Anna Ritter, Traumglück

Anmerkungen zum Gedicht „Traumglück“ von Anna Ritter

Anna Ritter

Traumglück

  • Die Überschrift verbindet das Wort Glück, also die Vorstellung von einem mehr oder weniger idealen Zustand für einen Menschen,
  • mit dem Traum, d.h. den Erlebnissen im Schlaf, die spätestens beim Aufwachen sich als nicht real erweisen.
  • Als Leser ist man gespannt darauf,
    • ob das eher positiv gesehen wird, nach dem Motto, dass man dann wenigstens im Traum Glück erfährt.
    • Oder ob es eben negativ gesehen werden wird, dass es sich um ein Glück handelt, das man sich eben nur erträumt. Das beinhaltet am Ende natürlich dann eine Enttäuschung

 

Und wenn du schläfst und träumst von mir

Dann komm ich still gegangen

Und leg‘ mein weinendes Gesicht

An deine braunen Wangen.

  • In der ersten Strophe geht das lyrische Ich wohl von einer Situation aus, in der es vom geliebten Partner getrennt ist. Das wird dann wenigstens für eine Begegnung in Traum genutzt und das lyrische Ich stellt sich eine liebevolle Kontaktaufnahme vor, bei der allerdings geweint wird.
  • Im Hinblick auf die Überschrift hat man hier wohl bereits eine Traumsituation, bei dir das lyrische Ich offen lässt, wie die Annäherung von seiner Seite aus aussieht. Auf jeden Fall dürfte hier eine Liebe vorliegen, die nicht in ein glückliches, echtes Beisammensein mündet.

 

Und nehme scheu dein schlafend Haupt

In meine beiden Hände

Und denk, wir wären beide tot,

Und Alles wär‘ zu Ende.

  • Zu Beginn der zweiten Strophe setzt sich dann diese Begegnung in Traum und schlaf fort.
  • Dann allerdings erfolgt eine überraschende Wendung, denn das lyrische Ich stellt sich plötzlich vor, sie beide wären tot – und das wird ganz eindeutig mit der Vorstellung von einem Ende verbunden. Es kann also nicht um irgendeine Jenseits-Hoffnung gehen, sondern es dürfte wohl eine Angstvorstellung sein.

 

Die Ahnung meiner Nähe hebt

Dir wohl die trunk’nen Lider,

Ich aber küsse sie dir zu

Und gehe heimlich wieder.

  • In der dritten Strophe stellt sich das lyrische Ich vor, dass das geliebte Gegenüber seine Anwesenheit spürt und zumindest kurz die Augen öffnet.
  • Daraus ergibt sich aber nicht mehr Klarheit der Situation, sondern das lyrische Ich küsst die Augenlider wieder zu und geht heimlich.
  • Diese Beschreibung des Weggehens dürfte wohl deutlich machen, dass es hier nicht zu einer wirklichen Begegnung mit der entsprechenden Wahrnehmung kommt, sondern sich alles eben nur im Traum abspielt. Bei dem Partner dürfte es ein echter Traum sein, beim lyrischen Ich eher eine Art Wachtraum.

 

Und wenn du morgens dann erwachst,

Liegt wohl ein blasser Schimmer

Von Traumglück und verweinter Lust

Noch über deinem Zimmer.

  • In der letzten Strophe stellt sich das lyrische Ich dann das Erwachen des Partners vor.
  • Daraus entsteht aber nur eine angenommene Vorstellung, wie viel von dieser nächtlichen Begegnung atmosphärisch noch vorhanden sein könnte, was man dann auch spüren kann.
  • In dem Zusammenhang wird dann auch der Titel des Gedichtes noch einmal aufgenommen und noch mit „verweinter Lust“ verbunden. D.h. das lyrische Ich lebt in einer Situation, auf die es eher mit Weinen reagiert. Allerdings empfindet es auch eine gewisse Lust, sich zumindest eine solche Art von Begegnung vorzustellen.

Insgesamt

  • handelt es sich um ein typisches Liebesgedicht, das hier in der Regel nur entsteht, wenn eine Ausdrucksnotwendigkeit vorliegt. Und die ist eigentlich immer mit der Erfahrung einer Lücke verbunden. Denn in den intensiven Momenten der Liebe hat man in der Regel anderes im Sinn und zu tun, als zum Stift zu greifen und ein Gedicht zu schreiben.
  • … liegt eine besonders intensive Variante der Bewältigung einer Liebessituation im Gedicht vor. Denn es geht offensichtlich um eine Trennungssituation, die wird aber bis an die Grenze des Todes ausgedehnt.

 

Das einfachste Verständnis …

  • … des Gedichtes bestünde darin, dass dieses lyrische Ich leidet bis hin zur Angst, den Partner ganz zu verlieren. Und es hofft, dass auch etwas von diesem Traumglück und dieser Lust, was alles ja zunächst nur auf der einen Seite empfunden wird, irgendwie den Partner erreicht.

 

Es wäre interessant,

  • den Inhalt des Gedichtes in die heutige Zeit zu übertragen. Dabei gäbe es zumindest den einen großen Unterschied, nämlich die heute sehr viel besseren Kommunikationsbedingungen über Handy Telefonate, Chats und Videotelefonie.
  • Und dann taucht die spannende Frage auf, inwieweit diese neuen Möglichkeiten Leid und Lust verringern oder vielleicht sogar vermehren.

Weiterführende Hinweise