Sarah Kirsch, „Dreistufige Drohung“ – Interpretationsanmerkungen (Mat4362)

Zu diesem Gedicht:

Wenn man das Gedicht zum ersten Mal liest, ist man vielleicht irritiert oder gar verärgert, weil hier so seltsam unrealistische Waffen gegenüber einem Liebesende eingesetzt werden.

Am Ende dann eine überraschende Lösung: Offensichtlich will das Gedicht zeigen, dass man einer schwindenden Liebe nicht mit echten Gegenmaßnahmen begegnen sollte. Die verschärfen nur den Konflikt und beschleunigen das Ende. Sondern man kann einerseits deutlich machen, wie wichtig einem die Beziehung ist, wenn man sogar Mond und Wind einsetzen will.

Andererseits kann man am Ende auch auch die eigene Position stärken, indem man andeutet, dass man ggf. auch ohne die Beziehung auskommen könne.

Das Gedicht ist z.B. hier zu finden.

Anmerkungen zur Überschrift

„Dreistufige Drohung“

  • Überschrift wirkt sehr martialisch (kriegerisch).
  • Man ist gespannt, um was für ein Ziel es geht und wie die drei Stufen aussehen.

Anmerkungen zu Strophe 1

  • Zu Beginn der ersten Strophe wird die Situation deutlich, um die es geht. Das lyrische Ich wendet sich an jemanden, der gehen will, und möchte das offensichtlich verhindern.
  • Der Rest der Strophe ist schwer zu verstehen. Das lyrische Ich droht damit, das dem Mond mitzuteilen.
  • Die restlichen vier Zeilen entwerfen ein seltsames Konzept der Bewältigung der Situation. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass das Sternbild des großen Wagens angeblich mit dem lyrischen Ich fühlt und das Gegenüber anscheinend verfolgt.
  • Zwischenfazit:
    Ganz offensichtlich hat das lyrische Ich Wünsche. Die Maßnahmen, mit denen es sie erreichen will, sind aber nicht nachvollziehbar.

Anmerkungen zu Strophe 2

  • Die zweite Strophe geht davon aus, dass das zum Weggehen bereite Gegenüber bereits die Klinke der Tür drückt.
  • Die Situation spitzt sich also offensichtlich zu.
  • Dagegen wird eine ähnliche Abwehrfront aufgebaut wie in der ersten Strophe. Nur dass das lyrische Ich sich diesmal an den Wind wendet, der dann mit seinen Möglichkeiten die Sache des lyrischen Ichs vertritt.

Anmerkungen zu Strophe 3

  • Die letzte Strophe ändert die Situation und das Verhalten des lyrischen Ichs.
  • Es vermutet jetzt einen Grund für das Weggehen des Gegenübers.
  • Es verzichtet auf irgendwelche Gegenreaktionen, droht dafür, darunter nicht zu leiden und eben auch nichts dagegen zu unternehmen.
  • Offensichtlich wird das als schärfste Abwehrmaßnahme empfunden und angewendet und gibt letztlich dem ganzen Gedicht auch ein gewisses Maß an Klarheit.
  • Als größte Waffe im Bemühen, eine Beziehung aufrechtzuhalten, wird scheinbar Desinteresse am Gegenüber präsentiert.
  • Offensichtlich erhofft sich das lyrische Ich, dass genau das das Gegenüber nicht ertragen kann und dann vielleicht gerade deswegen bei ihm bleibt.

Kreative Anregung:

Den raffinierten Trick, der hier angewendet wird, kann man mal versuchsweise auch mal zu einem Gespräch ausgestalten:

  • Er: „Ich muss dir was sagen … ich denke, unsere Beziehung ist am Ende. Ich werde nachher einfach meine Sachen packen und gehen.
  • Sie: „Ich fasse es nicht. Du willst wirklich gehen? Wir wollten doch noch gemeinsam in Urlaub fahren, endlich Zeit für uns haben.“
  • Er: „Ja, tut mir leid, da wird wohl nichts draus.“
  • Sie – nach einer längeren Pause: „Na gut, Reisende soll man nicht aufhalten. Aber glaub nicht, dass ich dir lange nachtrauere. Wozu hat man echte Freunde. Ich werde einfach Harry ansprechen, der wollte immer schon mal eine Kreuzfahrt in die Südsee machen – und wenn ich nicht mehr bei deinem Endlosstudium unterstützen muss, ist ja auch genug Geld da.“
  • Er ???
    Hier kann jeder ja mal überlegen, wie das Gespräch weitergehen könnte.

Wer noch mehr möchte …