Wenn immer wir uns mit etwas genauer beschäftigen, dann „analysieren“ wir es, d.h. wir zerlegen es – und ganz nebenbei vergeben wir zugleich gewissermaßen auch „Etiketten“:Etikett Nr. 1: Was ist das eigentlich?Etikett Nr 2: Was kann ich damit anfangen?Beispiel:
Eine Familie findet einen Koffer, der am Strand angeschwemmt wurde.
Man macht ihn auf und holt alles raus, was drin ist.
Dabei erkennt man, was es ist, zum Beispiel Kleider, Accessoires, Hygiene-Artikel, Lesestoff, vielleicht auch Spielzeug.
Je nach dem Interesse der Familienmitglieder interessieren sie sich auf unterschiedliche Weise dafür.
Der eine findet ein schönes Tuch, der andere ein passendes Armband, wieder einer entdeckt ein teures Parfum, was anscheinend noch nicht angebrochen wurde. Vielleicht ist ein Buch noch lesbar – und wieder andere können mit einem Modellauto was anfangen.
Genauso kann man auch mit Texten umgehen. Das werden wir gleich an einem Beispiel zeigen.
Auch Texte kann man auseinandernehmen und anschließend mit den gleichen „Etiketten“ versehen.
Was beim Auseinandernehmen entsteht, sind sogenannte „Sinnabschnitte“ – und die findet man, wenn man schaut, welche Textteile zusammengehören und sich dadurch von den Nachbar-Abschnitten auch abgrenzen.
Noch eine letzte Vorbemerkung:
Wo genau man die Grenzen zieht, vor allem im Hinblick auf die Größe, das ist zum einen Geschmackssache, zum anderen eine Frage der genaueren Ordnung. Es gibt nämlich Hauptabschnitte und eben auch kleinere Abschnitte – wie man das aus einer Gliederung kennt.
Wer es selbst gleich mal ausprobieren möchte – hier der unbearbeitete Text:
Erst mal ein Vorschau-Screenshot, darunter dann der Download-Link für die PDF-Datei:
Text und Aufgabenstellung können hier heruntergeladen werden.
Hinweis auf unser Youtube-Video:
Zu finden ist es unter der folgenden Adresse:
Die Dokumentation zum Video kann hier heruntergeladen werden.
Nun unser Beispieltext, den wir gleich fortlaufend in Sinnabschnitte einteilen:
Abschnitt 1: Einstieg:
Es ist schon erstaunlich: In der Schule wird alles Mögliche gelernt – nur häufig nicht das, worauf es im Leben wirklich ankommt.
- Einstieg über die Feststellung eines Defizits
- Hier vielleicht noch die Anmerkung, dass das eine recht häufige Einstiegsvariante ist.
Abschnitt 2: Konkretisierung
Nehmen wir einmal das Schul-Hauptfach Deutsch: Da werden grammatische Grundbegriffe trainiert, es werden Kurzgeschichten und Romane besprochen und natürlich geht es auch um Kommunikation.
- Konkretisierung der allgemeinen Behauptung in Richtung des Faches Deutsch,
- zunächst mal unproblematische Aufzählung dessen, was da im Unterricht gemacht wird.
- Als Leser erwartet man aber schon, dass gleich auf Dinge hingewiesen wird, die man dort lieber gesehen hätte.
Abschnitt 3: Kontrastierung
Wenn man dann als Außenstehender aber mal am Unterricht einer Klasse teilnimmt, wundert man sich, wie wenig in der Praxis darauf geachtet wird. Jeder bemüht sich, möglichst leise und undeutlich zu sprechen, es könnte ja vielleicht etwas falsch sein – und was nicht gehört wird, kann auch nicht zum Gegenstand von Kritik oder gar des Gelächters werden.
- Kontrastierung dessen, was eigentlich Thema ist, mit dem, was dabei gleichzeitig herauskommt, nämlich wenig bis nichts.
Abschnitt 4: Erweiterung
Noch schlimmer wird es, wenn ein längeres Statement oder auch eine Hausaufgabe eigentlich „zu Gehör gebracht werden“ müsste. Spätestens nach dem zweiten Satz hören immer weniger Leute zu und der Sprecher selbst verstummt auch zunehmend. Der Einzige, der sich noch richtig konzentriert, ist der Lehrer, denn er muss ja möglichst konstruktiv auf den Beitrag reagieren. Aber auch dabei hört nur noch ein Teil der Klasse zu, schließlich hat man ja gerade mit dem Nachbarn ein viel interessanteres Gesprächsthema gefunden – ggf. sorgen auch noch ganz andere Aktivitäten für Abwechslung und Zerstreuung.
