Das Gedicht „Die Ideale“ von Schiller als Werk der Epoche der Klassik (Mat5870)

Worum es hier geht:

Vorgestellt wird das Gedicht „Die Ideale“ von Friedrich (von) Schiller.

Der Titel ist insofern schon mal interessant, weil er auf den Idealismus anspielt, der in der Zeit der Klassik vorherrschte.

Im Folgenden geht es darum, den Inhalt und die Aussagen der einzelnen Strophen zu erklären.

Der Text von Schiller erscheint in kursiver Schrift.

Strophe 1:

So willst du treulos von mir scheiden
Mit deinen holden Phantasien,
Mit deinen Schmerzen, deinen Freuden,
Mit allen unerbittlich fliehn?
Kann nichts dich, Fliehende, verweilen,
O! meines Lebens goldne Zeit?
Vergebens, deine Wellen eilen
Hinab ins Meer der Ewigkeit.

  • In der ersten Strophe beschreibt das lyrische Ich die Situation einer gewissen Enttäuschung. Er muss sich von schönen Phantasien
  • Am Ende der Strophe wird deutlich, dass das lyrische Ich seines „Lebens goldene Zeit“ als etwas ansieht, das ins „Meer der Ewigkeit“ hinab verschwindet.
  • Leserlenkung:
    Vermutung:
    Offensichtlich setzt sich dieses Gedicht in einer Art Rückblick mit dem Leben und seinem Ende auseinander.

Strophe 2:

Erloschen sind die heitern Sonnen,
Die meiner Jugend Pfad erhellt,
Die Ideale sind zerronnen,
Die einst das trunkne Herz geschwellt,
Er ist dahin, der süße Glaube
An Wesen, die mein Traum gebar,
Der rauhen Wirklichkeit zum Raube,
Was einst so schön, so göttlich war.

  • Die zweite Strophe beschreibt die ideale der Jugend. Der damit verbundene „süße Glaube“ hat der Wirklichkeit nicht standgehalten.
  • Am Ende dann ein zusammenfassender Rückblick auf die schöne frühere Zeit, die als „göttlich“ bezeichnet wird
  • Damit ergibt sich natürlich die Möglichkeit, dieses Gedicht mit Goethes Ansatz zu vergleichen, den er in dem Gedicht „Das Göttliche“ formuliert hat.
    https://textaussage.de/goethe-das-goettliche

Strophe 3:

Wie einst mit flehendem Verlangen
Pygmalion den Stein umschloß,
Bis in des Marmors kalte Wangen
Empfindung glühend sich ergoß,
So schlang ich mich mit Liebesarmen
Um die Natur, mit Jugendlust,
Bis sie zu atmen, zu erwarmen
Begann an meiner Dichterbrust,

  • In der dritten Strophe vergleicht sich das lyrische Ich mit einer antiken Sagenfigur. Bezeichnend und für die Überlieferung von Bedeutung ist dabei, dass dieser Bildhauer sich in eine von ihm geschaffene Statue verliebt. Er hat dann das Glück, dass eine Göttin ihr tatsächlich Leben einhaucht.
  • Das lyrische Ich überträgt nun diese Situation auf den Umgang mit der Natur, woraus dichterische Werke entstanden sind.

Strophe 4:

Und, teilend meine Flammentriebe,
Die Stumme eine Sprache fand,
Mir wiedergab den Kuß der Liebe
Und meines Herzens Klang verstand;
Da lebte mir der Baum, die Rose,
Mir sang der Quellen Silberfall,
Es fühlte selbst das Seelenlose
Von meines Lebens Widerhall.

  • In dieser Strophe beschreibt das lyrische Ich rückblickend das Zusammenwirken oder auch das Zusammenspiel von Naturelementen und Dichter.

Strophe 5:

Es dehnte mit allmächtgem Streben
Die enge Brust ein kreisend All,
Herauszutreten in das Leben
In Tat und Wort, in Bild und Schall.
Wie groß war diese Welt gestaltet,
Solang die Knospe sie noch barg,
Wie wenig, ach! hat sich entfaltet,
Dies wenige, wie klein und karg!

  • Diese Strophe greift dann wieder auf den Gedanken einer gewissen Enttäuschung zurück.
  • Die wird hier so formuliert, dass der Weitblick der Jugend, der mit dieser Natuerempfindung verbunden gewesen ist, sich auf Dauer nicht entfaltet hat.
  • Auf gut Deutsch:
    Das, was die Träume der Jugend an Hoffnungen ausgelöst haben, hat sich nicht erfüllt.

