LT3: Goethe, Die Leiden des jungen Werther“: Wie man gleich mitreden kann ;-)

Vorschlag für einen schnellen Einstieg in die Besprechung des Romans

An anderer Stelle hat mir gezeigt, wie man sich schnell einen Überblick über Goethes Roman die Leiden des jungen Wärter verschaffen kann – einschließlich der Kenntnis einiger wichtiger Textstellen:
https://textaussage.de/goethe-werther-inhalt-zitate

Jetzt noch ein zweiter Tipp: Wenn man gleich zu Beginn im Unterricht eine intelligente Frage zu einer Lektürestellen will, dann könnte die zum Beispiel so aussehen:

Ist Werther nicht eigentlich auch ein Romantiker?

Hierzu kann man sich gut den Brief vom 22. Mai anschauen (Seite 12 folgende).

    1. „Dass das Leben des Menschen nur ein Traum sei, ist manchem schon so vorgekommen, und auch mit mir zieht dieses Gefühl immer herum.
      • Hier könnte man diskutieren, was damit gemeint ist. Was unterscheidet das Leben von einem Traum?
      • Wird nicht auch im Traum das Gefühl vermittelt, hier etwas wirklich zu erleben?
      • Wie wäre es denn dann, wenn auch das, was wir als wirkliches Leben empfinden, nur auch ein Traum ist, der vielleicht erst nach dem Tod oder auch überhaupt nicht in eine höhere Wirklichkeit überführt wird?
    2. Wenn ich
      1. die Einschränkung ansehe, in welcher die tätigen und forschenden Kräfte des Menschen eingesperrt sind;
        • Was sind das für Einschränkungen? Was könnte einem dazu einfallen?
        • Man muss sich nur mal überlegen, was man als Schüler zum Beispiel lieber tun würde, als morgens in die Schule zu gehen.
        • Dabei muss man natürlich im Auge behalten, dass es etwas mit den „tätigen und forschenden“ Kräften des Menschen zu tun haben soll.
      2. wenn ich sehe, wie alle Wirksamkeit dahinaus läuft, sich die Befriedigung von Bedürfnissen zu verschaffen, die wieder keinen Zweck haben, als unsere arme Existenz zu verlängern,
      3. und dann, dass alle Beruhigung über gewisse Punkte des Nachforschens nur eine träumende Resignation ist, da man sich die Wände, zwischen denen man gefangen sitzt, mit bunten Gestalten und lichten Aussichten bemalt –
    3. Das alles, Wilhelm, macht mich stumm. Ich kehre in mich selbst zurück, und finde eine Welt!
      1. Wieder mehr in Ahnung und dunkler Begier als in Darstellung und lebendiger Kraft.
      2. Und da schwimmt alles vor meinen Sinnen, und ich lächle dann so träumend weiter in die Welt.
    4. Dass die Kinder
      1. nicht wissen, warum sie wollen, darin sind alle hochgelahrten Schul- und Hofmeister einig;
      2. dass aber auch Erwachsene gleich Kindern auf diesem Erdboden herumtaumeln und wie jene nicht wissen, woher sie kommen und wohin sie gehen,
      3. ebensowenig nach wahren Zwecken handeln, ebenso durch Biskuit und Kuchen und Birkenreiser regiert werden:
      4. das will niemand gern glauben, und mich dünkt, man kann es mit Händen greifen.
    5. Ich gestehe dir gern, denn ich weiß, was du mir hierauf sagen möchtest,
      1. dass diejenigen die Glücklichsten sind, die gleich den Kindern in den Tag hinein leben, ihre Puppen herumschleppen, aus- und anziehen und mit großem Respekt um die Schublade umherschleichen, wo Mama das Zuckerbrot hineingeschlossen hat, und, wenn sie das gewünschte endlich erhaschen, es mit vollen Backen verzehren und rufen: »Mehr!« –
      2. Das sind glückliche Geschöpfe.
    6. Auch denen ist’s wohl,
      1. die ihren Lumpenbeschäftigungen oder wohl gar ihren Leidenschaften prächtige Titel geben und sie dem Menschengeschlechte als Riesenoperationen zu dessen Heil und Wohlfahrt anschreiben. – Wohl dem, der so sein kann!
      2. Wer aber in seiner Demut erkennt, wo das alles hinausläuft, wer da sieht, wie artig jeder Bürger, dem es wohl ist, sein Gärtchen zum Paradiese zuzustutzen weiß, und wie unverdrossen auch der Unglückliche unter der Bürde seinen Weg fortkeucht, und alle gleich interessiert sind, das Licht dieser Sonne noch eine Minute länger zu sehn –
      3. ja, der ist still und bildet auch seine Welt aus sich selbst und ist auch glücklich, weil er ein Mensch ist. Und dann, so eingeschränkt er ist, hält er doch immer im Herzen das süße Gefühl der Freiheit, und dass er diesen Kerker verlassen kann, wann er will.“

Zwei Liebhaber – Vorteil für Frauen?

„Albert ist angekommen, und ich werde gehen; und wenn er der beste, der edelste Mensch wäre, unter den ich mich in jeder Betrachtung zu stellen bereit wäre, so wär’s unerträglich, ihn vor meinem Angesicht im Besitz so vieler Vollkommenheiten zu sehen. – Besitz! – Genug, Wilhelm, der Bräutigam ist da! Ein braver, lieber Mann, dem man gut sein muß. Glücklicherweise war ich nicht beim Empfange! Das hätte mir das Herz zerrissen. Auch ist er so ehrlich und hat Lotten in meiner Gegenwart noch nicht ein einzigmal geküsst. Das lohn‘ ihm Gott! Um des Respekts willen, den er vor dem Mädchen hat, muß ich ihn lieben. Er will mir wohl, und ich vermute, das ist Lottens Werk mehr als seiner eigenen Empfindung; denn darin sind die Weiber fein und haben recht; wenn sie zwei Verehrer in gutem Vernehmen mit einander erhalten können, ist der Vorteil immer ihr, so selten es auch angeht.“ (40-41)

Weiterführende Hinweise