Anmerkungen zur Überschrift „Der blinde König“
- Bei der Überschrift weiß man nur, dass es um einen Herrscher geht.
- Unklar bleibt, ob das Attribut „blind“ sich auf ein körperliches Problem bezieht oder auf ein geistiges.
- Es kann ja durchaus sein, dass dieser König innerlich blind ist, zum Beispiel bestimmten Ratgeber zu sehr vertraut.
Anmerkungen zu Strophe 1
Was steht der nord’schen Fechter Schar
Hoch auf des Meeres Bord?
Was will in seinem grauen Haar
Der blinde König dort?
Er ruft, in bittrem Harme
Auf seinen Stab gelehnt,
Dass überm Meeresarme
Das Eiland widertönt:
- Die Ballade beginnt mit der Frage, warum eine Kriegerschar mit ihrem blinden König unterwegs ist, der in „bittrem Harme“ etwas spricht, also erfüllt ist von Trauer.
- Damit ist schon mal klar, dass dieser König wohl körperlich blind ist, sonst würde es hier in dem Zusammenhang so nicht erwähnt.
Anmerkungen zu Strophe 2
»Gib, Räuber, aus dem Felsverlies
Die Tochter mir zurück!
Ihr Harfenspiel, ihr Lied, so süß,
War meines Alters Glück.
Vom Tanz auf grünem Strande
Hast du sie weggeraubt;
Dir ist es ewig Schande,
Mir beugt’s das graue Haupt.«
- Die zweite Strophe macht dann deutlich, was den König traurig macht.
- Ein Räuber hat ihm die Tochter von einer Tanzveranstaltung am Strand geraubt und in einem FelsenGefängnis eingesperrt.
- Neben diesem Sachverhalt macht der König deutlich, was diese Tochter ihm bedeutet. Sie ist seines Alters Glück und erfreut ihn vor allem mit ihrem Harfenspiel.
- Am Ende erfolgt eine gegensätzliche Zuschreibung:
Der Räuber wird mit seiner Schande konfrontiert,
der König selbst betont noch einmal, wie sehr die Situation sein altersgraues Haupt beugt, also ihn insgesamt bedrückt.
Anmerkungen zu Strophe 3
Da tritt aus seiner Kluft hervor
Der Räuber, groß und wild,
Er schwingt sein Hünenschwert empor
Und schlägt an seinen Schild:
»Du hast ja viele Wächter,
Warum denn litten’s die?
Dir dient so mancher Fechter,
Und keiner kämpft um sie?«
- Die Reaktion des Räubers macht einmal seine persönliche Stärke deutlich.
- Außerdem begegnet er dem Vorwurf des Königs mit einem eigenen, die Tochter sei nicht genügend bewacht worden und es kämpfe auch wohl jetzt niemand für sie.
- Das ist natürlich eine Provokation angesichts der Situation, dass der König ja schon Kämpfer mit sich führt.
- Man fragt sich auch, wie ein einzelner sich gegen die verteidigen will.
Anmerkungen zu Strophe 4
Noch stehn die Fechter alle stumm,
Tritt keiner aus den Reihn,
Der blinde König kehrt sich um:
»Bin ich denn ganz allein?«
Da fasst des Vaters Rechte
Sein junger Sohn so warm:
»Vergönn mir’s, daß ich fechte!
Wohl fühl ich Kraft im Arm.«
- In dieser Strophe bestätigt sich, dass der König wohl ein Problem hat mit seinen Soldaten, denn die verhalten sich abwartend
- Stattdessen meldet sich sein junger Sohn und ist bereit, mit dem Räuber zu kämpfen
- Es läuft anscheinend – wie in früheren Zeiten durchaus üblich – auf einen Zweikampf die Maus
Anmerkungen zu Strophe 5
»O Sohn! der Feind ist riesenstark,
Ihm hielt noch keiner stand;
Und doch! in dir ist edles Mark,
Ich fühl’s am Druck der Hand.
Nimm hier die alte Klinge!
