Die Geschichte ist u.a. hier zu finden.
Worum es hier geht:
Es handelt sich um eine sehr ungewöhnliche kurze Geschichte. Bei ihr weiß man nicht, ob man sie noch als Kurzgeschichte bezeichnen kann – oder ob es nicht eher eine besondere Form von Satire ist.
Besonders interessant ist die Erzählform, die wie ein langes Telefongespräch wirkt, bei dem man nur die eine Hälfte mitbekommt.
- In der Kurzgeschichte geht es um das Missverhältnis zwischen geäußertem Anti-Rassismus und unterschwelliger Diskriminierung.
- Das Besondere der Kurzgeschichte ist die seltsame Erzählweise, die den Eindruck erweckt, als würde man einem Telefongespräch zuhören, bei dem man nur den Sprecher-Anteil mitbekommt.
Teil I: Die Basis-Variante der bemühten Verschleierung
- Die kritischen Fragen werden dabei im Stil der Empörung vom Ich-Erzähler wiedergegeben, bevor er versucht, seine positive Haltung gegenüber Andersfarbigen herauszustellen.
- Dabei fällt auf, dass es vor allem um eine Betonung der angeblich natürlichen positiven Haltung geht:
- „Natürlich bin ich gegen Rassentrennung.“,
- „Aber selbstverständlich bekommen Sie meine Unterschrift“
- „Man muss doch schließlich beweisen, dass man tolerant ist.“ Hier ist das „muss“ allerdings schon verräterisch.
Teil 2: Die Steigerung der bemühten Verschleierung bis hin zu ihrem Zusammenbruch
- Besonders interessant wird es dann im zweiten Teil des Textes. Dort geht es um bestimmte Situationen.
- Fall 1: „Wenn einer zu mir an die Tür kommt?“ Verräterisch, dass man doch erst mal „erschrocken“ ist und dann auch noch als bemerkenswert erwähnt wird, dass er „nett“ war. Wichtig ist dann vor allem, dass der andersfarbige Mensch nicht etwas Negatives denkt. Das Gute geschieht also nicht aus natürlichem, menschlichem Antrieb, sondern aus Berechnung. Kein Wunder, dass man nach der Begrüßung ein „komisches Gefühl“ hat und sich schnell die Hände schüttelt. Interessant hier, dass dem Erzähler selbst bewusst wird, dass er hier nicht stimmig ist, und mitten im Wort abbricht.
- Fall 2: „Ob ich etwas dagegen hätte, wenn meineTochter… mit einem Neger?“ Hier kommt es zum Höhepunkt und zugleich zum Eklat und zum Moment der Wahrheit. Die Vorstellung erschreckt den Erzähler wohl so sehr, dass er seine ganze falsche Haltung vergisst und das ganz reale rassistische Vorurteil offen rauslässt: „Meine Tochter istein anständiges Mädchen. Die tut so was nicht!“
Zusammenfassung
- Insgesamt eine ungewöhnlich erzählte Geschichte,
- die sehr gut auf einer Bühne präsentiert werden könnte
- und sehr schön deutlich macht, wie wenig Wahrheit hinter besonders stark betonten Positionen stecken kann.
Die Frage der Kurzgeschichten-Eigenschaft
- Ob es sich um eine Kurzgeschichte handelt, darüber kann man streiten.
- Es handelt sich eher um eine Satire.
- Es gibt
- zwar einen direkten Einstieg,
- aber ob es einen offenen Schluss gibt
- mit einem möglichen Wendepunkt,
- das kann man sicher unterschiedlich sehen – und in einem fiktionalen Text gibt es kein Danach.
- Hier ist wohl eher von einer tiefsitzenden Haltung auszugehen, die sich gekonnt hinter scheinbaren Selbstverständlichkeiten versteckt und den Moment der Wahrheit hinterher wohl kaum wahrhaben will.
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