Worum es hier geht:
Im Folgenden präsentieren wir einen Text, den einer unserer Autoren als Klassenarbeit eingesetzt hat.
In der Klasse war der sehr interessante Artikel von Carolin Wiedemann aus der FAZ behandelt worden:
https://textaussage.de/sachtextanalyse-carolin-wiedemann-transhumanismus
und Anders Tivag versteht sich als „Behelfsschriftsteller“, der als Lehrer – natürlich immer unter dem Schutz eines Pseudonyms, ggf. auch die Texte selbst schreibt, die er für seine Klasse braucht.
Freundlicherweise dürfen wir diese Texte hier veröffentlichen – natürlich erst am Tag nach der Klassenarbeit 😉
Der Text für die Klassenarbeit
Darunter die Aufgaben.
Anders Tivag
Über alle Berge
Es sieht so aus, als ob die Menschheit mal wieder ins Paradies zurückkehren will und diesmal auch kann. Aber wahrscheinlich müssen wir präziser sein: Es geht nicht um die Rückkehr in das alte Paradies, sondern die Schaffung eines neuen.
Jedenfalls versprechen die sogenannten Transhumanisten eine Welt, die durch die Verbindung von Mensch und Computer ungeahnte Spielräume eröffnet. Am Ende könnte es auf dieser Erde endlich friedlich, freundlich, ohne Leiden und vielleicht sogar ohne Tod zugehen.
Hoffentlich ist eine solche Hoffnung nicht ein Zeichen von Ahnungslosigkeit. Denn bisher war das Schicksal immer mächtiger als die Menschen. Zum Beispiel hätten wir längst von einem Meteoriten getroffen werden können – und dann wären tatsächlich alle menschlichen Probleme mit einem Schlag gelöst gewesen. Aber uns hätte es auch nicht mehr gegeben.
Obwohl wir um diese Gefahr inzwischen wissen, wird ihr nur mit relativ geringen Mitteln begegnet. Wir müssen also weiterhin auf unser Glück vertrauen.
Statt dessen setzen wir aktuell immer mehr auf künstliche Intelligenz – nur das schönste KI-Chat-Programm dürfte machtlos sein, wenn der Meteorit zu spät entdeckt wird und wir keine Mittel gegen ihn haben.
Aber es gibt ja auch noch andere Gefahren wie zum Beispiel Krankheiten. Da war die Schriftstellerin Juli Zeh sehr viel schneller als alle Meteoritenbekämpfer. Sie hat nämlich einfach in ihrem Roman „Corpus delicti“ mal durchgespielt, wie es aussieht, wenn alles bekämpft wird, was auch nur nach Krankheit aussieht. Wer da nicht mitmacht und bei manchen gesundheitlichen Problemen lieber auf die Natur und ihre Heilmittel setzt, der bekommt dann mächtig Ärger und endet vielleicht sogar im Gefängnis oder wird zu vorläufig ewigem Einfrieren begnadigt.
Damit sind wir eigentlich beim ersten entscheidenden Punkt, nämlich der Natur. Die hat in unglaublich langen Zeiträumen ein komplexes System geschaffen, in das man besser nicht zu stark eingreift.
Da gibt es doch in Ägypten dieses Staudammprojekt von Assuan: Da hatte man die tolle Idee, die jährliche Nilüberschwemmung in ein Dauer-Wasserabgabe-System zu verwandeln. Woran man nicht gedacht hatte: Die Bauern brauchten neben dem Wasser auch den fruchtbaren Nilschlamm für ihre Äcker. Der sammelte sich unten im Stausee und lachte wahrscheinlich über die superklugen Menschen.
Schön ist auch eine ausgedachte Geschichte, die den entscheidenden Punkt noch deutlicher macht: Ein Bauer ärgerte sich über das Wetter und wandte sich an den lieben Gott. Der war gut drauf und erlaubte ihm, ein Jahr lang die Sache in die Hand zu nehmen. Kurz überlegt, dann war die Lösung klar: Tagsüber Sonne – nachts Regen. Das dicke Ende kam im nächsten Jahr: Der Bauer hatte den Wind vergessen – und der ist wohl wichtig für die Bestäubung vieler Pflanzen.
Das Schönste soll man sich immer für den Schluss aufbewahren: Die Transhumanisten wollen am Ende das Gehirn des Menschen komplett digitalisieren – dann ist sogar ihrer Meinung nach der Tod überwunden. Während wir dann schon über alle Berge und in Sicherheit sind, könnten sie auf der anderen Seite ihrer Hoffnungen runtergefallen sein: Denn letztens gerieten wir in ein Interview mit Prof. Dr. Paul Cullen, dem Leiter eines medizinischen Labors. Der überraschte uns mit der Information, dass unser Gehirn zum Funktionieren auf viele anderen Nervenzellen im Körper angewiesen ist – besonders viele gebe es im Darm. Es könnte also sein, dass der KI-Computer mit den reinen Gehirndaten gar nicht viel anfangen kann. Vielleicht sollte man also den Menschen doch lieber so lassen, wie die Natur ihn geschaffen hat und nur im Einvernehmen mit ihr einzelne Dinge weiterentwickeln.
Aufgabenstellung
- Analysiere den Text, indem du
- ihn in einem Einleitungssatz kurz vorstellst und dabei das Thema nennst,
Denk daran, dass das möglichst in Frageform präsentiert wird.
Das Thema ergibt sich gewissermaßen als die Frage, auf die der Text eine Antwort gibt.
Also am besten erst mal offen lassen, dann den Inhalt erläutern und schließlich die Aussagen des Textes formulieren.
Anschließend das Thema als Frage oder Problemstellung. - dann einen kurzen inhaltlichen Überblick über den Text gibst
- und daraus die Aussagen des Textes herausarbeitest,
- schließlich auf die sprachlich-rhetorischen Mittel eingehst, die der Verfasser nutzt, um die Aussagen gut überzubringen.
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- ihn in einem Einleitungssatz kurz vorstellst und dabei das Thema nennst,
- Nimm kurz Stellung zu den Aussagen des Textes.
- Inwieweit überzeugen sie dich?
- Was hättest du gerne noch genauer gehabt?
- Wo bist du völlig anderer Meinung?
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Prof. Paul Cullen, Transhumanismus – Wesen und Gefahren
https://www.youtube.com/watch?v=2Mnc7UoirCQ
— - Die Geschichte des Transhumanismus – Prof. Dr. med. Paul Cullen
https://www.youtube.com/watch?v=Vwa-f_yVjZM
— - Künstliche Intelligenz als Thema des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/infos-kuenstliche-intelligenz-schule-leben
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- Infos, Tipps und Materialien zu weiteren Themen des Deutschunterrichts
https://textaussage.de/weitere-infos
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