Goethe, „Die Leiden des Jungen Werther“: Inhalt, Zitate, Fragen, Teil2 (Mat4056-T2 )

Die ersten Briefe vom 4. bis 30. Mai sind:

hier zu finden:
https://www.einfach-gezeigt.de/leiden-werther-inhalt-zitate

S. 19: „Am 16. Junius“:

  • Werther trifft den bald nicht mehr wegzudenkenden Traum seiner Tage und Nächte, Charlotte, die Tochter des schon erwähnten Amtmannes.
  • Ich habe eine Bekanntschaft gemacht, die mein Herz näher angeht.“
  • „Ich bin vergnügt und glücklich“
  • „Sie hat allen meinen Sinn gefangengenommen.“
  • Ich hab’s nicht überwinden können, ich musste zu ihr hinaus.“
  • Bald zeigt sich auch die Gemeinsamkeit der Interessen, zum Beispiel im Hinblick auf den Umgang mit Romanen:
  • Charlotte erklärt:
    • „Und der Autor ist mir der liebste, in dem ich meine Welt wiederfinde, bei dem es zugeht wie um mich,
    • und dessen Geschichte mir doch so interessant und herzlich wird als mein eigen häuslich Leben,
      das freilich kein Paradies, aber doch im ganzen eine Quelle unsäglicher Glückseligkeit ist”.
  • Werther dazu:
  • “Ich bemühte mich, meine Bewegungen über diese Worte zu verbergen.
  • Das ging freilich nicht weit: denn da ich sie mit solcher Wahrheit im Vorbeigehen vom Landpriester von Wakefield, vom—reden hörte, kam ich ganz außer mich, sagte ihr alles, was ich musste,
  • und bemerkte erst nach einiger Zeit, da Lotte das Gespräch an die anderen wendete, dass diese die Zeit über mit offenen Augen, als säßen sie nicht da, dagesessen hatten.
  • Die Base sah mich mehr als einmal mit einem spöttischen Näschen an, daran mir aber nichts gelegen war.“
  • Später kommen sich beide beim Tanzen noch näher, allerdings gibt es auch eine Frau, die Lotte „den Namen Albert im Vorbeifliegen mit viel Bedeutung“ (27) nennt, was bei Werthers Begleiterin „einiges Nachdenken“ (27) auslöst. Dann erfährt Werther von ihr: „Albert ist ein braver Mensch, dem ich so gut als verlobt bin.“ (27), was er schon weiß, was aber in dieser Situation dazu führt: „Genug, ich verwirrte mich, vergaß mich […] dass alles drunter und drüber ging und Lottens ganze Gegenwart und Zerren und Ziehen nötig war, um es schnell wieder in Ordnung zu bringen.“ (27)
  • Als ein Gewitter aufkommt, überbrückt Lotte die aufkommenden Ängste durch ein Spiel, bei dem sich Werther freut, dass er von ihr zwei Ohrfeigen bekommt, bei denen er „mit innigem Vergnügenbemerkt, „dass sie stärker seien, als sie den Übrigen zuzumessen pflegte.“ (29/30).
  • Die Verbundenheit erreicht dann am Ende einen Höhepunkt, als sie bei dem Naturereignis auf Klopstocks gefühlsintensives Gedicht „Frühlingsfeier“ zu sprechen kommen und Werther Gelegenheit bekommt, die Hand Lottes „unter den wonnevollsten Tränen“ (30) zu küssen.

S. 30: „Am 19. Junius.“

  • Werther beschreibt die Situation am Morgen nach dem Ballbesuch.
  • Er freut sich, Lotte  bald wieder besuchen zu können: „und seit der Zeit können Sonne, Mond und Sterne geruhig ihre Wirtschaft treiben, ich weiß wieder dass Tag noch dass Nacht ist, und die ganze Welt verliert sich um mich her.“(31)
  • Man merkt hier, dass der junge Mann völlig hingerissen und nicht mehr ganz klar bei sich ist.

