KI-Chatprogramm – Check einer Kurzgeschichte zum Thema „Die leere Seite“ (Mat5219)

Worum es hier geht:

Alle Welt scheint ja aktuell damit beschäftigt zu sein, die neuen KI-Chat-Programme auszuprobieren.

Da wollen wir nicht außen vor stehen.

Uns wurde eine von ChatGPT erstellte Kurzgeschichte zugeschickt, die wir mal prüfen sollten.

Das machen wir hier gerne.

Der Originaltext in kursiver Schrift.

Unser Kommentar eingerückt als Punkt-Aufzählung.

Der Titel: „Die leere Seite“

  • Vieldeutig, rätselhaft, anregend …

Dann der Einstieg

„Es war ein regnerischer Herbstabend, als Friedrich, ein ambitionierter Schriftsteller, am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer saß. Die flackernden Kerzen und der Kamin spendeten ihm Wärme und Licht, während der Wind und Regen gegen die Fensterscheiben prasselten. Die Atmosphäre hätte perfekt sein müssen, um die kreativen Säfte fließen zu lassen und seine neueste Kurzgeschichte zu Papier zu bringen. Doch Friedrich war ratlos – keine Worte wollten aus seiner Feder fließen.“

  • Wer sich auch nur ein bisschen mit Kurzgeschichten auskennt, der ist genauso „ratlos“ wie dieser Friedrich.
  • Als wir den ersten Satz lasen, haben wir uns fast automatisch zurückgelehnt und fanden uns in eienr erwartungsvollen Wohlfühlatmosphäre wieder.
  • Die wurde auch mitbestimmt durch die plastischen Schilderungen, von „flackernden Kerzen“ und Wind und Regen, die „gegen die Fensterscheiben prasselten“.
  • Aber dann: Wer muss uns diese Atmosphäre als „perfekt“ erklären?
  • Man merkt schon, eine wirkliche Kurzgeschichte hätte das aus der Sicht des armen Friedrich geschildert.
  • Das hätte dann zum Beispiel so aussehen können:
    • „Endlich mal ein ruhiger Abend, nach der großen Geburtstagsfeier war auch die jüngste Tochter ausgezogen, die Frau hatte das gleich genutzt, um endlich mal wieder eine Freundin zu besuchen, nichts tat weh.
    • Er hoffte inständig, dass das so bleiben würde, wenn er gleich den Laptop aufklappte.Vielleicht hätte er doch den Startbildschirm ändern sollen. Dieses fröhliche „Mach diesen Tag zu deinem!“ funktionierte schon seit einigen Tagen nicht mehr.“
      Diese Gedichte ist von Anders Tivag und in kompletter Form hier zu finden.

„Er hatte schon viele Geschichten verfasst, die in den verschiedensten Genres angesiedelt waren: von Kriminalromanen über Liebesgeschichten bis hin zu Science-Fiction. Aber in den letzten Wochen war es, als hätte ihm jemand die Inspiration geraubt. Die leere Seite vor ihm war wie ein Spiegel seiner Seele, in dem sich seine eigene Verzweiflung und Unsicherheit widerspiegelten.“

  • Hier weiß man nicht so ganz, ob das hier die Innensicht des Schriftstellers ist oder die eines Erzählers, der von außen auf den Mann und sein Schicksal schaut.

In seiner Verzweiflung verließ Friedrich das Haus und wanderte durch die regennassen Straßen der Stadt. Er hoffte, dass ihm beim Spazierengehen neue Ideen kommen würden, aber nichts schien seine Schreibblockade lösen zu können. Der Regen tropfte auf seine Schultern und vermischte sich mit den Tränen der Enttäuschung, die langsam seine Wangen hinabliefen.

  • Die Nennung des Namens Friedrich deutet eher auf Außenperspektive hin.
  • Auch der Kommentar „Tränen der Enttäuschung“ ist eher keine Formulierung der erlebten Rede, in der der Erzähler das wiedergibt, was im Kopf der Figur vorgeht.

In einer kleinen, versteckten Gasse entdeckte Friedrich ein Antiquariat, das ihm noch nie zuvor aufgefallen war. Die warme Beleuchtung und die prall gefüllten Bücherregale, die er durch die Scheibe erkennen konnte, zogen ihn magisch an. Vielleicht würde er hier eine Antwort auf sein Dilemma finden.

