Schnell durchblicken: „Nudging“, „Framing“, „Kognitive Kriegsführung“ – Gefahr für Auklärung und Demokratie? (Mat8346)

Worum es hier geht:

  • Im August 2023 gab es im SWR ein interessantes Gespräch, in dem der Propagandaforscher Dr. Jonas Tögel über eine sehr beunruhigende Entwicklung berichtete.
  • Es geht um die sogenannte „kognitive Kriegsführung“. Gemeint ist damit ein weiteres mögliches Gefechtsfeld neben Land-, See- und Luftstreitkräften sowie denen im Weltraum und zur Cyberkriegsführung, nämlich die Beeinflussung des Bewusstseins von Menschen.
  • Der Traum der Militärs: Gar keine oder nur noch wenig „Hard Power“ einsetzen zu müssen, also Panzer, Kriegsschiffe, Flugzeuge, sondern auf „Soft Power“ zu setzen. Gemeint ist damit eine Beeinflussung, die man im Idealfall des Programms gar nicht merkt, die aber wirkt.

Hier ein Überblick:

Die entscheidenden Punkte:

  1. Seit etwa 120 Jahren sei bekannt, dass wir Menschen nur zu etwa 10% rational agieren, 90% werde durch Gefühle u.ä. bestimmt.
  2. Der Schwiegersohn von Sigmund Freund, Bernays, sei dann auf den Gedanken gekommen, die Erkenntnisse auch aktiv einzusätzen. Er sprach zunächst von Propaganda, wechselte dann aber zu Public relations.
  3. Taktiken der Beeinflussung von Menschen hat es immer schon gegeben. Besonders deutlich wurde das in der Greuelpropaganda der deutschen Kriegsgegner. Mit ihrer Hilfe machte man die Bevölkerung der USA kriegswillig.
  4. Seit 2020 arbeitet die NATO an Strategien der massenhaften Beeinflussung von Menschen. Man spricht sogar von „kognitiver Kriegsführung“. Diese Softpower sei günstiger als die Hardpower mit Gewalt, weil der natürliche Widerstand ausbleibe. Man merkt es ja nicht.
  5. Wichtig seien Informationen über die Technik, weil man dann zumindest etwas immun gegen eine solche Propaganda werde. Ganze gehe das aber kaum.
  6. Sehr gefährlich werde es, wenn die großen Medien sich in den Dienst von Mächtigen und Zahlungskräftigen stellten – denn sie seien für die Bewusstseinsbildung der breiten Masse sehr wichtig.
  7. Zur Softpower gehört auch das sogenannte „Framing“. Da sorgt man dafür, dass Begriffe in einen vorgegebenen Verständniskontext gestellt werden. Man kennt das von der Unterscheidung zwischen Denotation (fester Bedeutungskern) und Konnotation (individuelle Zusatzbedeutungen). Der Gast verweist auf das Wort „Kollateralschäden“, mit dem zivile Opfer von Bombenangriffen verharmlost würden. Auch im zivilen Bereich gibt es das, wenn statt „Atomkraft“ von „Kernkraft“ gesprochen werde.
  8. Ein weiterer Begriff ist das sogenannte „Nudging“. Damit sind Einflussnahmen gemeint, die die Menschen steuern, weil man kleine „Stubser“ in die gewünschte Richtung bekommt. Vom Staat gewünschte Verhaltensweisen können mit kleinen Belohnungen versehen werden und setzen sich dann durch.
  9. Eine große Gefahr für die Demokratie ergibt sich, wenn Elemente von Beeinflussung statt Aufklärung zur allgemeinen Meinungsbildung verwendet werden. Wir haben mal einen interessanten Satz gelesen, der ungefähr so lautet: „Eine Diktatur erkennt man daran, dass alle Zeitungen das Gleiche sagen wie die Regierung. Die einfachen Menschen haben weder die Zeit noch genügend Informationen, um sich ein eigenes Bild von wichtigen Dingen zu bilden. Sie sind also auf Zeitungen und andere Medien angewiesen, die unterschiedliche Akzente setzen. Das Internet hat hier kurzzeitig zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, aber es mehren sich Tendenzen des Missbrauchs und auch der Kontrolle.
    Dazu kommen Bestrebungen, den sogenannten „Debattenraum“ immer mehr einzugrenzen, also „Grenzen des Sagbaren“ festzulegen. Wer dagegen verstößt, wird ausgegrenzt oder sogar verfolgt.
  10. Hier sei noch einmal auf Immanuel Kant verwiesen, der in seiner Antwort auf die Frage: „Was ist Aufklärung“ gefordert hat, dass man sich letztlich eine Meinung bilden müsse, ohne Leitung eines anderen. Dazu gehöre Mut und Anstrengung – leider auch ein Ausbleiben oder die Möglichkeit der Kritik all der modernen Möglichkeiten der Massenbeeinflussung. Daran hat der gute Kant nicht gedacht – wir hoffen, hier zumindest einen kleinen Beitrag zur Aufklärung über die Situation geleistet zu haben.

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