Wolf Graf von Kalckreuth, „Amsterdam“

Wolf Graf von Kalckreuth

Amsterdam

Strophe 1

  1. Gleich stillen Farben auf erschlossnem Fächer
  2. Eint sich der schmalen Häuser Grau und Rot,
  3. Und über grünem Kahn und weißem Boot
  4. Der Schmuck der Giebel und der tausend Dächer.

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  • Das Gedicht beginnt mit einem Vergleich, der deutlich machen soll, wie in Amsterdam eine Front aus schmalen Häusern in der Nähe eines Wasserwegs aussehen kann.
  • Verglichen wird die Häuserzeile mit einem Fächer, den man ausgebreitet hat und dessen Teile „stille“, also zurückhaltende Farben enthalten.
  • D.h.: Sowie ein ausgebreiteter Fächer einem nicht aufdringlich vor den Augen hin und her bewegt werden soll, genauso zurückhaltend kommt dem lyrischen Ich die Häuserreihe vor.
  • Die Häuserfronten beschränken sich offensichtlich auf eine Kombination von grauer und roter Farbe.
  • Das Zweite, was das lyrische Ich vor Augen hat, ist der offensichtlich besonders geschmückte Giebel der einzelnen Häuser und auch die Dächer gehören offensichtlich zum Schmuck der Häuser dazu.
  • Ganz nebenbei wird auf eine Eigenart vieler Stadtteile von Amsterdam hingewiesen, nämlich die Nähe zum Wasser, hier sichtbar gemacht durch zwei unterschiedlich gefärbte Brote.

2

  1. Das Brausen der bewegten Kais wird schwächer
  2. In diesen Straßen, wo der Lärm verloht1.
  3. Und in der Ferne bleichen Mast und Schlot,
  4. Die Fischerewer2 und die Wellenbrecher.
  • Entweder ist das lyrische Ich in Bewegung oder es vergleicht seine aktuelle Umgebung mit anderen Teilen der Stadt. Denn es handelt sich offensichtlich um eine Gegend, in der an den Ufern der Kanäle nicht mehr so viel Lärm ist.
  • Der Blick geht dann weiter in die Ferne und erfasst dort verschiedene Masten und Schornsteine.

3

  1. Unzähl’ge helle Fensterreihen schaun
  2.  Auf die Kanäle, wo die Nachen3 stocken,
  3. Wo vor den Brücken sich die Schuten4 staun.
  • Die Fenster der Häuser kommen dem lyrischen Ich wie Lebewesen vor, die ähnlich wie es selbst, nur in gegenläufiger Perspektive, auf die Kanäle schauen.
  • Die Wörter für das, was auf den Kanälen zu sehen ist, machen deutlich, dass hier nur kleine Boote unterwegs sind.
  • Hervorgehoben wird, dass sie stoppen beziehungsweise sich stauen. Das passt natürlich gut zu der Ruhe, die am Anfang des Gedichtes betont worden ist.

4

  1. Die Sonne taut durchs Laub in großen Flocken
  2. Und in der Luft perlmutterfarbnes5 Blaun
  3. Entfließt und singt das lichte Spiel der Glocken
  • In der letzten Strophe kümmert sich das lyrische Ich sich nicht mehr um die Details der städtischen Umgebung.
  • Stattdessen wendet es sich der Natur zu, freut sich am Sonnenschein und am Blau des Himmels.
  • Etwas Besonderes stellt die letzte Zeile dar, denn dort wird etwas Akustisches, nämlich der Klang der Glocken, verbunden mit der optischen Vorstellung von Helligkeit.
  • Außerdem werden die Glocken hier genauso personifiziert wie vorher die Häuserfenster.
  • Die Vermenschlichung der Umgebung wird noch verstärkt durch die Verbindung der Glocken mit einem Spiel und Gesang.

Fazit

  1. Insgesamt ein Gedicht, dass sich vor allem durch seine Vergleiche und die Ansätze von Personifizierung der Dinge hervortut.
  2. Ansonsten erscheint es sehr subjektiv und speziell und sagt wenig aus über das, was bei Amsterdam über diese wenigen Eindrücke hinausgeht.
  3. Vor allem hätte man sich ein bisschen mehr zum Klang der Glocken gewünscht, hier ist man als Leser jetzt ganz auf eigene Assoziationen angewiesen. Vor allem fragt man sich wohl, warum der doch recht einfache Klang von Glocken hier mit Singen und Spiel in Verbindung gebracht wird. Vielleicht gehört auch dies zum Motiv der Verlangsamung beziehungsweise Beruhigung,  also letztlich eine Reduzierung von Komplexität im Gedicht.

Weiterführende Hinweise