Seite 31: „Am 21. Junius.“

  • Werther fühlt sich inzwischen in Wahlheim „völlig etabliert“ (31), nicht weit von Lotte entfernt.
  • Er möchte dort offensichtlich heimisch werden, die „Ferne“ (32) bietet ihm anscheinend nichts mehr.
  • Er liebt die „Züge patriarchalischen Lebens“ (33) und meint damit wohl ein einfaches Leben im Kreise einer Familie.
  • Hier gibt es interessante Querverbindungen zum Thema Heimat und „unterwegs sein“.

Seite 33: „Am 29. Junius“

  • Werthers vertrauter Umgang mit den Geschwistern Lottes wird von einem Arzt als „unter der Würde eines gescheiten Menschen“ kritisiert (33) „Kinder wären so schon ungezogen genug, der Werther verderbe sie nun völlig.“ (34)
  • Dies bringt ihn dazu, noch einmal ausführlicher auf sein Verhältnis zu Kindern einzugehen, die für ihn ein besonders enges Verhältnis zu Gott haben.
  • Das ist natürlich eine gute Gelegenheit, mal darüber zu diskutieren, welche Vorzüge Kinder gegenüber Erwachsenen haben.

Brief 15: 1. Juli: Werthers Rede gegen die „üble Laune“

  1. Nun verdrießt mich nichts mehr, als wenn die Menschen einander plagen, am meisten, wenn junge Leute in der Blüte des Lebens, da sie am offensten für alle Freuden sein könnten, einander die paar guten Tage mit Fratzen verderben und nur erst zu spät das Unersetzliche ihrer Verschwendung einsehen.“
    • Erstaunliche Altersperspektive
    • Möglicherweise auch Bewältigung eigener Probleme
  2. Werthers Position:
    Wenn wir immer ein offenes Herz hätten, das Gute zu genießen, das uns Gott für jeden Tag bereitet, wir würden alsdann auch Kraft genug haben, das Übel zu tragen, wenn es kommt.“ –
  3. „es ist mit der üblen Laune völlig wie mit der Trägheit, denn es ist eine Art von Trägheit. Unsere Natur hängt sehr dahin, und doch, wenn wir nur einmal die Kraft haben, uns zu ermannen, geht uns die Arbeit frisch von der Hand, und wir finden in der Tätigkeit ein wahres Vergnügen.“ –
  4. Ist es nicht genug, dass wir einander nicht glücklich machen können, müssen wir auch noch einander das Vergnügen rauben, das jedes Herz sich noch manchmal selbst gewähren kann? Und nennen Sie mir den Menschen, der übler Laune ist und so brav dabei, sie zu verbergen, sie allein zu tragen, ohne die Freude um sich her zu zerstören! Oder ist sie nicht vielmehr ein innerer Unmut über unsere eigene Unwürdigkeit, ein Missfallen an uns selbst, das immer mit einem Neide verknüpft ist, der durch eine törichte Eitelkeit aufgehetzt wird? Wir sehen glückliche Menschen, die wir nicht glücklich machen, und das ist unerträglich.“
  5. Lotte lächelt ihn an und „eine Träne in Friederikens Auge“ spornt ihn an fortzufahren.
  6. Er kritisiert diejenigen die sich der Gewalt bedienen, die sie über ein Herz haben, um ihm die einfachen Freuden zu rauben, die aus ihm selbst hervorkeimen. Alle Geschenke, alle Gefälligkeiten der Welt ersetzen nicht einen Augenblick Vergnügen an sich selbst, den uns eine neidische Unbehaglichkeit unsers Tyrannen vergällt hat.“

