Ein Gedicht zwischen Poesie und Sachtext in Versen (Mat5972)

Worum es hier geht:

Bei dem folgenden Gedicht soll gezeigt werden, wie grau manchmal die Zone ist zwischen Fiktionalität und Realität – man könnte auch sagen: zwischen einem fiktionalen Gedicht und einem Gelegenheitsgedicht.

So nennt man Gedichte, die durchaus eine allgemeine Bedeutung haben, aber auch Bezug zu einer ganz konkreten Situation.

Lars Krüsand,

Die Herausforderung

  1. Jeder Mensch
  2. Ist eine Herausforderung.
    • Schöner Beginn mit einer These, die eine gewisse Spannung erzeugt, allerdings auf der Basis wohl grundsätzlicher Zustimmung.
    • Auch wenn der eine unter Herausforderung etwas anderes versteht als der andere.
  3. Der eine mehr
  4. Der andere weniger.
    • Auch hier ist nichts zu kritisieren.
    • Allerdings ahnt man schon, dass es hier auf etwas Besonderes hinausläuft.
  5. Manche merken es gar nicht,
  6. Andere finden sich spitze
  7. Und das reicht dann
  8. nur für sie.
    • Hier gibt es sehr bedenkenswerte Hinweise.
    • Vor allem ist es schade um die, die sich gar nicht bewusst sind, dass sie auf ihre Art und Weise etwas Besonderes sind.
    • Dann ein kleiner Seitenhieb gegen alle die, die mehr Selbstbewusstsein haben, als gerechtfertigt ist.
    • Keine schlechte Formulierung, dass das nur „für sie“ reicht.
    • Da kann man sich einiges vorstellen, was Situationen angeht, in denen das deutlich wird.
  9. Und dann gibt es die,
  10. Zu denen man
  11. Den Schlüssel
  12. finden muss,
  13. Der ihren ganzen Reichtum
  14. Sichtbar macht –
  15. Natürlich den inneren.
    • Jetzt endlich scheint das Gedicht zu seinem Thema zu kommen.
    • Es bezieht sich auf den Titel und macht deutlich, um welche Art von Herausforderung es geht.
    • Auch hier bleibt offen, worauf sich das genau bezieht.
    • Aber zu diesem Spielraum gehört auch, dass es sich um eine Liebesbeziehung handeln kann, die vielleicht etwas mühsam oder holperig beginnt.
    • Beim Reichtum war dem Autor wohl nicht ganz wohl, also hat er das noch verdeutlicht.
  16. Sonst hilft auch Lotto
  17. Zumindest kurzzeitig.
    • Aber er hat dann aus der kleinen Verständnisproblematik noch das Beste gemacht,
    • indem er einen weiteren kleinen Seitenhieb unterbringt in Richtung derer, die vor allem auf Geld setzen – und dann auch noch im wahrsten Sinne des Wortes „unverdientes“ Geld.
    • Das „kurzfristig“ bezieht sich wohl darauf, dass solch ein Reichtum ja keine reale, dauerhafte Basis hat, also schnell auch wieder verloren gehen kann.
  18. Aber man verachte
  19. Das Geld nicht –
  20. Auch ein Fünf-Euro-Schein
  21. Kann im richtigen Moment
  22. den Zugang verschaffen
  23. Zu gemeinsamem Glück.
    • Jetzt kommt der Schluss-Höhepunkt,
    • den nicht jeder verstehen kann.
    • Damit sind wir an der Stelle, wo dieses Gedicht eine Anspielung enthält, die man hier offenlegen muss, sonst macht die Veröffentlichung keinen Sinn.
    • Aber wir haben es uns jetzt doch anders überlegt und ermuntern einfach alle Leser sich selbst zu überlegen, wie ein Fünf-Euro-Schein zu großem gemeinsamen Glück führen kann.
    • Wir werden aber auch noch eine der beteiligten Personen oder alle beide fragen, ob und in welcher Form wir dies Geheimnis hier lüften dürfen.
    • Also bitte etwas Geduld.
    • Auf jeden Fall ist deutlich geworden, dass es Gedichte gibt, die sich so sehr auf einen besonderen realen Fall beziehen, dass sie nur noch schwer interpretierbar sind.

    • Nachtrag:
      Wir haben die Erlaubnis bekommen, die Sache mit dem Fünf-Euro-Schein aufzulösen. Aber da ist uns das berühmte Zitat wohl aus den „Neuen Leiden des jungen W.“ eingefallen, das sinngemäß lautet:
      „Im Leben braucht man Freunde und ein Geheimnis.“
      Und was wäre ein Geheimnis noch, nachdem es gelüftet worden ist. Es hätte seinen Zauber verloren. Also verzichten wir auf das „Lüften“ und hoffen, dass der eine oder die andere auf eine gute Idee kommt, wieso ein Fünf-Euro-Schein auch zu einem Schlüssel zum Glück werden kann.
    • Übrigens würde es uns nicht wundern, wenn der Schein durch irgendetwas anderes kreativ ersetzt wird. Lasst euch was einfallen 😉
    • Das ist übrigens das, was Novalis mit „romantischer Ironie“ gemeint hat: Im Bereich der Poesie ist keine Lösung die letzte. Dahinter eröffnen sich prinzipiell unendliche Weiten der Fantasie.

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