Strophe 6:

Wie sprang, von kühnem Mut beflügelt,
Beglückt in seines Traumes Wahn,
Von keiner Sorge noch gezügelt,
Der Jüngling in des Lebens Bahn.
Bis an des Äthers bleichste Sterne
Erhob ihn der Entwürfe Flug,
Nichts war so hoch und nichts so ferne,
Wohin ihr Flügel ihn nicht trug.

  • Diese Strophe geht noch mal genauer auf die Traumflüge der Jugend ein und beschreibt den Vorgang.

Strophe 7:

Wie leicht ward er dahingetragen,
Was war dem Glücklichen zu schwer!
Wie tanzte vor des Lebens Wagen
Die luftige Begleitung her!
Die Liebe mit dem süßen Lohne,
Das Glück mit seinem goldnen Kranz,
Der Ruhm mit seiner Sternenkrone,
Die Wahrheit in der Sonne Glanz!

  • Offensichtlich ist das lyrische Ich so von Erinnerung berauscht, dass es auch in dieser Strophe noch einmal versucht, die Empfindungen und Erfahrungen von damals zu rekonstruieren.

Strophe 8:

Doch, ach! schon auf des Weges Mitte
Verloren die Begleiter sich,
Sie wandten treulos ihre Schritte,
Und einer nach dem andern wich.
Leichtfüßig war das Glück entflogen,
Des Wissens Durst blieb ungestillt,
Des Zweifels finstre Wetter zogen
Sich um der Wahrheit Sonnenbild.

  • Wie man als Leser schon erwartet hat, geht das lyrische Ich jetzt über zum Verlust dieser Hoffnungen.
  • Beschrieben werden sie wie freundliche Begleiter, die einen treulos verlassen.
  • Auf diese Art und Weise wird ein gewisser Schmerz dichterisch ausgedrückt.

Strophe 9:

 (9)
Ich sah des Ruhmes heilge Kränze
Auf der gemeinen Stirn entweiht.
Ach, allzuschnell nach kurzem Lenze,
Entfloh die schöne Liebeszeit.
Und immer stiller wards und immer
Verlaßner auf dem rauhen Steg,
Kaum warf noch einen bleichen Schimmer
Die Hoffnung auf den finstern Weg.

  • Diese Strophe geht dann auch auf diesen Aspekt noch einmal genauer ein und begreift den Weg der Entwicklung als rauhen Steg, bei dem allerdings die Hoffnung lebendig geblieben ist.

Strophe 10:

 Von all dem rauschenden Geleite,
Wer harrte liebend bei mir aus?
Wer steht mir tröstend noch zur Seite
Und folgt mir bis zum finstern Haus?
Du, die du alle Wunden heilest,
* Der Freundschaft leise, zarte Hand,
Des Lebens Bürden liebend teilest,
Du, die ich frühe sucht′ und fand,

  • Diese Strophe baut die Frage auf, wer in all den Verlustsituationen treu geblieben ist.
  • Man erfährt nur, dass das mit Freundschaft verbunden ist.
  • Als Hypothese ergibt sich hier zunächst einmal die Vermutung, dass damit die Hoffnung gemeint ist, von der ja zuletzt die Rede war.

Strophe 11:

Und du, die gern sich mit ihr gattet,
Wie sie der Seele Sturm beschwört,
Beschäftigung, die nie ermattet,
Die langsam schafft, doch nie zerstört,
Die zu dem Bau der Ewigkeiten
Zwar Sandkorn nur für Sandkorn reicht,
Doch von der großen Schuld der Zeiten
Minuten, Tage, Jahre streicht.

  • Am Ende, dann eine positive Betrachtung der dichterischen Tätigkeit. Man wird an Goethes Vorstellung von der Pyramide erinnert, wenn hier vom „Bau der Ewigkeiten“ die Rede ist?
  • Am Ende dann der bescheidene Vergleich mit einem Sandkorn, das aber immerhin in der Lage ist, von der großen Schuld der Zeiten etwas abzustreichen.
  • Was damit genauer gemeint ist, wird nicht geklärt. Es bleibt im Laser überlassen
  • Eine mögliche Hypthese wäre, dass Schiller hier, durchaus in christlicher Tradition, das Geschenk des Lebens mit der Verpflichtung verbindet, daraus etwas Gutes zu machen.
  • Damit würde dann die Kunst zu einem Baustein im Bauwerk der gesamten Schöpfung.

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