  • Spätestens jetzt ahnt man, worauf die Lösung hinausläuft. Das mit dem Antiquariat gibt es in so vielen Geschichten, die eine Erleuchtung brauchen. Und natürlich wird es „magisch“.
  • Hier merkt man deutlich, woher die KI ihre Anregungen bekommt.

„Als er den Laden betrat, begrüßte ihn ein älterer Mann mit einem warmen Lächeln. „Suchen Sie etwas Bestimmtes, junger Mann?“, fragte er, während er seine Brille zurechtrückte.

  • Natürlich „älterer Mann“ – Inhaber von Weisheit – und Brille.
  • Das sind die Leute, die tiefe Wahrheiten verwalten.

„Ich bin Schriftsteller, aber mir fehlen die Ideen“, gestand Friedrich. „Ich suche nach Inspiration.“

  • Auch mit dem Satz gewinnt man in einem Schreibwettbewerb keinen Blumentopf.
  • Einfach zu wenig originell – nicht einmal stockend erfolgt das traurige Outing.

Der alte Mann nickte verständnisvoll. „Ah, das kenne ich. Inspiration kann ein flüchtiger Gast sein. Aber ich glaube, ich habe etwas, das Ihnen helfen könnte“, sagte er, bevor er in den hinteren Teil des Ladens verschwand.

  • Ja, ja, die Kurzgeschichte. Da hat zumindest die KI keine Zeit für langes Nachdenken.
  • Ruck zuck zum nächsten Lösungselement.

Neugierig schaute Friedrich sich in dem kleinen, verwinkelten Raum um. Die Wände waren von Boden bis zur Decke mit Büchern aller Art bedeckt, und das schwache Licht der Lampen verlieh dem Raum eine mystische Atmosphäre.

  • Das bisschen Abwesenheit des alten Mannes muss natürlich für ein bisschen „mystische Atmosphäre“ genutzt werden.

Nach einigen Minuten kehrte der Buchhändler zurück, ein altes, abgenutztes Buch in der Hand haltend. „Hier“, sagte er und reichte es Friedrich. „Ein Buch über die Kunst des Schreibens. Es hat vielen Schriftstellern geholfen, ihre Inspiration wiederzufinden.“

  • Jetzt sind wir aber gespannt.
  • Schade, dass wir das Buch bisher noch nicht kannten. Aber vielleicht auch gut so, wenn solche Kurzgeschichten dabei herauskommen 😉

Friedrich nahm das Buch vorsichtig entgegen und betrachtete den Einband. „Danke“, sagte er leise und fühlte eine vage Hoffnung in sich aufkeimen.

  • In einer solchen Atmosphäre will keiner mehr einfach etwas verkaufen, sondern es handelt sich gleich um ein Heilsangebot.

In den folgenden Wochen las Friedrich das Buch immer wieder, Seite für Seite. Er fand Ratschläge, Übungen und Geschichten, die ihm halfen, seine Schreibblockade zu überwinden.

  • Tja, jetzt die ultimative Peinlichkeit.
  • Das einzige, was uns Leser interessiert, nämlich die Lösung des Problems, wird einfach in ein Buch verlagert, das es für uns nicht gibt.
  • So was nannten die alten Griechen im Theater einen „deus ex machina“ – einen helfenden Gott, der im richtigen Augenblick eingreift – ohne dass man sich das natürlich erklären muss – das wäre auch zu schwierig.

Alles in allem. Wir stellen fest:

  • Die Lösung ist weitgehend misslungen.
  • Weder gibt es einen richtig direkten Einstieg
  • noch ein offenes Ende.
  • Und der Wendepunkt wird auf eine recht alberne Weise herbeigeführt, indem einfach die Lösung behauptet, aber nicht gezeigt bzw. herbeigedacht und -geschrieben wird.
  • Deshalb verweisen wir hier noch mal auf eine wirkliche Kurzgeschichte zum gleichen Thema:
    Anders Tivag, „Die leere Seite“ – eine Kurzgeschichte in Konkurrenz zu ChatGPT
    https://textaussage.de/anders-tivag-die-leere-seite-eine-kurzgeschichte-in-konkurrenz-zu-chatgpt

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