6. Juli

  • Zu einer peinlichen  Szene kommt es, als Werther am Brunnen in einer Art Übersprungshandlung ein  kleines Mädchen küsst. Er wird daraufhin von Lotte streng getadelt und sie hilft dem Kind, diese Verunreinigung sich abzuwaschen.
  • Werther hat nichts Besseres zu tun, als sein Vergehen zur Sünde einer ganzen Nation hochzustilisieren. Lotte erklärt er zur Vater Prophetin, die dann ein ganzes Volk davon befreit.
  • Es wird  deutlich, wie wenig Verständnis Werther für die Situation hat und wie sehr er sofort eigenen Interpretationen anhängt. 
  • Interessant für die Frage der Epochenzuordnung ist eine anschließende Episode, in der Werther diesen Vorfall einem Bekannten erzählt, den er für einen vernünftig hält. Der äußert sich ganz im Sinne der Aufklärung, indem er Lotte tadelt, dass sie hier einen Aberglauben unterstützt hat. Das Kind hat offensichtlich gehört, dass ein Kuss einem Mädchen einen Bart wachsen lässt und wollte sich deshalb davon reinigen.

Am achten Julius

  •  Werther ist sehr müde, muss aber unbedingt noch etwas loswerden.
  • Es hat eine Abschiedssituation gegeben, in der Lotte ihn zunächst nicht angesehen hat,
  • dann hat sie sich noch einmal umgewendet und zurückblickt aus der Kutsche
  • und jetzt weiß der arme Werther nicht, ob sie das seinetwegen getan hat oder nicht.
  • Das macht ihn ganz fertig.
  • Die typische Situation eines frisch Verliebten in der Unruhephase.

Am zehnten Julius

  • Hier wird Werthers Verliebtheit auch auf eine andere Weise deutlich.
  • Er kann es absolut nicht haben, wenn ihn jemand fragt, wie Lotte ihm gefällt.
  • Angesichts seiner eigenen Hingerissenheit findet er das einfach als absolut unangemessen.
  • „Gefällt! Das Wort hasse ich auf den Tod. Was muss das für ein Mensch sein, dem Lotte gefällt, dem sie nicht alle Sinne, alle Empfindungen ausfüllt!“
  • Interessant ist, dass die Anmerkung zu diesem Tage damit schließt, dass Werther sich mit offensichtlichen Abscheu vorstellt, dass ihn jemand fragen könnte, wie der fiktive Dichter Ossian ihm gefallen.
  • Das ist für Werther so eine Art zweiter Homer, erdacht von einem schottischen Dichter.

Am 11. Julius

  • Werther muss etwas loswerden, was er von Lotte gehört hat.
  • Die kümmert sich um eine sterbende Frau, die ihrem Mann kurz vor ihrem Tod erzählt, dass sie das zu geringe Haushaltsgeld eigenmächtig aufgebessert hat.
  • Sie hat sich einfach das fehlende Geld hinter dem Rücken ihres Mannes aus einem anderen Bereich geholt.
  • Werther hält es gegenüber Lotte für eine „unglaubliche Verblendung des Menschensinns“ wenn jemand so dumm sein kann wie dieser Mann. Das ist natürlich sehr oberflächlich gedacht und berücksichtigt in keiner Weise die vielen Dinge, um die Werther sich nicht angemessen kümmert.
  • Ansonsten zeigt diese kleine Episode deutlich die Machtverhältnisse zwischen Mann und Frau in den Ehen um 1800.
  • Deutlich wird aber auch, woran damals Menschen kurz vor ihrem Tode gedacht haben, weil sie alles positiv geregelt wissen wollten.

Am 13. Julius

  • Werther glaubt in den Augen Lottes zu sehen, dass sie ihn liebt.
  • Interessant ist, dass er das sofort für eine Vergötterung seiner selbst nutzt.
  • Das Gefühl verkehrt sich aber gleich ins Gegenteil.
  • Werther macht sich nämlich klar, mit welcher Wärme Lotte immer von ihrem abwesenden Verlobten spricht.

Am 16. Julius

  • Werther beschreibt Situationen, in denen er kleine Vertraulichkeient mit Lotte sieht.
  • Er leidet darunter, dass Lotte in ihrer Unschuld das nicht in gleicher Weise empfindet.
  • In den nächsten Passagen merkt man Werther den Kampf an, bis er sich dann doch zu einer moralischen Haltung zwingt.
  • Wie weit sie wirklich trägt, bleibt angesichts des Gefühlschaos und der Zerrissenheit in ihm fraglich.
  • Erlösung aus dieser Qual, die ihn manchmal sogar an Selbstmord denken lässt, findet Werther nur, wenn Lotte ihm ein bestimmtes Lied vorspielt.

