Den Stil eines Autors nachahmen – am Beispiel der Gedichte von Ulla Hahn (Mat8308)

Worum es hier geht:

Wir haben den Autor genau danach gefragt und er hat uns geschrieben:

„Wenn man sich viel mit einem Autor oder einer Autorin beschäftigt, dann entwickelt man langsam ein Gefühl für die Schreibweise, den Stil, den man da vorfindet. Lernen geschieht ja vor allem durch Nachahmung. Je mehr wir Wendungen verwenden, desto dicker werden im Gehirn diese Gedächtnisautobahnen. Dann muss man sich nur noch ein Gedicht zum Beispiel noch mal intensiv durchlesen – und wenn man die Melodie des Textes im Ohr hat, hat man sie auch bald im Kopf und legt man mit eigenen Gedanken los.
Ich habe das mal in einem Leistungskurs Deutsch ausprobiert – und tatsächlich hat eine Schülerin es geschafft, den Stil nachzuahmen, den Wolfgang Koeppen in seinem Roman ‚Tauben im Gras‘ präsentiert. Also habe ich das hin und wieder gemacht – natürlich unter einem Pseudonym. Und mit den Schülis habe ich dann diskutiert, wie gut dem das gelungen war. Es hat mir immer Spaß gemacht, meine eigenen Texte gewissermaßen von außen betrachten zu lassen.“

Hier nun also das Beispiel zu Ulla Hahns Stil.
Wer sich das Original anschauen will, findet hier eine Vorschau auf einen Gedichtband mit vielen Texten:
https://www.penguinrandomhouse.de/leseprobe/Gesammelte-Gedichte/leseprobe_9783421042200.pdf
Und wer dazu noch gerne Anmerkungen hätte, findet sie auf der folgenden Seite:
https://textaussage.de/ulla-hahn-themenseite

Lars Krüsand

Versuch in Romantik

(Für Ulla Hahn,
der dieser Ton gehört.)

  1. Ich wollt‘, ich könnte
  2. losgehn, einfach so,
  3. die Augen offen und
  4. die Hände leer,
  5. mehr schlendernd, ohne Ziel.
  6. Und doch wär‘ ich
  7. gespannt – auf alles Neue.
  8. Es gäb‘ so viel zu sehn,
  9. zu hören und zu riechen.
  10. Mein Pfeifen würd‘ mir schaffen
  11. freie Bahn.
  12. Die Leute würden gucken und sich
  13. wundern – mir wär‘ es gleich,
  14. das läg‘ bald hinter mir.
  15. Warum nur bleib‘ ich stehn,
  16. belastet mit mir selbst
  17. und dem, was Jahre
  18. des Erfolgs und auch der Sorgen
  19. auf meine Schultern häuften?
  20. Ich komm‘ nicht los –
  21. das Netz, das lang mich trug,
  22. es ist zu stark und
  23. wird zur Fessel jetzt.
  24. Was bleibt – das
  25. ist ein Traum –
  26. von dem, was möglich wäre,
  27. wenn …