- Erweiterung des negativen Eindruck im Hinblick auf den Spezialfall des Referats
Abschnitt 5: Auswertung
Es ist schon ein Jammer mit der Schule – acht oder sogar neun Jahre Deutschunterricht am Gymnasium verstreichen – und wenn junge Menschen richtig, d.h. vor Publikum sprechen lernen, dann geschieht das irgendwann und irgendwie und keiner weiß, warum der eine es am Ende kann oder der andere nicht.
- Auswertung der Situation in der Schule für das spätere Leben, besonders im Hinblick auf das Sprechen vor Publikum
Zwischen-Stand nach dem Check der ersten 5 Abschnitte
Abschnitt 6: Doppelter Hinweis: Rückblick und Allgemeingültigkeit
Früher war das mal anders – da gab es ganz selbstverständlich die Disziplin Rhetorik, d.h. die Entwicklung der Kunst der öffentlichen Rede – und die beginnt eigentlich immer, wenn mehr als zwei Menschen sprachlich miteinander zu tun bekommen.
- Doppelter Hinweis auf die andere Situation in früheren Zeiten und die öffentlichen Reden im Alltag
Abschnitt 7: Fälle von Erfolg mit Rhetorik
Dazu kommt, dass Redekunst eine Menge mit Erfolg im Leben zu tun hat.
Als Schüler unterscheidet man natürlich sorgfältig zwischen Lehrern, die gut reden können und solchen, denen zuzuhören eine Zumutung ist.
Aber man selbst will ja nicht unbedingt Lehrer werden. Dabei gibt es kaum Berufe, bei denen man später darum herumkommen wird, mehr oder weniger kurze Ansprachen zu halten, die bei den anderen zumindest einen guten Eindruck hinterlassen, wenn nicht sogar zum Erfolg führen sollen.
Man denke etwa an Bewerbungsgespräche: Wer da leise, mit sich selbst offensichtlich im Zweifel Ein-Wort-Antworten gibt, wird kaum eine Chance haben.
Wer doch einen Job bekommt hat und sich in einer Mitarbeiterbesprechung verbal nicht durchsetzen kann, na ja, bei dem werden immer die unangenehmsten Jobs hängen bleiben.
Klappt dann etwas nicht, dann gute Nacht, wenn man nicht wortreich und wirkungsvoll anderen die Schuld zuschieben oder diese ganz wegreden kann.
- Zusammenstellung von Fällen, in denen es Im Leben auf Redekunst ankommt
Abschnitt 8: Vorschläge
Was also tun? Jede Gelegenheit nutzen, mehr als ein oder zwei Wörter im Unterricht loszuwerden. Nicht nur Referate stellen – leider viel zu seltene – Herausforderungen an die eigene Sprechkunst dar – jede Hausaufgabe kann so vorgetragen werden, als hätte man sie selbst gemacht und stünde voll dahinter.
- Übergang zur Vorschlägen zur Lösung des Problems, gleich verbunden mit ganz praktischen Anregungen
Abschnitt 9: Positive Veränderungen
Wie werden sich Mitschüler wundern, wenn man sich nach einer längeren Phase der Desorientierung im Unterricht zu Wort meldet und mal kurz aufdeckt, was alles unklar geblieben ist.
Übrigens steigen ganz allgemein die Chancen, mit ein bisschen Rhetorik die eigenen Interessen auch in der Schule und im Unterricht besser durchzusetzen.
Wenn dann die eine oder andere nicht ganz so lebenswichtige Standard-Hausaufgabe minimiert wird und ein angedrohter Test ganz „weggeredet“ werden kann – dann haben sich das bisschen mehr Aufwand und die kleinen Sprünge über den eigenen Schatten sogar direkt und unmittelbar gelohnt.
- Hinweis auf positive Veränderungen, die dadurch erreicht werden
Abschnitt 10: Perspektiven
Bleibt nur die Frage, wie sehr es gelingen kann, den dicken Tanker Schule ein bisschen von seinem Normalkurs abzubringen – er muss nicht mal schneller werden und kann trotzdem für alle Beteiligten mehr Erfolg bringen.
- Abschließende Frage nach den realen Chancen für eine solche Veränderung, verbunden mit dem kleinen Wunder, dass gar nicht mehr Aufwand nötig ist
Hier nun ein Überblick über den zweiten Teil des Textes:
Gesamtüberblick über den Lernkurs zum Thema „Umgang mit Sachtexten“
https://textaussage.de/uebersicht-lernkurs-sachtexte
Sachtexte – Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/thema-sachtexte-infos-tipps-und-materialien-themenseite
Weitere Infos, Tipps und Materialien
https://textaussage.de/weitere-infos