Günter Eich, „Inventur“, ein Gedicht, das zum Nachdenken über das Wesentliche anregt (Mat8322)

Worum es hier geht:

Es handelt sich um eins der berühmtesten Gedichte aus der Zeit um das Ende des II. Weltkrieges herum. Wahrscheinlich aus der Perspektive eines Soldaten in einem Gefangenenlager wird geprüft, was dem Menschen noch geblieben ist.

Die Fremdartigkeit dessen, was da aufgezählt wird, ist vielleicht in kleiner Anstoß, nicht zu schnell wieder in Kriegsbegeisterung auszubrechen. Aber man kann das Gedicht auch einfach als Anregung nehmen, über sein eigenes Leben nachzudenken.

Lars Krüsand hat das hier auf seine ganz eigene Weise getan:
https://textaussage.de/eich-inventur-kruesand-inventur-2016

Gefunden haben wir das Gedicht zum Beispiel hier:
https://www.deutschelyrik.de/inventur.html

Anmerkungen zur Überschrift

Inventur

  • Die meisten Leute werden mit diesem Wort nur konfrontiert, wenn sie zum Ende des Jahres ein entsprechendes Schild an der Tür eines Geschäfts vorfinden.
  • Natürlich kennen manche Schülis auch, weil es sich um einen möglicherweise interessanten Kurzzeit-Nebenjob handelt.
  • Gemeint ist damit, dass einfach alles aufgelistet wird, was zur Zeit als Warenbestand (noch) da ist. Man will gewissermaßen feststellen, was noch übrig geblieben ist
  • Das ist, wie man gleich sehen wird, die Ausgangssituation für die Entstehung dieses Gedichtes gewesen. Es wird überprüft, was einem noch geblieben ist nach der katastrophalen Niederlage Deutschlands im Zweiten Weltkrieg.
  • In Wikipedia lesen wir:
    https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Eich#Leben
    „1945 geriet Eich in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Dort begann er wieder mit dem Schreiben.“
    Ein guter Ausgangspunkt für eine Recherche.

Anmerkungen zu Strophe 1

  • Das Gedicht beginnt mit einem Blick auf wesentliche Elemente der Kleidung.
  • Es folgt ein Minimum an Dingen, die man braucht, um an einem Tag einigermaßen ordentlich auszusehen.
  • Schließlich am Ende auch etwas sehr Wichtiges, nämlich ein Beutel, in dem man wichtige Kleinigkeiten aufbewahren oder auch Fundsachen mitnehmen kann.
  • Man sieht hier schon deutlich, dass sich der Blick auf wesentliches konzentriert, was für unser Alltagsleben heute selbstverständlich ist und kaum beachtet wird. Es sei denn, man muss ins Krankenhaus und versuchen, dass man dort alles für den eigenen Tagesbedarf hat.

Anmerkungen zu Strophe 2

  • Die zweite Strophe wendet sich dann wesentlichen Dingen zu, die nötig sind, wenn man Essen fassen will. Das war damals die landläufige Formulierung, wenn Soldaten bei der Essensausgabe anstanden. Dies kann ein Zeichen darauf sein, dass Günter Eich dieses Gedicht in einem Gefangenenlager geschrieben hat, das wäre gegebenenfalls an der Biografie zu prüfen.
    Für diese Hypothese spricht die „Konservenbüchse“ – denn im Krieg hatte ein Soldat normalerweise ein Kochgeschirr – hier ist er froh über jeden Behälter, der Essen fassen kann.
  • Für eine Situation im Gefangenenlager spricht auch, dass man seinen Namen bei den Dingen einritzt, die man als seinen Besitz kennzeichnen will. Es ist ein versteckter Hinweis darauf, dass man eben nicht zu Hause ist, wo einem alles gehört und zur Verfügung steht, was man besitzt.

Anmerkungen zu Strophe 3

  • Diese Strophe wendet sich dann einem sehr primitiven, aber wichtigen Schreibgerät zu.
  • Außerdem wird ganz nebenbei deutlich gemacht, dass andere Menschen um einen herum sich sich für solche einfachen Alltagsdinge interessieren könnten. Sie sind einfach in einer solchen Zeit nicht mehr selbstverständlich.

Anmerkungen zu Strophe 4

  • Wie eng der Lebensbereich geworden ist, zeigt sich in dieser Strophe.
  • In dem einzigen Beutel, den man hat, finden sich vor allem jetzt ein paar warme Socken.
  • Man kann davon ausgehen, dass Brot, dass man bekommt, sofort gegessen wird. Da stört diese Kombination
  • Etwas zum Nachdenken präsentieren die letzten beiden Zeilen der Strophe. Vielleicht ist es ein Bild von Frau und Kindern – oder sonst etwas, das einen an bessere Zeiten erinnert.

Anmerkungen zu Strophe 5

  • Interessant auch, dass dieser Beutel mit etwas Inhalt das Kopfkissen ersetzen muss.
  • Dann wendet sich das Gedicht einem Objekt zu, das man normalerweise in den Mülleimer für Papier entsorgt.
  • Die letzten Zeilen kann man vielleicht auch als Hinweis verstehen auf eine Situation, in der all das Schützende der Zivilisation nicht mehr vorhanden und man der nackten Erde ganz nahe ist.

Anmerkungen zu Strophe 6

  • Im Schlussteil des Gedichtes dann etwas, was wohl die Individualität dieses lyrischen Ichs sichtbar macht.
  • Da der Verfasser ein Dichter ist, kann man sicherlich hier eine Beziehung herstellen. Denn dieses lyrische Ich bewältigt seine aktuelle traurige Gegenwart durch das Schreiben von Versen, also Gedichten.
  • Dazu ein Hinweis auf die Umstände, die einen normalen Erholungsschlaf kaum möglich machen.

Anmerkungen zu Strophe 7

  • Am Ende eine Art Zusammenfassung dessen, was in dieser Situation besonders wichtig ist.
  • Entsprechend der Überleitung beginnt das mit dem Notizbuch.
  • Es folgt die Zeltbahn, der knappe Schutz vor der Witterung.
  • Dann ein Handtuch als weiteres Utensil für die notwendige Körperpflege.
  • Und schließlich Zwirn, um kleine Schäden an der Kleidung ausbessern zu können

Zusammenfassung

Insgesamt ein Gedicht,

  • das auf sehr originelle Art und Weise die äußeren Umstände, wahrscheinlich eines Soldaten am Ende eines Krieges, vielleicht im Gefangenenlager, deutlich macht

Anregungen

  • Es kann eine gute Anregung sein, sich selbst mal zu überlegen, was um einen herum an Dingen besonders wichtig ist.
  • Natürlich kann man das Ganze auch erweitern auf etwas, das über das Materielle hinausgeht.
  • Hier noch der Hinweis auf eine Aktualisierung dieses Gedichtansatzes:
    Lars Krüsand, „Inventur 2016
    https://textaussage.de/eich-inventur-kruesand-inventur-2016

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