Musterlösung zur Klassenarbeit Wilhelm Tell und Parricida (Mat147)

Hinweise zur Lösung der Tell-Parricida-Aufgaben – weiter unten gibt es eine PDF-Fassung

Thema: Umgang mit Dramenszenen: Schillers, Wilhelm Tell

A1: Kürzung und angemessene Modernisierung des Szenenausschnitts:

  • Folgende Elemente sollten enthalten sein:
  • Hoffnung des Parricida am Anfang
  • Seine Begründung für den Mord an seinem Onkel, dem Kaiser
  • Gegenmeinung: Die schnelle und schroffe Verurteilung der Tat durch Tell
  • Tells Ablehnung der Gleichsetzung von Mord aus Ehrgeiz und angeblicher Notwehr (er selbst spricht aber durchaus von Rache und die Tat in der hohlen Gasse gibt es erst einige Zeit nach dem Apfelschuss-Eklat)
  • Parricidas Verzweiflung
  • Veränderung der Haltung Tells hin zu Mitleid
  • Sein Schwanken für einige Zeit
  • Klage Parricidas über sein Schicksal
  • Ratschlag Tells, Bußgang zum Papst nach Rom

A2: Herausstellung der Unterschiede der Taten von Tell von und Parricida – mit Belegen und Zitaten

  • Kernstelle: 52-62: Tell beschreibt den Unterschied zwischen seiner Tat und der des Kaisermörders in deutlichen Worten: Notwehr statt Mord (aus niederen Motiven)
  • Zeile 31-35: Hier wird  schon ganz am Anfang die Fassungslosigkeit Tells deutlich gegenüber dem Mord am Kaiser; ergänzt wird das durch 40-42, wo zusätzlich von „Vatermord“ die Rede ist.
  • Demgegenüber Hervorhebung Tells: 62: Tell verteidigt sein „Teuerstes“ in einem doppelten Verständnis des Begriffs, vgl. „Du bist mir lieb und teuer“
  • Eingeständnis des Parricida 89-91: Er tat es aus „Neid“, fühlte sich aber auch „In sklavischer Unmündigkeit gehalten“, was seine Untat zumindest etwas relativiert.
  • Zeile 99: Hier deutet Tell auf etwas ironisch-zynische Weise an, dass der Kaiser mit seinem Verhalten gegenüber Parricida wohl richtig, weil vorausschauend gehandelt habe: Sinngemäß: Weil Parricida mit dem späteren Mord schlechten Charakter gezeigt habe, sei es zu rechtfertigen, dass er ihm vorher mit dem Erbe und einer Karriere die Möglichkeiten verweigert habe, seinen schlechten Charakter auszuleben.
  • Am Ende könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass Schiller im Drama zwar Parricida nutzt, um Tell zu entlasten, das aber nicht so ganz überzeugt. Denn zum einen spricht Tell selbst von „Rache“, die zudem erst nach dem eigentlichen Vorfall ausgeübt wird – von direkter Bedrohung kann keine Rede mehr sein. Es kann höchstens als Ausübung eines Widerstandsrechts per Attentat gesprochen werden, unterstützt übrigens durch die besonderen Umstände, der Vogt war vor seinem Tod kurz davor, eine Frau zu „überfahren“. Auf der anderen Seite wurde dem Parricida nicht nur sein Erbe vorenthalten, das geschah auch noch auf bedrückende, ehrverletzende Weise. Wenn in beiden Fällen die Kaiserherrschaft Gewalt und Ungerechtigkeit bedeutete, kann man schon bei beiden Taten das Element des Widerstands sehen, wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung. Dies kann aber dann schon besser in die Aufgabe 3 hineinfließen.

A3: Beurteilung von Tells These vom Unterschied zwischen den beiden Gewalttaten

Das Folgende ist nur ein Beispiel für eine Lösung und soll die Spannweite andeuten, innerhalb derer sich eine sehr gute Lösung bewegen kann.

  • Zunächst einmal bringt Tell ganz eindeutig den Vogt um und verstößt damit gegen das Prinzip: „Du sollst nicht töten.“
  • Er hat allerdings einen nachvollziehbaren Grund, denn er will seine Familie vor Übergriffen schützen.
  • Das tut er in der hohlen Gasse aber gar nicht, denn seine Familie ist ja gar nicht dabei, also auch gar nicht bedroht.
  • Sie könnte aber jederzeit wieder von dem Vogt und seinen Leuten bedroht werden.
  • Das ist aber kein Grund, ihn umzubringen.
  • Der Vogt ist gewissermaßen der Kopf der Unterdrückung, wenn man ihn abschlägt, wird auch die Gewalt geschwächt.
  • Tells Anschlag löst möglicherweise nur eine noch schlimmere Gegenaktion aus, denn der Kaiser wird sich einen solchen „Präzedenzfall“ sicher nicht gefallen lassen.
  • „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt und endet am Herd“ – sagt ein Sprichwort, das Frauen ermuntern wollte, sich nicht einfach von den früher dominierenden Männern auf eine alleinige Rolle im Haushalt festlegen zu lassen. Das gilt im übertragenen Sinne auch für Tell.
  • Ist es in Wirklichkeit nicht so, dass Tell eher Rache nimmt? Er selbst spricht davon – und seine Tat geschieht ja gerade nicht direkt nach dem Apfelschuss oder an seiner Stelle.
  • Gefühle spielen sicher auch eine Rolle, aber entscheidend ist wohl die Befreiung von Unterdrückern. Aber die Schweizer haben auch Glück, dass etwa zur gleichen Zeit auch der tyrannische Herrscher umgebracht wird.

PDF-Fassung der Musterlösung

Mat147-L Musterlösung Tell-Parricia

Weitere Infos, Tipps und Materialien 

Vorstellungen der Szenen in Text und mp3-Datei

Wer „Wilhelm Tell“ in seiner alten Sprache noch besser verstehen will, sollte auf die Hör-Dateien zurückgreifen, in denen die Szenen mit Erläuterungen vorgestellt werden.

Man hat die Erklärung „auf den Ohren“ – und kann alles im eigenen Text verfolgen.

Zu finden ist die