Anmerkungen zu der Kurzgeschichte „Ausgestochen“ von Jagoda Marinić (Mat4185)

Jagoda Marinić, „Ausgestochen“ – eine Kurzgeschichte mit reinem riesigen Missverständnis

  1. In der Kurzgeschichte geht es um eine Ich-Erzählerin, die von einem Gespräch mit einem Mann in einem Café berichtet.
  2. Das Besondere an dem Gespräch ist, dass dieser Mann scheinbar von einer anderen Frau schwärmt, die alles das hat und kann, was die Ich-Erzählerin bei sich vermisst.
  3. Schließlich wird es ihr zu viel und sie verlässt das Café.
  4. Das Besondere an der Geschichte ist der letzte Satz, in dem die Ich-Erzählerin anscheinend deutlich machen will, dass sie selbst die Frau ist, von der die Rede war. Wenn die Ich-Erzählerin nämlich am Ende davon spricht, dass der Mann „ihr“ nachschaut, dann kann sich das grammatisch nur auf diese „verdammte Person“, von der die Rede war, beziehen. Da die aber nicht anwesend ist, bedeutet das, dass der Mann die Ich-Erzählerin nicht mehr versteht und also gemeint hat.
  5. Die Geschichte erscheint in zweierlei Hinsicht nicht ganz gelungen.
    1. Zum einen ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Mann so lange von einer Frau schwärmt, ohne auf ihre Reaktion zu achten.
    2. Zum anderen ist es nicht nachvollziehbar, dass die Frau sich so „ausgestochen“ fühlt, wenn sie doch weiß, dass sie gemeint ist.
  6. Die Grund-Idee der Geschichte ist nicht verkehrt, aber sie erscheint insgesamt viel zu ausgewalzt.
    • Was man durchaus erleben kann und was auch sinnvoll bzw. hilfreich ist, ist, dass jemand einer Person A, die ganz verzweifelt ist, von einer Person  B und ihren Erfolgen erzählt.
    • Die Person A merkt dann irgendwann, dass es eigentlich ihre Erfolge sind, die sie aber im Augenblick nicht im Kopf gehabt hat.
    • Sie ist also auf einem Umweg zu einer besseren Einschätzung ihrer Situation und ihrer Fähigkeiten gekommen.
  7. Das ist übrigens die Grundsituation und auch die Funktion einer Parabel.
    • Aber diese Geschichte funktioniert eben nicht in dieser hilfreichen Richtung,
    • bei der sich eigentlich beide Seiten hinterher in den Armen liegen könnten –
    • zumindest ein bisschen Dank wäre angesagt – statt wütend davonzulaufen und den anderen irritiert zurückzulassen.

Wir haben hierzu auch eine Kurzfassung erstellt – mit einem Schaubild:
https://textaussage.de/5-min-tipp-marinic-ausgestochen

Wer noch mehr möchte …