Am 18. Julius

  • Zunächst schreibt Werther zusammenfassend das Glück der Liebe.
  • Wenn er mal verhindert ist, Leute zu besuchen, schickt er seinen Diener hin, um wenigstens jemanden um sich zu haben, der Lotte gesehen hat.
  • Nur die Scham hält ihn davon ab, den Diener auch noch zu küssen.

S. 46: „Den 19. Julius“

  • Die Vorfreude darauf, Lotte wieder zu sehen, lässt Werther schreiben:
    Und da habe ich für den ganzen Tag keinen Wunsch weiter. Alles, alles verschlingt sich in dieser Aussicht.“ (46)

S. 46: „Den 20. Julius“

  • Werther  ist nicht begeistert von der Aussicht, als Begleiter mit einem Gesandten unterwegs zu sein. Ihn stört dabei zum einen die Subordination, zum anderen, dass der Man noch dazu ein niedriger Mensch ist.
  • Hintergrund ist, dass seine Mutter ihn gern wieder „in Aktivität haben“ möchte. Darüber kam Werter nur lachen: „Bin ich jetzt nicht auch aktiv, und ist’s im Grunde nicht einerlei, ob ich Erbsen zähle oder Linsen? Alles in der Welt läuft doch auf eine Lumperei hinaus, und ein Mensch, der um anderer willen, ohne daß es seine eigene Leidenschaft, sein eigenes Bedürfnis ist, sich um Geld oder Ehre oder sonst was abarbeitet, ist immer ein Tor.“ (46)
  • Man merkt hier deutlich, dass dieser Werther sich nicht die geringsten Sorgen um seinen Lebensunterhalt machen muss. Sonst würde er sicherlich über „Aktivitäten“ anders sprechen.
  • Eine interessante Aufgabe könnte sein, das mal genauer zu beschreiben, was Werther hier nur andeutet, nämlich, dass er selbst angeblich auch „aktiv“ sei.

S. 46: „Am 24. Julius“

  • Werther entschuldigt sich gegenüber Wilhelm, dass er längere Zeit nicht gezeichnet hat. Seine Erklärung:
    • „Noch nie war ich glücklicher,
    • noch nie war meine Empfindung an der Natur, bis aufs Steinchen, aufs Gräschen herunter, voller und inniger,
    • und doch – Ich weiß nicht, wie ich mich ausdrücken soll,
    • meine vorstellende Kraft ist so schwach, alles schwimmt und schwankt so vor meiner Seele, dass ich keinen Umriß packen kann“
  • Dreimal hat er vergeblich versucht, von Lotte ein Porträt zu erstellen, nur ein Schattenriss ist ihm gelungen.
  • Dadurch soll wohl die Verwirrung deutlich werden, in der Werther sich befindet, vielleicht auch, dass er nicht nur weit von Kunst entfernt ist, sondern auch von Lebenskunst.

„Am 26. Julius“, Teil 1

  • Werther bittet anscheinend um Aufträge von Lotte.
  • Wichtig ist ihm dabei, dass sie zum Trocknen der Tinte keinen Sand mehr verwendet. Offensichtlich küsst er alles, was Lotte geschrieben hat, und will dabei, dass ihm die Zähne knistern.
  • Das erinnert sehr an den Umgang mit den Kleidern seines Dieners, den er zu Lotte geschickt hat.

„Am 26. Julius“, Teil 2

  • Werther beschreibt hier, wie er vergeblich versucht, sich zumindest etwas von Lotte fern zu halten.
  • Ihre Anziehungskraft erinnert ihn an das Märchen vom Magnetenberg, das ihm seine Großmutter erzählt hat.
  • Interessant ist der Hinweis auf das, was mit den betroffenen Menschen auf den Schiffen passiert ist: „und die armen Elenden scheiterten zwischen den übereinander stürzenden Brettern.“ (48)

 

 

Weiterführende Hinweise