Thomas Bernhard, „Der Stimmenimitator“ (Mat4427)

Zum Inhalt der Geschichte

  • In der Geschichte geht es um einen Mann der offensichtlich gut Stimmen nachahmen kann.
  • Ausgangspunkt ist eine Einladung dieses Mannes in eine chirurgische, also offensichtlich medizinisch orientierte Gesellschaft.
  • Dort begeistert er die Zuhörer so sehr, dass sie ihn auch noch an einen Ort einladen, an dem Künstler sich gut präsentieren können.
  • Dort wird er aufgefordert, noch andere Stimmen zu imitieren als am ersten Ort. Das gelingt auch ebenfalls zur vollen Zufriedenheit des Publikums.
  • Zum Problem kommt es, als der Stimmenimitator am Ende auch noch aufgefordert wird, seine eigene Stimme zu imitieren. Dazu erklärt er, das könne er nicht.

Zuf Frage der Aussage der Geschichte

  • Wenn man nicht genau hinschaut, scheint die Aussage des Textes klar zu sein.
    • Dieser Künstler ist so auf seine besondere Fähigkeit fixiert, dass er sich mit sich selbst gar nicht in gleicher Weise beschäftigen kann.
    • Man könnte überspitzt vielleicht formulieren:
      Dieser Künstler hat am Ende überhaupt kein Verhältnis mehr zu sich selbst zumindest nicht in gleicher Weise wie gegenüber Objekten seiner Kunst.
  • Wenn man genauer nachdenkt,
    • kann man natürlich auch die Aufgabenstellung Infragestellen.
    • Was heißt das eigentlich, dass jemand seine eigene Stimme imitieren soll?
    • Schon die negative Antwort am Ende hat doch die Stimme des Stimmenimitators in echt präsentiert.
  • Aber das ist vielleicht auch zugleich die Lösung des Problems:
    • Eine Imitation scheint etwas zu sein, bei dem zwei Faktoren eine Rolle spielen:
      • zum einen die imitierte Stimme,
      • zum anderen aber eben auch der Versuch, das nachahmen.
    • Damit wird deutlich, dass Imitation als Kunst gleich Original plus X ist – und dieses X kann der Imitator natürlich für sich selbst nicht leisten.

Zum „Sinn“ der Geschichte, also Anwendungsmöglichkeiten

  • Nun gibt es nicht viele Stimmen-Imitatoren. Das macht die  Frage spannend, was die Geschichte auch all denen sagen kann, die selbst diese Kunst entweder nicht beherrschen oder sich nicht mit ihr beschäftigen wollen.
    • Vielleicht macht diese Geschichte einfach den Unterschied klar zwischen der Perspektive auf ein Objekt und der Perspektive auf sich selbst.
    • Ein einfaches Beispiel wären Ärzte zum Beispiel, bei denen man einigen früher nachgesagt hat, sie würden den Patienten massiv vom Rauchen abraten, es aber selbst mehr oder weniger lustvoll zelebrieren.
    • Man könnte auch an Psychologen denken, die hervorragend in der Lage sind andere Menschen in Konflikten zu beraten. Konflikte, an denen sie selbst beteiligt sind, überfordern sie allerdings. Da ist es mit all ihrer Gelehrsamkeit nicht mehr viel her.
  • Natürlich handelt sich bei diesen Beispielen noch nicht um Kunst. Aber das X wird deutlich, dass bei der Fremdbetrachtung hinzukommt und zwar in positiver oder auch negativer Weise.
  • Das passt auch zu der Erfahrung, die jeder machen kann, der etwas Wichtiges abzugeben hat. Er tut gut daran, ein zweites Augenpaare zu bitten, drüberzuschauen. Man ist dann häufig ganz erstaunt, was ein anderer sieht, was das eigene Gehirn einem verborgen gehalten hat. aus welchen Gründen auch immer.

 Wer noch mehr möchte …