Anmerkungen zu dem Gedicht „Heimflug“ von Peter Härtling (Mat4269)

  1. Die Überschrift
    1. bezieht sich zunächst auf etwas Konkretes, nämlich einen Flug in die Heimat.
    2. Das kann aber natürlich auch in einem übertragenen Sinne auf das Leben bezogen sein.
    3. Wieder mal ein schönes Beispiel dafür, wie jeder Text mit dem Leser spielt, wenn der sich auf die Linearität der Präsentation wichtiger Signale und damit der Entwicklung einer oder mehrerer Aussagen einlässt.
  2. Das lyrische Ich geht von einer etwas unklaren Position aus, weil man nicht weiß, was mit „meiner Zeit“ gemeint ist. Auf jeden Fall kann man wohl davon ausgehen, dass es sich um eine Rückschau handelt, die mit dem Gedanken eines Abschlusses einhergeht.
  3. Es beginnt mit der Einschätzung des lyrischen Ichs, dass die Erde in seinen Händen schrumpft. Damit könnte gemeint sein, dass zum Beispiel altersbedingt weniger Möglichkeiten zur Verfügung stehen als etwa in der Jugend.
  4. Es folgen zwei weitere Bemerkungen zum Meer und zum Himmel, die man so verstehen könnt, dass das lyrische Ich sich jetzt Weiten nähert, in denen es verschwindet. Das passt zu der Hypothese einer Alterssituation.
  5. Die nächsten beiden Zeilen sollen wohl andeuten, dass das lyrische Ich sich seiner Erinnerungen vergewissert. Möglicherweise werden die behandelt, wie man auch ein Gedicht aus dem Gedächtnis „aufsagt“.
  6. Der folgende Abschnitt macht deutlich, dass die Gedächtnis-Hypothese und die Idee des Verschwindens wohl der Aussagenlinie des Gedichtes entspricht.
  7. In den letzten sechs Zeilen geht es um das Verhältnis des lyrischen Ichs zur Sprache:
    1. Zum einen ist sie das, was angesichts reduzierter Lebensmöglichkeiten dem lyrischen Ich noch bleibt.
    2. Allerdings wird der Schluss dann sehr resignativ, wenn das lyrische Ich auch aufhört, zwischen den Wörtern zu atmen. D.h. ja wohl auch: mit ihnen zusammen und durch sie zu leben.
  8. Aussagen:
    Insgesamt also offensichtlich ein Gedicht,

    1. dass die Lebenssituation eines älteren Menschen und dessen Perspektive beschreibt.
    2. Er hat viel erlebt und lebt jetzt noch in seinen Erinnerungen.
    3. Er erfährt aber auch in dieser reduzierten Lebensbereich einen weiteren Abbau seines Lebens.
  9. Kritik/Kreativität
    1. Insgesamt erscheint das Gedicht sehr reflexiv und vor allem unkonkret.
    2. Aber das ist ja auch eine Möglichkeit, sich selbst mal klarzumachen, welche Städte, welche Bewohner und welche anderen Erlebnisse einem noch als bedeutend im Gedächtnis geblieben sind.
    3. Auch könnte man sich überlegen, ob nicht auch ein älterer Mensch noch Lebensbereiche hat, die in diesem Gedicht nicht berücksichtigt sind, Familie, Freunde, Ziele, für die man sich engagieren kann.
    4. Auch könnte man sich fragen, warum Peter Härtling den ersten Teil des Kompositums in der Überschrift im Gedicht nicht berücksichtigt hat („Heim“: Das deutet ja eine Richtung oder sogar ein Ziel an.

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