Julia Engelmann, „Kleiner Walzer“ – ein Song, mit dem man viel anfangen kann (Mat5973 )

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird ein Song von Julia Engelmann mit dem Titel „Kleiner Walzer“.

Anschauen und anhören kann man ihn sich hier:

https://youtu.be/SiHlxJ-AjGg?si=NEoKKRHSWMH6xsqo

Dort ist auch der Text zu finden.

Wir stellen hier einzelne Teile des Liedes, das ja auch ein Gedicht ist, vor.

Aus Gründen des Urheberrechts verweisen wir nur auf die Originalzeilen. Jeder kann sie sich ja danebenlegen.

Wir hoffen auf jeden Fall, dass unsere Anmerkungen hilfreich sind und vielleicht sogar anregen, das eine oder andere aus der eigenen Situation und Perspektive darzustellen.

 (VG 1,1u2)

  • Das Gedicht beginnt mit der Feststellung des lyrischen Ichs, dass auf dem Gesicht seiner Gegenübers Sonnenlicht zu sehen ist.
  • Das ist wohl so zu verstehen, dass der Betreffende glücklich ist. Warum, weiß man erste mal nicht.
  • Die Reaktion des lyrischen Ichs ist eine doppelte:
    • Zum einen freut sie sich,
    • Aber sie freut sich anscheinend nur für den anderen.
    • Das bedeutet wohl, dass sie selbst nicht in dieser glücklichen Stimmung und/oder Position ist.

(VG1,3u4)

  • Es kommt noch schlimmer, denn während das Gegenüber spricht, entsteht im lyrischen Ich Zweifel. Das heißt, seine Unsicherheit wird noch größer.
  • Es wird dann etwas näher erklärt, worum es bei dem Zweifel geht: nämlich um die Frage, „was das Richtige ist“.
  • Offen bleibt aber natürlich, worauf sich das bezieht.

 

(VG 1,5-7)

  • Der Selbstzweifel wird dann in der Sache etwas verändert in Richung „sich nicht mögen“.
  • Außerdem wird er ausgeweitet auf „alle anderen“. Die werden gemocht. Das heißt: Da geht das, was bei einem selbst nicht geht.
  • Dann kehrt das Gedicht zur Grundidee des Zweifels zurück: Jetzt geht es darum, dass ihm jeden Tag etwas anderes gefällt. Es gibt also keine stabilen Beziehungen – ganz gleich, worum es sich handelt.
  • Dieses Defizit kann jeder leicht verstehen, der zum Beispiel seinen Hund liebt oder seinen Sport oder auch einen Menschen.
  • Dass die Probleme in diese Richtung gehen, wird dann deutlich, wenn das lyrische Ich bekennt,. Dass es nicht weiß, „wohin ich gehör.“ Das passt zu der Idee mit den fehlenden stabilen Beziehungen.

 

(VG 2,1-2)

  • Zu Beginn der zweiten Strophe dominieren Gegensätze
  • Zunächst geht es um den Wunsch, noch Besseres vorzufinden, als man schon bekommt.
  • Dann ein Wortspiel, das zwei Probleme deutlich macht:
    • Zum einen schleppt das lyrische Ich zu viel mit sich rum.
    • Zum anderen lässt sie zuviel zu.
    • Das verstärkt natürlich das erste Problem.
  • Zwischendurch: Kommentar
    Was auffällt, ist, dass der Song relativ unkonkret ist. Er drückt eher allgemeine Gefühle aus als konkrete Situationen oder Gegebenheiten.
  • Von daher könnte es sinnvoll sein, dieses Gedicht persönlich an den Stellen zu füllen – oder auch zu verwerfen, weil man diese Probleme nicht hat.

