Worum es hier geht:
Kommunikation ist etwas Schönes – wenn sie gelingt und sich alle Beteiligten wohlfühlen.
Es kann aber auch schiefgehen – besonders dann, wenn man es erst hinterher merkt und sich fragt: „Wieso habe ich da so über den Tisch ziehen lassen?“
Oder es hat einfach nur Streit gegeben, unter dem auch alle leiden.
Wir stellen hier erst mal alles ein, was uns zu dem Thema einfällt. Später kann man das dann systematisieren.
- 100-%-Negativ-Behauptungen gegenüber dem Anderen
„Du erlaubsst mir nie was!“
„Das war wieder typisch für dich.“
— - Ähnlich funktionieren Unterstellungen, nur dass sie ihre Basis eher in den Ängsten des Sprechers liegt als im realen Verhalten des Gegenübers.
„Du heiratest mich doch nur, weil du an mein Geld willst.“
Du hast von Anfang gar nicht die Absicht gehabt, dein Versprechen einzuhalten.“
— - Ähnlich problematisch sind Rückverweise auf frühere Situationen. Auch da spielt sich eher etwas im Bewusstsein des Sprechers ab, als dass es beim Gegenüber eine Rolle spielen muss.
Einer der Partner hat sich wegen eines Staus verspätet – und der andere legt sofort los
„Das ist genau wie bei unserer Hochteit, da kamst du auch eine Viertelstunde zu spät. Das war vielleicht peinlich.“
— - Unnötiges Schweigen kann zu Missverständnissen führen.
Am schlimmsten sicherlich, wenn bei einer Trauung die klare Frage nach der ehelichen Verbindung nur zögerlich oder gar nicht beantwortet wird.
— - Unzulässige Verknüpfungen von Person und Äußerung
„Du redest schon wie …“ Und dann wird eine Gruppe genannt, die im öffentlichen Bewusstsein kein gutes Image hat.
Jeder findet da sicher schnell ein aktuelles Beispiel.
Das Problem dabei ist, dass man die Äußerung für sich nehmen muss – etwas kann richtig sein, auch wenn es zufällig als Zitat einer missliebigen Person bekannt ist.
— - Eine Verknüpfung von Unterstellung und Angriff auf die Person ist zum Beispiel:
„Jetzt fangen Sie schon wieder mit Ihren Träumen an, die wir schon 100 mal gehört haben.“
Zugleich auch noch Übertreibung.
— - Einfache Behauptungen, die nur aus der aktuellen Situation herausretten sollen:
Vater/Mutter …: „Und, wie war die Arbeit?
Antwort: „Ganz okay“ und dann wird schnell zu etwas anderem weitergeleitet, damit nicht genauer nachgefragt wird oder man sogar die Arbeit sehen will.“
„Ganz okay – aber was viel spannender ist: Wir sollen demnächst selbst mal was schreiben. Da freue ich mich schon drauf.“
In dem Falle kann behauptet werden, dass man sie einem Freund mitgegeben hat, weil der sie vergleichen will. Er konnte gar nicht begreifen, dass er nur eine Vier hatte.
— - Das ist zugleich der Trick, vom eigentlichen Thema abzulenken.
„Viel interessanter ist doch …“
Sollen wir nicht endlich zum eigentlichen Thema kommen?!“
Und das ist natürlich das eigene.
Hier liegt auch das Folgende vor:
— - Beliebt sind Falschbehauptungen oder Übertreibungen auch, um sich vorzudrängeln:
„Können Sie mich eben vorlassen, ich habe nur eine kurze Frage.“
oder noch besser:
„Ich will nur was abgeben.“
Und dann lässt man sich ausführlich beraten und verlässt das Gebäude möglichst über einen Hinterausgang.
— - Aufwertung
So ganz nebenbei verteilt man Wichtigkeitspunkte, wie es einem selbst passt.
— - Es gibt natürlich auch das Gegenteil, die Abwertung:
„Aber das sind doch nur Randerscheinungen.“
oder auch reine Behauptungen:
„Daran arbeiten wir schon lange.“
Das kann wiederum schön gekontert werden durch eine weiterführende Frage:
„Und – gibt es schon Ergebnisse?“
— - Allgemeine Probleme sind Übertreibungen:
Es geht um ein Urlaubsziel, zu dem man selbst nicht möchte.
„Ich habe letztens ein Video gesehen – das war erst ein paar Tage alt. Die Leute sind sogar vorzeitig abgereist. Ziemlich viel Müll in der Innenstadt – die Wanderwege sind nicht ordentlich ausgezeichnet – und eine Berghütte war anders als angegeben, geschlossen. Die Leute sind halb verhungert abends wieder angekommen.
