volksbefragung. Sie interessiert sich weder für erbrachte Leistungen noch für noch vorhandene und durchaus berechtigte Bedürfnisse der Bevölkerung.
  4. Die Geschichte kann durchaus als Kurzgeschichte betrachtet werden, denn sie beginnt mit einem direkten Einstieg und konzentriert sich auf einen möglichen und einen realen Wendepunkt:
    1. Möglich wäre, dass der Fragesteller sich für Schwächen des Fragebogens interessiert und diese gegebenfalls auchweiter gibt. Das könnte so eine Verbesserung führen.
    2. Real erreicht wird bei der Frau, dass sie das Zutrauen in den Staat und seine Fürsorge für alle Teile der Bevölkerung verliert.
    3. Der Schluss ist natürlich nicht allzu offen, weil der Fragesteller anscheinend zufrieden ist und die Frau sich wahrscheinlich wieder ihren realen Problemen zuwendet.
    4. Trotzdem könnte man die Geschichte natürlich weiterschreiben: Zum Beispiel könnte die Frau für eine bessere Berücksichtigung ihrer berechtigten Interessen kämpfen.
  5. Interessant ist die Kommunikation zwischen den Beteiligten: Sie läuft auf zwei Ebenen ab.
    1. Das Gespräch zwischen den beiden Leuten verläuft fragmentarisch und führt zu Irritationen und Notlösungen.
    2. Daneben gibt es die vielen Gedanken der Frau, die der Mann aber allenfalls teilweise über körpersprachliche Reaktionen mitbekommt.
  6. Anregungen:
    1. Zum einen könnte man recherchieren, ob in neueren Volkszahlungen die im Text angesprochenen Probleme auch noch auftauchen.
    2. Außerdem könnte man überlegen, wo es heute Situationen gibt, die im Bereich der Gefühlslage, der Interessen und der Erwartungen der Gesprächsteilnehmer weit auseinander liegen. Das könnte zum Beispiel bei einem Bewerbungsgespräch passieren, wo ein Bewerber absolut nicht in das vorgefertigte Frageraster passt. wohl aber vielleicht große Qualifikationen einbringen könnte.
    3. Außerdem könnte man mal genauer nachschauen, was man über die Autorin herausbekommt: War sie auch Hausfrau und fühlte sich zu wenig beachtet – oder hat sie auch im Sinne des Fragebogens gearbeitet:
      https://www.lexikon-westfaelischer-autorinnen-und-autoren.de/autoren/maas-josianne/
      und noch viel ausführlicher:
      https://www.gelsenkirchen.de/de/stadtprofil/stadtgeschichten/gelsenkirchener_persoenlichkeiten/_josianne_maas.aspx

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