Sie ist der Skalden Preis.
Und fällst du, so verschlinge
Die Flut mich armen Greis!«
- Die Antwort des Königs zeigt eine Abwägung der Situation.
- Negativ für seinen Sohn ist die Stärke des Feindes, positiv steht dem gegenüber auch eine gewisse stärke des Sohnes.
- Die wird noch durch die Übergabe eines alten Schwertes verstärkt, dem wohl besondere Kräfte zugeschrieben werden.
- Der König ist aber auch durchaus bereit, eine Niederlage seines Sohnes einzukalkulieren. Darauf will er mit Selbstmord antworten.
Anmerkungen zu Strophe 6
Und horch! es schäumet und es rauscht
Der Nachen übers Meer.
Der blinde König steht und lauscht,
Und alles schweigt umher;
Bis drüben sich erhoben
Der Schild‘ und Schwerter Schall
Und Kampfgeschrei und Toben
Und dumpfer Widerhall.
- Diese Strophe zeigt, dass der Sohn mit einem Boot zu dem Räuber hinüberfährt.
- Dem König bleibt nichts übrig als zu lauschen, was passiert.
- Seine Begleiter bleiben in ihrem abwartenden Verhalten.
- Der Schlussteil der Strophe macht deutlich, dass ein wilder Kampf beginnt.
Anmerkungen zu Strophe 7
Da ruft der Greis so freudig bang:
»Sagt an, was ihr erschaut!
Mein Schwert, ich kenn’s am guten Klang,
Es gab so scharfen Laut.« –
»Der Räuber ist gefallen,
Er hat den blut’gen Lohn.
Heil dir, du Held vor allen,
Du starker Königssohn!«
- Es sieht so aus, als ob der Königsohn den Kampf gewonnen hat.
- Jedenfalls nimmt der blinde König das aufgrund seines Vertrauens in das Schwert an.
Anmerkungen zu Strophe 8
Und wieder wird es still umher,
Der König steht und lauscht:
»Was hör ich kommen übers Meer?
Es rudert und es rauscht.« –
»Sie kommen angefahren,
Dein Sohn mit Schwert und Schild,
In sonnehellen Haaren
Dein Töchterlein Gunild.«
- Diese Strophe scheint den Eindruck zu verstärken, dass der Optimismus des Königs berechtigt ist.
- Allerdings muss man berücksichtigen, dass alles auf seine Blindheitsperspektive und damit nur aus Geräuschen heraus interpretiert wird.
Anmerkungen zu Strophe 9
»Willkommen!« ruft vom hohen Stein
Der blinde Greis hinab,
»Nun wird mein Alter wonnig sein,
Und ehrenvoll mein Grab.
Du legst mir, Sohn, zur Seite
Das Schwert von gutem Klang,
Gunilde, du Befreite,
Singst mir den Grabgesang.«
- Die letzte Strophe bringt dann keine Überraschung, sondern wiederholt nur die Erwartungen des Königs, wie jetzt nach dem angenommenen Sieg seines Sohnes seine Zukunft aussehen wird
- Dieser Schluss ist sehr ungewöhnlich, man muss aber wohl aufgrund der Überschrift auch annehmen, dass dieser König nicht nur blind ist im körperlichen Sinne, sondern auch blind ist für die Realität. Dafür spricht vor allem, dass er ja auch vorher schon gar nicht gemerkt hat, dass er von seinen Leuten keine Unterstützung bekam.
- Da sich um eine fiktive Geschichte handelt, gibt es keine endgültige Klärung der Frage, wie der Kampf ausgegangen ist. Interessant ist auf jeden Fall, dass das Schweigen der Begleiter ja auch bei den Annahmen des Königs weitergeht. Eigentlich müssten sie doch mitjubeln. Auch das spricht dafür dass dieser König sich in blinde Fantasien vereint.
- Letztlich liefe denn die Ballade auf den Opfergang des Sohnes hinaus, der zumindest die Ehre seiner Familie retten will, auch wenn er dabei möglicherweise und kommt.
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