Das passt auch zum nächsten Problem.
— - „Anekdotische“ Pseudo-Argumente
Gemeint ist damit, dass ein Sonderfall hervorgehoben wird – man tut so, als sei es ein Regelfall, was aber aber nicht sicher ist.
Ein berühmter Fall ist:
„Alle Lehrer sind faul – man muss sich nur mal diesen Herrn X ansehen, wie er den ganzen Nachmittag im Garten rumliegt oder uns mit dem Rasenmäher stört.“
Das kann man leicht auskontern: „Und ich kenne einen, der schreibt seinen Schülern noch nach Mitternacht hilfreiche Mails.“
Außerdem liegt auch noch eine Übertreibung vor.
— - Ausnutzung der eigenen Machtposition als Ausweichmanöver:
Lehrer auf eine Schülerfrage: „Das gehört hier nicht hin.“
Natürlich kann das auch stimmen, sollte aber begründet werden, sonst klingt es verdächtig 😉
— - Angeblicher Trick auf Pressekonferenzen
„Das habe ich Ihnen doch gerade erklärt.“
Obwohl es gar nicht immst – aber man bringt damit den Fragesteller in eine unangenehme Situation. Andere wollen auch ihre Frage stellen – oder schauen sogar skeptisch auf den, der anscheinend was nicht versteht.
— - Einfach „überrollen“
- In Fontanes Roman „Irrungen, Wirrungen“ gibt es ein schönes Beispiel, wie man jemanden kommunikativ gewissermaßen „überrollen“ kann.
- Leutnant Botho von Rienäcker wird von seinem Onkel besucht, der ihn überreden will, eine reiche Kusine zu heiraten.
- Botho ist aber verliebt in die bürgerliche Lene.
- Beide sehen zwar für sich keine Zukunft auf Dauer – aber Botho möchte ihr Zusammensein nicht durch eine schnelle Heirat beenden.
- Der Onkel geht so vor:
- Zunächst Herausarbeitung der Chancen einer „guten“ Partie
„Botho, wozu stehst du bei den Kaiserkürassieren, und wozu hast du eine reiche Cousine, die bloß darauf wartet, daß du kommst und in einem regelrechten Antrage das besiegelst und wahr machst, was die Eltern schon verabredet haben, als ihr noch Kinder wart.“ - Dann Druck machen
„Wozu noch überlegen? Höre, wenn ich morgen auf der Rückreise bei deiner Mama mit vorfahren und ihr die Nachricht bringen könnte: ›Liebe Josephine, Botho will, alles abgemacht‹, höre, Junge, das wäre mal was, das einem alten Onkel, der’s gut mit dir meint, eine Freude machen könnte.“ - Dann sich hilfesuchend an den anwesenden Freund Bothos wenden
„Reden Sie zu, Wedell. Es ist Zeit, daß er aus der Garçonschaft herauskommt. Er vertut sonst sein bißchen Vermögen oder verplempert sich wohl gar mit einer kleinen Bourgeoise.“ - Dann die Schlussattacke, bei der man die andere Seite regelrecht „überrollt“
„Hab ich recht? Natürlich. Abgemacht. Und darauf müssen wir noch anstoßen.“
Quelle: http://www.zeno.org/nid/20004773438
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- Zunächst Herausarbeitung der Chancen einer „guten“ Partie
- Körpersprachliche Begleitaktionen einer „Überroll-Argumentation“
Durch eine körpersprachliche Blitzaktion ist Bismarck an seine Frau Johanna gekommen, mit der er dann jahrzehntelange glücklich verheiratet war.- Sein Problem: Er hatte keinen guten Ruf.
- Aktion 1: Er schreibt dem Vater seiner Angebeteten einen Bekenntnisbrief als reuiger Sünder.
- Aktion 2: Beim Gespräch überrascht er dann die Anwesenden, indem er plötzlich Johanna küsst.
- Damit hat der Vater nur noch zwei Möglichkeiten:
- Rausschmiss und Co.
- Oder er erkennt das an, was sich jetzt kaum noch aufhalten lässt – zumal Johanna zwar auch überrascht wird, aber anscheinend einverstanden ist.
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Quelle: Otto von Bismarck und Johanna von Puttkamer. Die Geschichte einer großen Liebe, 1. Auflage 2016, ISBN 978 3 458 36131 2
Weitere Infos, Tipps und Materialien
- Kommunikation – Infos, Tipps und Materialien (Themenseite)
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