(VG 2,3-8

  • Hier werden auf die gleiche allgemeine Weise weitere Probleme benannt:
    • Zunächst geht es darum, dass das lyrische Ich das Gefühl hat, nicht nur nicht weiterzukommen, sondern sich sogar zurück zu entwickeln.
    • Dann wartet sie auf ein Glück, aber auch nicht so richtig, denn es wird höchstens für den nächsten Tag erhofft.
    • In VG2,5 geht es um Gelegenheiten, die man nutzen könnte, wenn man raus geht. Möglicherweise traut sie sich nicht oder liebt die Bequemlichkeit.
    • Dann wieder zwei Gegensatzzeilen: Viel geredet, wenig geglaubt. Das kann bedeuten, dass es zu wenig Substanz hatte, was geredet wurde – es passt auch zu der Grundsituation des Zweifelns.
    • Interessant auch dann die Umkehrung: Normalerweise beklagen Promis, dass sie viel Applaus bekommen, aber wenig wirkliche menschliche Nähe. Hier inhaltliche das Gleiche, aber im Vordergrund steht die fehlende Nähe.
    • Am Ende dann wieder das Gefühl eines ungenügendem Beziehungsgeflechts.

(VG3,1-8)

  • Diese Strophe widmet sich Vergleichen, die alle negativ aussehen oder eben eine Unstimmigkeit zeigen.
  • Letztlich wird wieder das Alleinsein betont und wohl auch beklagt.
  • Es folgen zwei Zeilen, die wieder darauf hinauslaufen, dass nichts Echtes da ist, das sich richtig anfühlt und auch in einer festen Beziehung steckt. Das muss sich nicht auf Personen beziehen.

(VG4,1-3)

  • Jetzt die Rückkehr zum Du.
  • Aber auch hier das Problem der Differenz und der Unentschlossenheit.
    • Das Gegenüber hat anscheinend alles, was dem lyrischen Ich fehlt.
    • Aber dieses nutzt nicht die Gelegenheit, sondern hält dieses Gegenüber nicht auf bei seinem vielleicht nur natürlichen Verschwinden.
    • Am Ende dann fast eine Art Verstummen, wenn es nicht mal mehr für die Wiederholung des „auf“ reicht.

(VG5,1-4)

  • Dann die Rückkehr zum Anfang, das Gefühl des Sonnenlichts auf dem Gesicht des Gegenübers.
  • Statt das versuchsweise positiv auf sich zu beziehen nur eine Art Floskel, die kaum stimmen kann – bei all dem, was das lyrische Ich als Defizit empfindet.
  • Am Ende dann die Reduktion dieser potenziell hoffnungsvollen Begegnung: Es ist nur ein Augenblick, der das lyrische Ich streift statt fesselt.
  • Kommentar: Da bietet sich schon wieder eine Tür ins Kreative.
  • Am Ende noch mal die Zusammenfassung eines Kernproblems: Dieses lyrische Ich will eine Sicherheit, die es nur bekommen kann, wenn es mutig auf das Leben und seine Möglichkeiten zugeht.

Zusammenfassung:

Das Lied zeigt

  1. Ein lyrisches Ich, das beeindruckt ist vom Sonnenlicht auf dem Gesicht eines Gegenübers,
  2. dem es sein Glück gönnt,
  3. während es selbst voller Zweifel ist,
  4. nicht an sich selbst glaubt,
  5. auch nichts Festes in seinem Umfeld findet, an das es sich halten kann,
  6. es ahnt, dass das Gegenüber mehr als nur das Sonnenlicht zu bieten hat, nämlich auch Klarheit verschaffen könnte und damit wohl auch Halt und Orientierung.
  7. Aber das lyrische Ich ist so schüchtern und zurückhaltend, dass es dieses Gegenüber nicht aufhält,
  8. so bleibt es eine Augenblicks-Chance,
  9. die nicht genutzt wird.
  10. Deutlich werden auch gute Möglichkeiten, diese Situation mal im Hinblick auf eigene Gefühle und Erfahrungen zu überprüfen, dabei vor allem auch zu konkretisieren. Denn erst dann lässt sich die Lage positiv verändern.

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