Die Bedeutung der Träume in Robert Seethalers Roman „Der Trafikant“

Worum es hier geht:

Im folgenden soll gezeigt werden, wie man einen bestimmten Aspekt eines Themas wirklich systematisch präsentieren kann – etwa in einer mündlichen Prüfung. Aber auch in einer Klausur kann die Übung solcher Darstellungsweise hilfreich sein.

  1. Träume sind bekanntermaßen die Verarbeitung von Erlebnissen in einer ganz eigenen Anordnung. Das Gehirn räumt gewissermaßen nachts auf und das geschieht nicht unbedingt mit der gleichen Logik, wie man sie am Tag anwenden wird.
  2. Franz Huchel, die Hauptfigur in Seethalers Roman der Trafikant, ist ein Jugendlicher in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, der in Österreich mit zwei Phänomenen zu kämpfen hat.
  3. Da ist zum einen der Einfluss der Nationalsozialisten und später ihre Machtübernahme, unter der vor allem seinen Arbeitgeber, der Trafikant Otto Trsnjek, zu leiden hat.
  4. Die Verwüstung der Trafik durch den Fleischer Roßhuber – unter Einsatz von Schweineblut – ruft bei Franz auf S. 65 einen Traum hervor, in dem Schweineblut von der Decke in eine rundes Fass tropft, das sein Schädel ist. Hier gibt es einen direkten Bezug zwischen Realität und Traum, nur leicht verschoben.
  5. im Traum erweitert sich dieses Bild allerdings in Richtung eines schaukelnden Bettes – und auch seine Mutter erscheint, wobei dann auch noch Sigmund Freud einbezogen wird. Die merkt man deutlich, die ganz verschiedene Dinge auf eine Art und Weise zusammen geführt werden, die einen schon irritieren oder sogar beunruhigen kann.  Nicht von ungefähr heißt es direkt danach: „Wenn es zu schlimm wurde, schlich Franz durch die kleine Hinterhoftür aus der Trafik …“
  6. Ein anderer Bereich, der sich in die Traumwelt Franz auswirkt, ist seine erwachende letztlich unerfüllte Liebe  zu  Anezka. Auf Seite 180 wird sie auch bezeichnet der Art und Weise bitte nationalsozialistischen Herrschaft verbunden, wenn es heißt: „ Im Prater geht ein Mädchen, es steigt ins Riesenrad, überall blitzen Hakenkreuze, das Mädchen steigt immer höher, plötzlich brechen die Wurzeln, und das Riesenrad rollt über die Stadt und walzt alles nieder, das Mädchen jauchzt, und sein Kleid ist leicht und weiß wie ein Wolkenfetzen“. Deutlich wird hier der Zusammenhang zwischen der NS-Diktatur auf der einen Seite und der Leichtigkeit, mit der Anezka ihre eigenen Wege geht, was auch die Beziehung zu einem SS-Mann einschließt.
  7. Bei dem letzten Beispiel handelt es sich um einen der Träume, den Franz auf Empfehlung von Sigmund Freud hin aufschreibt. Er ist sogar so mutig, die entsprechenden Zettel für alle lesbar an das Fenster der Trafik zu kleben. Das ist zum einen ein Beleg für den inzwischen erreichten an Reife und Selbstständigkeit, zum anderen auch schon ein Zeichen für eine besondere Art von Widerstand, die dann später in der besonderen Aktion mit der Hose seines Lehrherrn ihren Höhepunkt erreicht.
  8. Wer sich noch genauer mit dem Phänomen der Träume in diesem Roman beschäftigen will, findet zum Beispiel auf Seite 74 eine wichtige Stelle, in der Franz seine Träume zum Beispiel als „blödsinnige Sachen“ bezeichnet.
  9. Auf Seite 95 ist von „wirren Träumen“ die Rede und anschließend wird geklärt, wie viel Annika damit zu tun hat.
  10. Auf Seite 150 wird deutlich, wie sehr das Aufschreiben der Träume anschließend zu einem ruhigen Schlaf bei Franz führt.
  11. Auf Seite 174 ist davon die Rede, wie gerne Franz „mit jemandem über seine Träume gesprochen“ hätte. Es ist kein Wunder, dass Anezka ihm hier am liebsten gewesen wäre.
  12. Direkt danach überlegt Franz ob es nicht bei Träumen einzig und allein darum geht, sie „vollkommen erwartungslos“ mitzuteilen, und dann abzuwarten, ob sie beim Gegenüber „ein bisschen Glück“oder sogar „etwas von Belang, Bedeutung oder Dauerhaftigkeit“ auslösen.
  13. Auf Seite 225 erklärt Franz gegenüber Freud, dass er angefangen habe, „meine Träume aufzuschreiben“ – „Die meisten davon sind wahrscheinlich Blödsinn, aber ein paar komische sind schon dabei. Ich meine nicht zum Lachen komisch, sondern eher so merkwürdig komisch. Ich weiß nicht, wo die überhaupt alle herkommen. Weil ich mir nämlich nicht vorstellen kann, dass in meinem Kopf solche merkwürdigen Sachen ganz von alleine heranwachsen können.“ Darauf hin murmelt Freud nur etwas Unverständliches. Aber Franz hat inzwischen so viel Selbstbewusstsein gewonnen, dass er erklärt, dass das Aushängen der Träume der Trafik gut tut. Er reduziert das anschließend zwar auf die Möglichkeit zusätzlicher Einkäufe und damit Einnahmen, Aber nicht von ungefähr heißt es anschließen: Eine warme Welle von Wohligkeit durchströmte seinen Körper.“ Auch hier wird noch einmal deutlich, was Franz an Reife und positivem Selbstgefühl inzwischen gewonnen hat.
  14. Und die Träume und sein Umgang damit haben offensichtlich einen großen Anteil daran.

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Baustein: Rolle und Bedeutung von Sigmund Freud in dem Roman „Der Trafikant“
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